Asien

China: Abwärtstrend der Wirtschaft setzt sich fort

Die Konjunktur in China kriselt. Jetzt zeigen verschiedene Wirtschaftsdaten, dass sich die Abwärtsbewegung fortsetzt.

China-Flagge
Foto: toa55-Freepik.com

Der Abwärtstrend der chinesischen Wirtschaft hat sich im Juli trotz der Unterstützungsmaßnahmen der Regierung fortgesetzt und teilweise sogar verstärkt. Die schwache Nachfrage und der anhaltende Rückgang im Immobiliensektor belasten sowohl Unternehmen als auch Konsumenten in China. Auch die rückläufigen Autoverkäufe verdeutlichen die schwache Konsumstimmung im Land. Anleger versuchen, den Wertverlust ihrer Immobilien durch Investitionen in Gold zu kompensieren. Die Aussichten für die kommenden Monate, insbesondere August und September, bleiben ebenfalls trüb.

PMI-Daten in China zeigen Kontraktion

Ein deutlicher Indikator für die derzeitige wirtschaftliche Schwäche Chinas ist der Rückgang im verarbeitenden Gewerbe, wie sowohl der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) als auch der inoffizielle Caixin PMI zeigen. Der offizielle PMI, der stärker auf staatliche Unternehmen in China ausgerichtet ist, fiel im Juli zum dritten Mal in Folge und erreichte 49,4, nach 49,5 im Juni. Werte unter 50 deuten auf eine Kontraktion hin, was den Druck auf die chinesischen Behörden erhöht, weitere Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen.

Grafik zeigt Einkaufsmanagerindex in China

Der Caixin PMI, der einen stärker auf private und exportorientierte Unternehmen fokussierten Blick bietet, sank im Juli ebenfalls, wenn auch moderater, und lag bei 49,8 nach 51,8 im Vormonat. Dies ist das erste Mal seit Oktober 2023, dass der Caixin PMI unter die Marke von 50 gefallen ist, was auf eine Kontraktion hinweist. Die Abschwächung des Caixin-PMI lässt sich wahrscheinlich eher durch saisonale Faktoren erklären: Das Weihnachtsgeschäft in China, das in diesem Jahr früher als gewöhnlich endete, trägt dazu bei. Dies wird durch den Drewry World Container Index bestätigt, der in dieser Woche um ein weiteres Prozent zurückgegangen ist.

Grafik zeigt Entwicklung von Container-Frachtraten

Es fehlen neue Aufträge, die erst in 2-3 Monaten für die Frühjahrssaison 2025 erwartet werden. Zudem entsteht durch die nun in den USA und Europa wirksam gewordenen Strafzölle eine Nachfragepause, da viele Aufträge vorgezogen wurden. Die schwache Nachfrage und der anhaltende Rückgang im Immobiliensektor belasten sowohl Unternehmen als auch Konsumenten. Gabriel Ng, Assistenzökonom bei Capital Economics, erklärte, dass die PMI-Daten für Juli auf eine weitere Abschwächung der Wirtschaft in China hindeuten. Die Regierung reagierte auf diese Entwicklung, indem sie ihre Bemühungen zur politischen Unterstützung verstärkte. Das Politbüro forderte eine schnellere Umsetzung des Konjunkturprogramms, und die Zentralbank senkte die Zinssätze, um das Wirtschaftswachstum zu stützen.

Lyn Song, Ökonomin bei ING, warnt jedoch, dass die Verlangsamung der Fertigung die Dringlichkeit erhöhen könnte, das Wachstum in anderen Wirtschaftsbereichen zu fördern. Sie betont, dass die schwachen PMI-Daten, kombiniert mit den bevorstehenden Zöllen auf Elektrofahrzeuge und andere Produkte, darauf hindeuten, dass die industrielle Aktivität in China in den kommenden Monaten moderat bleiben könnte. Eine Beschleunigung der staatlichen Investitionen in der zweiten Jahreshälfte wird daher entscheidend sein, um das angestrebte BIP-Wachstum von 5 Prozent zu erreichen.

Rückgang der Neuwohnungsverkäufe verstärkt sich

Der chinesische Immobiliensektor blutet weiter aus. Laut der China Real Estate Information Corp sank der Wert von Neuwohnungsverkäufen der 100 größten Immobilienunternehmen im Juli um 19,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was einen schnelleren Rückgang als im Juni (17,7 Prozent) darstellt. Dieser Einbruch erfolgte trotz einer Reihe von unterstützenden Maßnahmen, die in den letzten Monaten eingeführt wurden.

Damit bleibt, wie Bloomberg Economics feststellt, bleibt das jüngste Rettungspaket der chinesischen Regierung hinter den Erwartungen zurück. Das Refinanzierungsprogramm der Zentralbank im Umfang von 42 Milliarden USD könnte den lokalen Regierungen lediglich helfen, 0,8 Prozent der 60 Millionen unverkauften Häuser in China zu erwerben. Das schwache Vertrauen der Käufer, verstärkt durch das Fehlen robusterer Unterstützungsmaßnahmen beim der letzten Zusammenkunst des Politbüros der Kommunistischen Partei, verstärkt den Abwärtstrend im Immobiliensektor.

S&P Global Ratings prognostiziert einen Rückgang der chinesischen Wohnungsverkäufe um 15 Prozent in diesem Jahr, weit mehr als die ursprünglich erwarteten 5 Prozent. Fitch Ratings hat seine Verkaufsprognose sogar auf einen Rückgang von 15 bis 20 Prozent nach unten korrigiert. Diese Entwicklungen belasten das Wirtschaftswachstum Chinas und verdeutlichen die anhaltenden Schwierigkeiten im Immobiliensektor.

Schwache Nachfrage im Automobilsektor

Ein weiterer Indikator für die wirtschaftliche Schwäche Chinas ist der Rückgang im Automobilmarkt. Vorläufige Zahlen von Cui Dongshu, dem Generalsekretär der China Passenger Car Association (CPCA), zeigen, dass vom 1. bis 28. Juli auf dem nationalen Pkw-Markt 1,392 Millionen Einheiten verkauft wurden. Dies entspricht einem Rückgang von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 11 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Seit Jahresbeginn wurden insgesamt 11,231 Millionen Einheiten verkauft, was einem Anstieg von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Besonders bemerkenswert ist der Bereich der Fahrzeuge mit neuem Antrieb: Vom 1. bis 28. Juli beliefen sich die Einzelhandelsverkäufe auf 722.000 Einheiten, was einem Anstieg von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr, jedoch einem Rückgang von 5 Prozent im Vergleich zum Vormonat entspricht.

Flucht in sichere Häfen: Der Anstieg bei Goldbarren

Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten haben chinesische Verbraucher ihre Anlagen zunehmend in sichere Häfen wie Gold verlagert. Laut einem Bericht der China Gold Association stieg der Kauf von Goldbarren und -münzen in der ersten Jahreshälfte 2023 um 46 Prozent. Dies entspricht 40 Prozent des nationalen Goldverbrauchs, während die Ausgaben für Goldschmuck im gleichen Zeitraum um 26,68 Prozent zurückgingen.

Die gesteigerte Nachfrage nach Gold ist eine direkte Folge der eingeschränkten Anlagemöglichkeiten und der wirtschaftlichen Unsicherheiten. Gary, Senior Economist bei ANZ Corporate Investment Banking, merkt an, dass die schwache Verbraucherstimmung den Verkauf von Goldschmuck negativ beeinflussen könnte. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Goldbarren in China als Investitionsinstrument robust, da Haushalte nach Möglichkeiten suchen, ihr Vermögen angesichts von Kapitalverkehrskontrollen und begrenzten Anlageoptionen zu erhalten. Zusätzlich wird der Goldpreis durch geopolitische Unsicherheiten und Markterwartungen einer bevorstehenden Zinssenkung durch die US-Notenbank gestützt. Dies verstärkt die Flucht in Gold als Absicherung gegen wirtschaftliche Risiken.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage