Aktien

Wirecard-Debakel: Handelte die DWS vorbildlich im Sinne der Fonds-Anleger?

Jüngst wurde bekannt, dass der letzten Freitag zurückgetretene Wirecard-CEO Braun genau zu diesem Zeitpunkt einen Großteil seiner Aktien verkaufte (hier die Details). Was für ein Geschmäckle nach dem quasi „In Luft auflösen“ von 1,9 Milliarden Euro, die eventuell nie vorhanden waren. Aber wie hat sich zum Beispiel Deutschlands größter Fondsanbieter DWS im Zuge des Debakels um Wirecard verhalten? Und was tat man vorher, wo es vorher bereits deutliche Signale für Probleme beim Münchner Dax-Konzern gab? Dazu hat die DWS gestern in einem Informationspapier Stellung bezogen für mehrere betroffene Fonds.

DWS mit starkem Engagement bei Wirecard

Letztes Jahr habe man sich entschlossen bei der DWS verstärkt auf deutsche Technologietitel zu setzen, und habe daher auch kräftig in Wirecard investiert, so die Grundsatzaussage des Fondsanbieters in kurze und einfache Worte übersetzt. In einzelnen Fonds habe man daher den maximal zulässigen Anteil auf 10 Prozent erhöht. Der jeweilige Fonds investierte also 10 Prozent seines Gesamtwertes in Aktien von Wirecard. In den ersten Monaten des Jahres 2020 hätten die Fonds der DWS noch von den Kursgewinnen der Wirecard-Aktie profitiert.

Dadurch, dass die Wirecard-Aktien stärker gestiegen seien als der Gesamtmarkt, habe ihr prozentualer Anteil die zulässige 10 Prozent-Schwelle im „DWS Deutschland Fonds“ sogar überschritten. Und jetzt wird es interessant. Laut DWS seien diese zu viel gehaltenen Anteile „kursschonend im Interesse der Anleger“ in Partizipationszertifikaten geparkt worden, um die Position zurückführen zu können. Gleichzeitig seien die Aktienpositionen sukzessive reduziert und die Zertifikate wieder zurück in Aktien getauscht worden. Dies seit von Januar-Februar 2020 umgesetzt worden. Zu dem Thema Derivate mehr nach der letzten Zwischenüberschrift!

Vertrauensverlust

Versteht man die Aussagen der DWS richtig, dann war der KPMG-Prüfbericht vom 28. April 2020 ein wichtiger Wendepunkt, denn hier konnten grundlegende Kritikpunkte von Wirecard nicht ausgeräumt werden. Die Analysten der DWS hätten die Aktie neu bewertet. Als Konsequenz daraus seien die Wirecard-Aktien in einem Fonds der DWS Anfang Mai komplett verkauft worden, und in den anderen drei betroffenen Fonds seien die Positionen in den Wochen danach halbiert worden. Da man grundsätzlich weiter an die Wachstumsstory von Wirecard geglaubt habe, sei man weiter an Bord geblieben. By the way… wie hätten wohl die Anleger reagiert, wenn eine Fondsgesellschaft so einen Highflyer wie Wirecard jahrelang komplett links liegen lässt, und den Fonds-Anlegern dadurch riesige Gewinne entgehen? Aber gut, von heute aus gesehen im Nachhinein, da sind wir ja alle schlauer.

Dann am 18. Juni folgte das totale Debakel für Wirecard, wo das Testat für den Jahresabschluss 2019 verweigert wurde. Hier begann der große Kurseinbruch in der Aktie. Und so wie man die Formulierung im Papier der DWS verstehen kann, wurden direkt nach der Info von Wirecard am 18. Juni noch am selben Tag alle in DWS-Fonds befindliche Wirecard-Aktien verkauft. Damit hat man immerhin noch einen deutlich besseren Schnitt gemacht als eine Woche länger durchzuhalten, in der Hoffnung, dass doch noch alles gut wird. Denn zumindest heute hat sich die Nachrichtenlage weiter verschlechtert, und die Aktie notiert nur noch bei 12 Euro  (minus 30 Prozent gegenüber gestern).

Nehmen wir hier mal nur den Fonds „DWS Deutschland“. Die negative Auswirkung des Wirecard-Absturzes auf die relative Wertentwicklung des Fonds für den Zeitraum 1. Januar bis 22. Juni hat laut DWS nur bei minus 0,23 Prozent gelegen. Die DWS will nun rechtliche Schritte gegen Wirecard und den Ex-CEO Markus Braun einleiten. Tja, da dürfte man nur einer von vielen, sehr vielen institutionellen Anlegern sein, die Schadenersatz von Wirecard sehen wollen. Ob das Unternehmen das überleben kann?

Mit Derivaten die 10 Prozent-Marke absichtlich überschritten?

Aber halt. Hat der Fondsmanager der DWS bei der Wirecard-Aktie nicht unabsichtlich (wie oben beschrieben), sondern doch absichtlich mehr als 10 Prozent des Fondsvolumens in Wirecard arbeiten lassen? finanz-szene.de merkt hierzu an, dass der DWS-Manager anders als bislang bekannt nicht nur direkt in Wirecard investierte, sondern auch Derivate auf die Aktie des Zahlungsdienstleisters hielt. Konkret soll es sich dabei um ein „Tracker“ genanntes Zertifikat handeln. Der Fondsmanager Albrecht habe insgesamt 920.000 Stücke des Zertifikates von der UBS gekauft, mutmaßlich im Tausch gegen Wirecard-Aktien – Kurswert nach Berechnungen von finanz-szene.de rund 125 Millionen Euro.

Weiter wird angemerkt, dass in vergleichbaren Situationen ein Fondsmanager üblicherweise einen Teil der „übergewichtigen“ Aktien verkauft, um die Gewichtung wieder auf unter 10 Prozent herunterzufahren (logisch). Stattdessen dränge sich die Mutmaßung auf, die DWS habe eine kurze Wirecard-Rallye noch ein weniger länger reiten wollen – und hierfür die Zertifikate-Konstruktion gewählt: Man reicht die Aktien kurz vor Monatsultimo an die UBS und erhält Zertifikate zurück. War es so? Auf jeden Fall, glaubt man den Aussagen der DWS, war die Gesamtbeeinflussung des Wirecard-Debakels auf die Performance zum Beispiel des DWS Deutschland Fonds mit minus 0,23 Prozent minimal. Immer noch besser als wenn man als Privatanleger stumpf sein ganzes Geld in diese eine Aktie investiert hätte, weil sie ja der große Knaller auf dem deutschen Börsenparkett war.



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