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2 Jahre nach der Insolvenz Strafverfahren gegen Wirecard-Chef Markus Braun startet heute

Das Strafverfahren gegen den ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun startet heute, zwei Jahren nach der desaströsen Insolvenz.

Ex Wirecard CEO Markus Braun im Jahr 2019

Im Juni 2020 meldete Wirecard Insolvenz an. Es war der erste Dax-Konzern, der pleite geht. Und vor allem war es eine richtige Betrugsnummer. Und darüber hinaus war es die Blamage für den ach so seriösen Wirtschaftsstandort Deutschland, die deutsche Finanzaufsicht, das deutsche Rechtssystem und die Politik. Niemand fühlte sich zuständig – und das ist es ja in der Regel, was im deutschen Beamtenapparat am wichtigsten ist – die Zuständigkeit. Nicht mein Problem, der da ist zuständig… der andere auch nicht? Na dann ist eben wer anders zuständig.

Und außerdem wollte sich die Politik ja unbedingt im Prestige von Wirecard sonnen. Endlich mal ein innovativer deutscher Tech-Gigant, so wie im Silicon Valley. Irgendwas mit Online Payment – was genau weiß man nicht, aber Hauptsache es klingt modern und dynamisch. Nun hat man zwei Jahre für die Aufarbeitung des Wirecard-Desasters benötigt. Heute wird der ehemalige CEO Markus Braun zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Das Strafverfahren gegen ihn startet.

Strafverfahren gegen ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun beginnt

Bloomberg berichtet dazu aktuell: In München wird sich das Landgericht mit einem der größten deutschen Wirtschaftsskandale beschäftigen, der Milliarden an Börsenwert und eine große deutsche Fintech-Hoffnung vernichtet hat. Die Strafkammer verhandelt gegen Braun und zwei Mitangeklagte in einem Gerichtssaal in der Haftanstalt Stadelheim, einem der größten Gefängniskomplexe des Landes. Mehr als drei Dutzend Journalisten aus aller Welt haben sich akkreditiert. Das Gericht hat zunächst 100 Verhandlungstage bis Ende 2023 angesetzt, der Prozess wird sich aber wohl bis weit ins Jahr 2024 hinziehen. Die drei Berufsrichter und zwei Schöffen müssen einen Sachverhalt durchdringen, zu dem es mehr als 700 Aktenordner Material gibt.

Das Strafverfahren wird die Entwicklung von Wirecard bis ins Jahr 2020 nachzeichnen, in dem Wirecard einen zunehmend aussichtslosen Kampf gegen das eigene Scheitern führte. Dann kam das krachende Ende aller Versuche, sich als Pionier des digitalen Zahlungsverkehrs zu stilisieren, der von Leerverkäufern und Journalisten angeblich grundlos attackiert wurde. Schließlich brach das Unternehmen zusammen. Wirecard gab zu, dass mehr als 2 Milliarden Euro angeblicher Barmittel wahrscheinlich nie existiert hatten, und meldete einige Tage später, am 25. Juni 2020, Insolvenz an.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Markus Braun, ein Österreicher, der mit randloser Brille und schwarzen Rollkragenpullis gern eine intellektuelle Aura pflegte, bereits Bekanntschaft mit dem Haftrichter gemacht. Seit fast zweieinhalb Jahren sitzt er in Untersuchungshaft. Zuletzt sah ihn die Öffentlichkeit im November 2020, als er in Berlin kurz vom Untersuchungsausschuss des Bundestags zu dem Skandal befragt wurde.

Warnzeichen

Der Zusammenbruch von Wirecard war für Behörden und Politik eine Blamage. Seit Jahren hatte es warnende Hinweise gegeben, die öffentlich diskutiert wurden. Leerverkäufer wie Fraser Perring und Berichte in der Financial Times stellten die Bilanzierung von Geschäften in Asien und dem Nahen Osten in Frage. Wirecard bestritt stets jedes Fehlverhalten. Die Münchner Staatsanwaltschaft schlug sich zunächst auf die Seite des Unternehmens und ermittelte gegen Journalisten und Leerverkäufer. Bafin-Chef Felix Hufeld musste in Folge des Skandals sogar seinen Hut nehmen.

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen Markus Braun im März abgeschlossen. Neben Braun sind auch der ehemalige Chefbuchhalter Stephan von Erffa und Oliver Bellenhaus angeklagt, der eine Wirecard-Firma in Dubai leitete und Kronzeuge der Anklage ist. Laut Staatsanwaltschaft hat das Trio “angeblich äußerst ertragreiche Geschäfte, vor allem in Asien” erfunden, um vorzutäuschen, dass Wirecard ein erfolgreiches Unternehmen sei. In Wirklichkeit existierten die Guthaben in Dubai, auf den Philippinen und in Singapur jedoch nicht. Die Nachweise waren gefälscht, so die Staatsanwaltschaft.

Banken gaben Wirecard Darlehen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro und begaben für das Unternehmen Anleihen im Umfang von 1,4 Milliarden Euro “in der irrigen Annahme, mit einem erfolgreichen, prosperierenden, ordnungsgemäß geführten und auf jeden Fall kreditwürdigen DAX-Unternehmen zu verhandeln”, so die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung zur Anklage.

Dem Trio wird schwerer Betrug, Marktmanipulation und Bilanzfälschung zur Last gelegt. Braun wurde auch wegen Untreue angeklagt, weil er mit dem früheren Vorstandsmitglied Jan Marsalek eine Transaktion veranlasst haben soll, durch die 200 Millionen Euro von Wirecard über eine undurchsichtige Firmenkonstruktion an die beiden Männer geschleust worden sein sollen. Jan Marsalek verschwand kurz nachdem der Skandal aufflog und ist seitdem auf der Flucht. Er steht auf der Interpol-Liste der meistgesuchten Personen, und die Ermittlungen in München gegen ihn und andere Beschuldigte dauern an.

Markus Braun bestreitet die Vorwürfe und behauptet weiterhin, dass das ausländische Partnergeschäft, das im Mittelpunkt der Anklage steht, existierte. Sein Anwalt Alfred Dierlamm hat erklärt, Beweise deuteten darauf hin, dass Jan Marsalek und andere ein System eingerichtet hätten, um – ohne Brauns Wissen – Geld des Unternehmens in ihre eigenen Taschen zu schleusen. Das Oberlandesgericht München hat sich von diesen Argumenten bisher nicht beeindrucken lassen und Braun weiter in Haft gelassen.

Dierlamm antwortete nicht auf eine E-Mail mit der Bitte um Stellungnahme. Sabine Stetter, eine Verteidigerin von Erffas, sagte, sie werde sich in ihrem Eröffungsplädoyer zu dem Fall äußern. Bellenhaus, der ehemalige Dubai-Chef von Wirecard, ist für die Staatsanwaltschaft der wichtigste Zeuge. Sein Verteidiger Nicolas Frühsorger sagte, er erwarte angesichts der gegensätzlichen Verteidigungsstrategien und Aussagen der Mitangeklagten einen langwierigen Prozess. “Aber ich bin zuversichtlich, dass sich die faktenbasierte Wahrheit am Ende durchsetzen wird.”

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Sam Bankman Fried, der Junghupfer, erfreut sich noch der Bahamas.
    Sehet, so geht der Umgang mit einem Betrüger in den USA.
    Ach, er hat nichts davon gewusst?
    ja das glauben wir. Doch er ist der CEO, der Chef.
    Ach, er hat keine Haftung, keine Verantwortung zu Übernehmen, so so.
    Bin,ich froh, das man einen Deutschen VW MANAGER eingesperrt und zur Verantwortung gezogen hat.
    So funktioniert echte wahre Demokratie und Judikative.
    Was wollt ihr mit den kleinen Fisch Markus Braun?
    Er betet um Vergebung.
    Sicherlich den bösen Buben, soll der Prozess gemacht werden.
    Die Rache und Vergeltung soll ihn Treffen.
    Das ist was Betroffene fühlen.
    Das Anlegergeld für Manchen ist futsch………………….

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