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Zinsen senken bei der EZB – ja, aber – Analyst dämpft Aussichten

Gibt es im Juni eine Zinssenkung der EZB, und dann lange Stillstand beim Thema Zinsen? Hier dazu eine aktuelle Analystenaussage.

EZB-Zentrale
EZB-Tower in Frankfurt. Foto: rcphotostock-Freepik.com

Zinsen vorsichtig um 0,25 Prozentpunkte senken im Juni, und danach erstmal eine monatelange Pause einlegen? Den Märkten erstmal einen Knochen hinwerfen, und dann weiter abwarten, ob die Inflation in der Eurozone wirklich auf niedrigem Niveau bleibt? In die Richtung deutet aktuell EZB-Chefvolkswirt Lane mit seinen Aussagen. Aktuell bespricht ein Analyst die Aussicht auf Zinssenkungen in Euroland, und vor allem die diese Woche anstehende Meldung zur Inflation in Deutschland.

Zinsen senken? Warten auf deutsche Inflationsdaten

Es wäre eine Überraschung für den Markt, wenn die EZB im Juni die Zinsen nicht senken würde, so sagt es Ben Laidler vom Broker eToro. Doch bevor die endgültige Entscheidung nächste Woche fällt, stehe noch ein entscheidender Test an: die Veröffentlichung der deutschen Inflationsdaten. Der Markt hofft auf eine weitere Verlangsamung im Mai auf ein neues Mehrjahrestief. Vor allem gehe es jedoch um den Zinspfad in der zweiten Jahreshälfte.

Zinsen fast doppelt so hoch wie Inflation

Der Analyst schreibt in seiner Analyse wie folgt: Die Inflationsdaten für Deutschland im Mai, die am Mittwoch um 14 Uhr veröffentlicht werden, stellen das Narrativ der Zinshoffnung auf die Probe. Die Märkte erwarten eine letzte Bestätigung für die erste Zinssenkung der EZB, die am 6. Juni bekannt gegeben werden könnte (aktuell Leitzins 4,5 %). Seit Ende 2022 ist die Inflation rückläufig, jedoch wurde dieser Trend im April gestoppt. Der Verbraucherpreisindex verharrte bei 2,4 Prozent – dem niedrigsten Stand seit fast drei Jahren und leicht über dem Zielwert von 2 Prozent. Dies stellt eine der niedrigsten Zahlen weltweit unter den großen Volkswirtschaften dar, ausgenommen China und die Schweiz. Zudem zeigen die deutschen PMI-Daten für Mai, dass der Inflationsdruck nachlässt. Hohe Zinsen, die fast doppelt so hoch sind wie die aktuelle Inflationsrate, belasten das Wachstum und bremsen Investitionen. Eine Zinssenkung könnte die dringend benötigte Erleichterung bringen und die wirtschaftliche Aktivität wieder ankurbeln.

Deutschland: Stagnation und Hoffnung auf Zinssenkungen

In den letzten zwei Jahren war die deutsche Wirtschaft eher eine Bremse als ein Motor für Europa. Für 2024 droht Deutschland als Konjunktur-Schlusslicht unter den G7-Industriestaaten abgestempelt zu werden. Insbesondere die zinssensitive und stark exportabhängige Industrie leidet und hat sich vom Dienstleistungssektor abgekoppelt. Während das verarbeitende Gewerbe tief in der Rezession steckt, wächst der Dienstleistungssektor. Deutschland braucht dringend Zinssenkungen. Je länger die EZB zögert, desto größer wird der wirtschaftliche Schaden. Niedrigere Zinsen würden Investitionen wieder lohnenswerter machen und den Konsum anziehen lassen. Eine solche Wiederbelebung ist entscheidend, um nicht nur den Rückstand aufzuholen, sondern auch, um zur alten Stärke zurückzukehren.

Schlüssel zur Stabilität und Wachstum in Europa

Als größte Volkswirtschaft der EU prägt Deutschland die Stabilität und das Wachstum Europas. Die enge wirtschaftliche Verflechtung zeigt sich in den Handelsbeziehungen: Unter den zehn umsatzstärksten Partnern Deutschlands sind acht Länder aus Europa. Die Niederlande und Frankreich rangieren auf Platz drei und vier. Außerdem ist Frankreich nach den USA der zweitgrößte Exportmarkt für Deutschland. Ein wirtschaftlicher Stillstand Deutschlands beeinflusst auch die europäischen Nachbarn negativ. Doch es gibt Hoffnung: Ab der zweiten Jahreshälfte könnten Deutschland und Frankreich wieder in den Wachstumsmodus wechseln, was einen potenziellen Dominoeffekt auslösen könnte. Zusammen repräsentieren sie ein BIP von rund 7 Billionen Euro, rund die Hälfte der Wirtschaftsleistung der gesamten EU.

Die vorsichtige Politik der EZB

Der Markt sollte nicht übermütig werden und die erste Zinssenkung nicht überschätzen. Bereits nach dieser einen Senkung der Zinsen könnten wir eine längere Phase der Unsicherheit erleben, da die vollen Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik in den Daten noch nicht zu sehen sind. Die EZB verfolgt daher eine datenabhängige Strategie, um flexibel zu bleiben. Wahrscheinlich wird sie vorsichtig vorgehen und eher kleine Anpassungen vornehmen, anstatt überstürzt zu handeln. Eine zu lockere Geldpolitik könnte eine zweite Inflationswelle auslösen, was die Notenbank unbedingt verhindern will. Ein hartnäckige Inflation würde es der EZB erschweren, das richtige Gleichgewicht zu finden, und könnte sogar weitere Zinssenkungen auf das Jahr 2025 verschieben.

Grafik zeigt Entwicklung der EZB-Zinsen seit dem Jahr 2007. Grafik zeigt Entwicklung der EZB-Zinsen seit dem Jahr 2007.



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4 Kommentare

  1. Die Frage ist doch was eine Zinssenkung der EZB für längerfristige Anleihen bringt. Eine 10jährige BMW bringt aktuell 3,6%, Lufthansa 4,1%. Ich kann mir nicht vorstellen das das irgend eine Investition verhindert. Anders ist das bei Konsumkrediten und Bauinvestitionen. Das sind Bereiche wo mehr Aktivität wünschenswert wäre. Aktuell steigt bsw die Sparquote, was imho anzeigt, nicht das Geld fehlt, sondern die Leute das Geld nicht ausgeben wollen. Wenn ich mir anschaue was bsw in der Gastronomie für Preise verlangt werden, dann habe ich auch keine Lust darauf. Das ist wie nach der Euro-Einführung, als die Preise 1 zu 1 umgestellt wurden.

  2. stimmt desshalb auch die hohen Inflationsraten die sie anstreben. Damit die Leute das Geld Ausgeben. Quasi ein Geld ohne die wert Speicher Funktion. So 10 Prozent Inflation als Konsummotivation. In der Praxis bedeutet das für den Großteil Verarmung es sei denn die Sozialleistungen werden angepasst. vielleicht ist der digitale Euro mit Ablaufzeit gar nicht so schlecht aber dann muss man silber und Bitcoin verbieten damit die Leute nach langer Zeit der Idiotie nicht doch ausweichen. und was anderes zur Speicherung verwenden.

    1. @martin, ja klar. Aber und jetzt kommt mein immergleiches Aber. Sie bestehlen den Produktivposten Arbeit-Einkommen und der trägt die gesammte Wirtschaft und Wohlstand.

      Diese Rechnung geht nie langfristig auf. Deshalb reden die immer von 1-3 % Zinssatz ,weil der so klein ist,daß der defizitäre Gesamtprozess so lange es nur irgend geht,in der Zukunft liegt. Ist aber trotzdem negativ und falsch.

  3. P.S. Wertspeicher ? Geld ist ein Tauschgut ,wie jedes andere Tauschgut auch. Und über die Institutionen ein Tauschgut der Allgemeinheit ,meinetwegen sogar demokratisch,weil systeminhärent gleichwertig.

    Wer gibt wem jetzt das Recht ,einseitig zu Gunsten gaaaanz wenigen ,an dieser WERTIGKEIT und dann noch systemwidrig, über den Zins, an dieser rumzuschrauben?

    Das ist doch die Kernfrage . Um das vorweg zu nehmen,investieren kann ich auch mit hohem Zins . Schon alleine die Dämpfung des Zinswechselrisikos durch die Festlegung eines wahrscheinlichen Zeitfenster durch die ZBs bevorzugt illegalerweise wenige Subjekte schon.

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