Konjunkturdaten

Wall-Street-Unmut: Jobdaten zu spät – Inkompetenz des BLS

Wall-Street-Unmut: Jobdaten zu spät - Inkompetenz des BLS
Wall Street. Grafik: Bloomberg

Ein erneuter Patzer bei der Veröffentlichung wichtiger US-Jobdaten hat an der Wall Street für Verärgerung gesorgt. Die revidierten Zahlen zum Arbeitsmarkt erschienen am Mittwoch erst mit einer halben Stunde Verspätung. Indessen schafften es einzelne Banken, die Zahlen bereits zu erhalten, während das Gros der Marktteilnehmer warten musste. Damit hat das Bureau of Labor Statistics (BLS) seine Inkompetenz erneut bewiesen.

Jobdaten: Die Inkompetenz des BLS

Millionen von Händlern, Tausende von Ökonomen und zahllose Makrotouristen drückten um 10:00 Uhr wütend die F5-Taste und aktualisierten die Revisionsseite, um zu sehen, dass sich nichts änderte. Obwohl die Zahlen nicht kamen, reagierten die Märkte tatsächlich so, als ob Jobdaten veröffentlicht worden wären. Es stellte sich heraus, dass die Algos lediglich auf Phantomauslöser reagierten, in der Hoffnung, eine Impulszündung nach oben oder unten auszulösen, schrieb die Nachrichtenseite ZeroHedge.

ZeroHedge selbst erhielt die durchgesickerten Daten um 10:24 Uhr über ein Expertennetzwerk, aber nicht einmal sie wagten es, die Daten an ihre Premium-Abonnenten zu veröffentlichen, da sie befürchteten, dass das BLS unmöglich so dumm und inkompetent sein könnte, die Zahlen von Fall zu Fall zu veröffentlichen, anstatt sie der ganzen Welt gleichzeitig mitzuteilen.

Banken erhielten die Zahlen vorab

Wie Bloomberg berichtet, gelang es mindestens drei Banken, am Mittwoch die wichtigen Jobdaten zu erhalten, während der Rest der Wall Street wegen einer Verzögerung durch die Regierung eine halbe Stunde lang warten musste. Das brachte die Märkte durcheinander und sorgte für Verwirrung an den Handelstischen der Wall Street.

Nachdem das Bureau of Labor Statistics um 10 Uhr New Yorker Zeit (16 Uhr in Frankfurt) noch keine revidierten Zahlen zu den monatlichen Beschäftigungsdaten veröffentlicht hatte, riefen Mizuho Financial Group und BNP Paribas informierten Kreisen zufolge bei der Behörde an – und erhielten die Jobdaten direkt. Wie zu hören ist, bekam auch das Konjunkturanalyse-Team von Nomura die Zahlen.

Als sich an der Wall Street die Nachricht verbreitete, dass das BLS damit begonnen hatte, die Zahlen per Telefon weiterzugeben, wuchs der Unmut. Andere Institute und auch die Medien, darunter Bloomberg News, versuchten ebenfalls, die Zahlen zu erhalten.

Als das BLS die Daten schließlich gegen 10:30 Uhr veröffentlichte, zeigte sich, dass man die Zahl der Beschäftigten für die zwölf Monate bis März wahrscheinlich um 818.000 nach unten korrigierte. Dies war die zweitgrößte jährliche Überschätzung der Arbeitsplatzschaffung in der Geschichte der USA. Eine so starke Abwärtsrevision gab es bei den Beschäftigungszahlen seit 2009 nicht mehr.

Die Aktienkurse an der Wall Street legten in Reaktion auf die Nachricht zunächst deutlich zu und auch Staatsanleihen waren gesucht, da der Bericht die Erwartung nährte, dass die Fed im nächsten Monat mit der Senkung der Zinsen beginnen wird.

BLS sorgt für Unmut an der Wall Street

“Ich wundere mich nicht, dass die Leute verärgert sind”, sagte Nancy Tengler, Chefin von Laffer Tengler Investments. “Die ganze Sache riecht nach Inkompetenz.”

Für Unmut an der Wall Street hatte die Behörde für Arbeitsmarktstatistik schon zuvor gesorgt. Im Mai hatte sie die Daten zum Verbraucherpreisindex versehentlich etwa 30 Minuten vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin online gestellt.

Einen Monat zuvor wurde berichtet, dass ein BLS-Ökonom zahlreiche Anfragen von großen Wall-Street-Firmen wie JPMorgan Chase und BlackRock zu Details der Inflationsdaten beantwortet hatte.

In einer E-Mail an Bloomberg erklärte ein BLS-Sprecher, die Behörde habe das Büro des Generalinspekteurs des Arbeitsministeriums über den Vorfall informiert. „Die Integrität unserer Datenveröffentlichungen hat für das BLS oberste Priorität. Wir überprüfen unsere Verfahren genau, um sicherzustellen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt.“

BNP-Ökonomin Jelena Schuljatyjewa sagte, sie habe die Webseite immer wieder aktualisiert und auf die Zahlen gewartet. Dann „haben wir ein paar Mal die öffentliche Nummer angerufen und sie haben uns die Zahlen gegeben“, führte sie aus.

Ähnliches berichtet Steven Ricchiuto, der US-Chefvolkswirt bei Mizuho. “Da wir wussten, dass die Daten verspätet waren, mussten wir die Nummer anrufen, bevor sie auf ihrer Website erschienen.” Ein Sprecher von Nomura lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Wall Street schloss am Mittwoch etwas fester, der S&P 500 gewann letztlich 0,4%. Die Rendite zweijähriger US-Treasuries sank um 5 Basispunkte auf 3,931%.

Jobdaten-Ärger an der Wall Street: Inpompetenz des Bureau of Labor Statistics (BLS)
Intraday Spike | S&P 500 erreicht Minuten nach der Veröffentlichung der Daten ein Tageshoch

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Jobdaten sind inkonsequent, da er den wichtigen Bereich „Not in Labour Force „nicht enthält…

    Das waren um die Jahrtausendwende so um die 80 – und sind jetzt um die 100 Millionen Menschen…

    Auf der Seite usdebtclock. org können Sie diese Daten selbst einsehen…

  2. Wenn die Daten, auf die sich alle verlassen, unverlässlich sind, haben sie ihren Sinn verwirkt. Einmal mehr muss man verstehen, das vor allem Manipulationen und Täuschungen Hochkonjunktur haben, die Wirtschaft jedoch wohl nur langweilig und normal läuft! Kein Absturz aber vor allem kein exorbitantes Wachstum von Tag zu Tag, welches seit Monaten vorweg eingepreist wurde. Ein Schreckensszenario für die enteilten Kurse allerorten. Und das ist ein Dilemma! Wenn die Basis der Bewertung nicht nachhaltig ist, steigt die Angst vor der Korrektur eben dieser. Und diese Korrektur wäre insofern fatal, weil diese Kurse nicht selten mit Schulden erkauft wurden, die nun nicht mehr gerechtfertigt werden können. Das schuldenfinanzierte Kurs-Chaos hat keine Rechtfertigung mehr…doch die Kredite können nicht einfach „verschwinden“…. daher muss man wenigstens an der Zinsschraube drehen… Und je lauter man danach ruft um so größer ist die Ablenkungswirkung für alle die es interessiert. Die Begründung rückt darüber hinaus immer weiter in den Hintergrund…

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