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"Bad news are good news" US-Aktienmärkte mit Rekorden: Nächste Bewährungsprobe steht an

US-Aktienmärkte mit Rekorden: Nächste Bewährungsprobe steht an
New York Stock Exchange. Foto: Bloomberg

Das Prinzip Hoffnung schiebt die US-Aktienmärkte am Mittwoch erneut auf neue Höchststände. Schwache Wirtschaftsdaten ließen die Hoffnungen der Anleger wachsen, dass die Fed im September die Zinsen senkt. Damit setzten die technologielastigen Indizes S&P 500 und Nasdaq 100 nach dem Motto „Bad news are good news“ ihre Rekordjagd fort. Zusammen mit den „taubenhaften“ Aussagen von Fed-Chef Powell sorgten die schwächeren Konjunkturdaten dafür, dass die Anleger eine Zinssenkung im September einpreisen, was die Renditen sinken ließ.

Wie so häufig sehen die Märkte aber nur das, was sie sehen wollen. Die Anleger schoben die Aktienmärkte weiter nach oben, da man davon ausging, dass niedrigere Zinsen die amerikanischen Unternehmen weiter beflügeln würden. Auf der anderen Seite vernachlässigte man jedoch die Tatsache, dass sich die Anzeichen für eine Konjunkturabschwächung verstärken.

Aktienmärkte erreichen neue Höchststände

Händler an der Wall Street schickten die Aktien nach oben, während die Anleiherenditen fielen, nachdem eine Reihe von schwächer als erwarteten Wirtschaftsberichten die Argumente für eine Zinssenkung durch die Federal Reserve in diesem Jahr untermauert hatten, so ein Bericht von Bloomberg.

Aktienmärkte: Anleger hoffen auf Senkung der Zinsen der Fed
Anleiherenditen sinken nach schwachen Konjunkturdaten

In einer verkürzten Sitzung vor dem US-Feiertag erreichte sowohl der S&P 500 als auch der Nasdaq 100 ein Allzeithoch, da man davon ausging, dass niedrigere Zinsen die amerikanischen Unternehmen weiter beflügeln würden. Staatsanleihen stiegen über die gesamte Kurve hinweg an, während die Renditen fielen. Der Dollar gab weiter nach, nachdem aus dem Protokoll der Fed-Sitzung vom Juni hervorgegangen war, dass die Fed-Mitglieder auf Anzeichen für eine Abkühlung der Inflation warteten und sich uneinig darüber waren, wie lange sie die Zinsen hoch halten sollten.

Für Paul Ashworth von Capital Economics wirkt das Fed-Protokoll angesichts der jüngsten Anzeichen für eine Konjunkturabschwächung „veraltet“. Michael Feroli von JPMorgan Chase & Co. sagte, das Protokoll sei „eher dovish“. Es herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass ein disinflationärer Druck vorherrscht, dass der Arbeitsmarkt weniger angespannt ist und dass sich das Wirtschaftswachstum weiter abschwächen dürfte, so Feroli.

S&P 500 erreicht sein 33. Rekordhoch

Im Vorfeld des Beschäftigungsberichts vom Freitag zeigten die ISM-Daten, dass der Dienstleistungssektor so schnell schrumpfte wie seit vier Jahren nicht mehr, während es auf dem Arbeitsmarkt weitere Anzeichen für eine Abkühlung gab. An den Aktienmärkten sorgten die schwachen Daten für eine Fortsetzung der Rallye.

„Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“, sagte Fawad Razaqzada von City Index und Forex.com. „So reagierten die Risikoanlagen nach den heutigen US-Datenveröffentlichungen.“

Die Anleger verfolgten weiterhin aufmerksam die politischen Entwicklungen, wobei Joe Biden darum kämpfte, den Druck, seine Wiederwahlkandidatur aufzugeben, einzudämmen. Der Vorsprung von Donald Trump gegenüber Biden wuchs in zwei wichtigen Umfragen nach der Debatte.

Der S&P 500 überschritt die Marke von 5.535 Punkten und erreichte damit sein 33. Rekordhoch im Jahr 2024. Auch der Tech-Index Nasdaq 100 markierte bei 20.186 Punkten ein neue Bestmarke. Tesla weitete seine Rallye den siebten Handelstag in Folge aus und führte damit die Gewinne bei den Megacaps an. Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen fielen um sieben Basispunkte auf 4,36%. Der Dollar rutschte ab.

Aktienmärkte: S&P 500 erreicht sein 33. Rekordhoch in diesem Jahr
S&P 500 erreicht sein 33. Rekordhoch in diesem Jahr

Aktienmärkte: Optimismus trotz Konjunkturschwäche

„Das makroökonomische Bild trübt sich ein, aber die Einstellung der Anleger, dass das Glas halb voll ist, treibt die Aktienmärkte weiter nach oben“, sagte Mark Hackett von Nationwide.

Bei Brown Brothers Harriman & Co. stellten Win Thin und Elias Haddad fest, dass eine Zinssenkung der Fed im September „sehr wahrscheinlich“ sei, wenn die Daten stimmen. Swap-Händler gehen nun von fast zwei Zinssenkungen im Jahr 2024 aus, wobei die Erste im November stattfinden wird – obwohl die Wetten auf eine Senkung im September gestiegen sind. Laut dem FedWatch-Tool liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung im September bei 66,5 Prozent.

Wenn die Euphorie an den Aktienmärkten groß ist, gibt es auch Mahner und Warner. Einer davon ist Jim Caron von Morgan Stanley. Er ist der Meinung, dass der Aufwärtstrend bei Aktien von dem aktuell hohen Niveau aus eher begrenzt ist. Seine Argumente äußert er in einem Bloomberg-Interview.

US-Arbeitsmarktbericht als Bewährungsprobe

Ökonomen erwarten für Juni einen Anstieg der Beschäftigtenzahlen außerhalb der Landwirtschaft um 190.000 – ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vormonat – und eine Arbeitslosenquote von 4%.

„In Anbetracht anderer Anzeichen für eine Abkühlung der Konjunktur könnte der Arbeitsmarktbericht für die Fed zunehmend entscheidend sein, da sie nach einem Grund sucht, eine Senkung der Zinsen zu signalisieren“, sagte Quincy Krosby von LPL Financial.

Eine von 22V Research durchgeführte Umfrage zeigt, dass 40 % der Anleger der Meinung sind, dass die Marktreaktion auf die Beschäftigungsdaten vom Freitag „vernachlässigbar/gemischt“ sein wird, 34 % sagten „risk-on“ und 26 % „risk-off“.

„Die Anleger schenken den Arbeitsmarktdaten die größte Aufmerksamkeit“, so Dennis DeBusschere von 22V. „Der Fokus auf das Lohnwachstum hat etwas nachgelassen.“

Die 22V-Umfrage zeigte auch, dass die Annahmen zur Arbeitslosenquote nach oben verschoben sind.

Umfrage zur Arbeitslosenquote. Source: 22V Research

Fed legt Fokus auf den Arbeitsmarkt

Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell sagte am Dienstag, dass die jüngsten Wirtschaftsdaten darauf hindeuten, dass die Inflation wieder auf einen Abwärtspfad zurückkehrt, betonte aber, dass die Notenbanker mehr Beweise brauchen, bevor sie die Zinsen senken. Auf die Frage, was ihn nachts wach hält, verwies er auf das heikle Gleichgewicht zwischen der Eindämmung der Inflation und der Vermeidung einer deutlichen Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt.

„Solange sich die Beschäftigung nicht deutlich abschwächt, bleibt die US-Wirtschaft fundamental gestützt, auch wenn es einige Anzeichen für eine Verlangsamung gibt“, sagte Don Rissmiller von Strategas. „Die Fed-Mitglieder haben angedeutet, dass sie mehr Fortschritte bei der Inflation sehen wollen – glücklicherweise sieht die US-Wirtschaft derzeit noch robust genug aus, um eine längere Zinspause einzulegen. Aber die Uhr tickt.“

Der Präsident der Fed Bank of New York, John Williams, der sich eingehend mit dem natürlichen Zinssatz, dem sogenannten R-star, befasst hat, wandte sich gegen jüngste Kommentare, wonach dieser seit der Pandemie gestiegen sei.

Die Idee eines langfristigen natürlichen Zinssatzes, der dann vorherrscht, wenn die Wirtschaft nicht auf Schocks reagiert und ihr Wachstumspotenzial ausschöpft, ist für die Geldpolitik von zentraler Bedeutung, kann aber nicht direkt beobachtet werden. Die Währungshüter wollen die Zinsen über das neutrale Niveau anheben, um die Wirtschaft abzukühlen und die Inflation zu bekämpfen.

FMW/Bloomberg



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