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Warum der Ölpreis derzeit anfällig für Rückschläge sein könnte

Eine Öl-Bohrstelle in der Wüste

Der Ölpreis kann sich mit aktuell 40,16 Dollar (WTI-Öl) noch relativ gut halten. Die weltweit immer weiter zunehmenden Corona-Restriktionen drücken aufs Gemüt, und sie dämpfen womöglich die globale Nachfrage nach Öl. Aber gestern, da gab es doch einen kleinen Lichtblick? Wir berichteten um 16:30 Uhr über die Öl-Lagerbestände in den USA, die einmal wöchentlich von der Energy Information Administration veröffentlicht werden. Und siehe da, die Lagerbestände für Rohöl sanken um 1 Million Barrels im Wochenvergleich, was auch so erwartet wurde. Also alles gut? Denn weniger Lagerbestände bedeutet, dass die Nachfrage ansteigt, dass das Angebot sinkt, oder beides.

Aber halt. Wohl aufgrund der seit Tagen und Wochen immer mehr zunehmenden Corona-Restriktionen haben viele Terminhändler wohl genauer hingeschaut auf die sonstigen mit veröffentlichten Daten gestern Nachmittag. Und siehe da, die Lagerbestände für Benzin stiegen in den USA um 1,9 Millionen Barrels, bei einer Erwartung von -1,8 Millionen Barrels. Dies kann man interpretieren als Indiz für Nachfrageschwäche nach Benzin in den USA.

Experte mit Gründen für mögliche Anfälligkeit im Ölpreis

Eugen Weinberg von der Commerzbank, Deutschlands vielleicht bester Rohstoff-Experte, hat heute einen Research-Text veröffentlicht mit dem Titel “ Zu viel des Schlechten am Ölmarkt“. Man erinnere sich… da war zum Beispiel letzte Woche das kräftige Hochfahren der Förderung von mehreren hunderttausende Barrels Öl pro Tag in Libyen, was die globale Fördermenge ausdehnt. Das ist schon mal schlecht für die Bullen, die auf einen steigenden Ölpreis hoffen. Eugen Weinberg hatte diesen Fakt schon letzte Woche angesprochen.

Aber heute nennt er weitere Gründe, die auf dem Ölpreis wie ein Betonklotz liegen, und nach meiner Meinung zu Preisrückschlägen führen könnten. So nennt Weinberg die anhaltend schwache Nachfrage, die Gefahr von weiteren Mobilitätseinschränkungen, Probleme in und Spannungen zwischen den Ländern, die das Kürzungsabkommen unterzeichnet haben (OPEC und Partner), und die steigende Produktion in denen, die dies nicht getan haben (Libyen). Viele Ölmarktteilnehmer hätten alldem angesichts der ausgelassenen Stimmung an den Finanzmärkten lange wenig Beachtung geschenkt. Doch irgendwann werde die Quantität zu Qualität, sprich die Probleme zu groß, um sie zu ignorieren, so Eugen Weinberg. Hier weitere Aussagen von ihm im Wortlaut:

Das ist offensichtlich jetzt der Fall. Der gestrige Lagerbericht aus den USA brachte bereits einige Probleme zum Vorschein. Zwar waren die Schlagzeilen nicht besorgniserregend. Lediglich die Lagerbestände für Benzin sind laut DOE in der letzten Woche um 1,9 Mio. Barrel gestiegen, im Gegensatz zum erwarteten Rückgang um 1,5 Mio. Barrel. Dafür war der Lagerabbau bei Destillaten mit 3,8 Mio. Barrel fast doppelt so stark wie erwartet. Auf den zweiten Blick offenbart sich aber auch das größte Problem, nämlich die anhaltende Nachfrageschwäche. So ist die Benzinnachfrage mit rund 8,3 Mio. Barrel täglich auf den niedrigsten Stand seit Mitte Juni gefallen. Es bleibt abzuwarten, ob dies ein Ausrutscher nach unten ist und mit den Wartungsarbeiten der Raffinerien oder den hurrikanbedingten Unterbrechungen zu tun hat.

Zumindest hat dies gestern ausgereicht, den Brentölpreis erstmals seit einer Woche unter 42 USD je Barrel zu drücken. Der WTI-Ölpreis fiel unter 40 USD. Während es viele belastende Faktoren und Risiken gibt, fallen uns nur wenige Ereignisse und Faktoren ein, die einen weiteren Ölpreisrückgang verhindern dürften. Das könnte passieren, wenn z.B. die OPEC und ihre Verbündeten (OPEC+) kurzfristig einen Strategiewechsel verkünden und die Möglichkeit weiterer Produktionskürzungen in Aussicht stellen würden. Doch diese Chance hat die OPEC+ am Montag eigentlich vertan.

Chart zeigt Ölpreis im Verlauf der letzten vier Monate
Verlauf im WTI-Ölreis in den letzten vier Monaten.



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