Anleihen

Türkei: Moody´s senkt Ausblick, bald „junk“?

Moody´s hat den Ausblick für die Türkei auf "negativ" gesetzt. Da das derzeitige Rating bei Baa3 liegt, würde eine Abstufung bedeuten, dass türkische Staatsanleihen als "junk" oder als non investment grade gelten würden..

FMW-Redaktion

Die amerikanische Ratingagentur Moody´s hat den Ausblick für die Türkei gestern am späten Abend auf „negativ“ gesetzt. Da das derzeitige Rating bei Baa3 liegt, würde eine Abstufung bedeuten, dass türkische Staatsanleihen als „junk“ oder als non investment grade gelten würden.

In der Begründung weist Moody´s darauf hin, dass sich die Fähigkeit der Türkei zur Refinanzierung seines Defizits (4% des BIP) nach dem gescheiterten Militärputsch und der Reaktion Erdogans darauf, verschlechtern werde. Dazu werde der Konsum nachlassen (der Treiber der Wirtschaft in den letzten Jahren) und die geplanten Wirtschaftsreformen seien nun in Frage gestellt:

„The review is driven by the need to assess the medium-term impact of the failed military coup on Turkey’s economic growth, policymaking institutions and external buffers, given the existing challenges in all of these areas.
Despite the coup’s failure, Moody’s considers its occurrence a reflection of broader political challenges, as associated credit risks remain elevated. These risks and relatedly the country’s slower-than-expected progress in materially advancing planned economic reforms, in the context of both weakening growth and external buffers, had been previously captured in Moody’s negative outlook.
Accordingly, in Moody’s view, although the coup failed, the event in itself will likely exacerbate challenges in all of these areas.
The review will assess the likelihood and implications of: 1) a sustained slowdown in domestic demand, leading in turn to lower economic growth for the next 2-3 years; 2) a further weakening of policy predictability and effectiveness, as well as a rise in policy inertia; and 3) reduced access to external liquidity, given the country’s high external borrowing needs in the face of heightened domestic and international market volatility.“

Hinzu kommt – und das wird von Moody´s nicht erwähnt, dass die „Säuberungen“ nicht nur die innenpolitischen Spannungen erhöhen, sondern auch den Kampf gegen den IS sowie den de facto-Krieg gegen die Kurden erschweren. Viele der Verhafteten waren für die Türkei im „Anti-Terror-Krieg“, so etwa der Kommandeur der 3.türkischen Armee, der federführend den Kampf gegen die PKK verantwortete. Mithin wird sich also die Sicherheitslage in der Türkei selbst noch weiter verschlechtern, außenpolitisch ist Erdogan und seine Regierung dabei, auch die langjährigsten Verbündeten wie die USA zu verprellen.

Das Land steuert also auf eine Isolation zu und dürfte sich daher außenpolitisch noch aggressiver verhalten. Ein Konflikt mit dem schiitischen Iran scheint dabei vorprogrammiert, da sich Erdogan als Nachfolger des Osmanischen Reichs sieht und daher die Vorherrschaft über den Nahen Osten anstrebt, der derzeit in einem Macht-Vakuum ist: weder der Iran, noch Saudi-Arabien haben die Kraft um wirklich als ordnungsstiftender Hegemon dort aufzutreten. Und da Erdogan sich weiter vom Westen isoliert, richtet sich sein Blick eben auf den Nahen Osten.

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Präsident Erdogan
Foto: Prime Minister Office / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Auch wirtschaftlich sind die Perspektiven miserabel. Der Tourismus ist für die Sommer-Saison abgehakt, Einkaufsmanagerindizes fielen zuletzt unter der 50er-Marke aus, signalisieren also Kontraktion. Das angestrebte BIP-Wachstum von 4% ist reinstes Wunschdenken unter diesen Umständen.

Daher gilt mehr denn je der alte Spruch vom „kranken Mann am Bosporus“, den man einst prägte, um die innere Schwäche des Osmanischen Reichs in seinem Spätstadium zu beschreiben. Und heutzutage hat der kranke Mann am Bosporus einen Schnauzbart und wohnt in einem völlig überdimensionierten Palast..



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7 Kommentare

  1. leider Gottes stimme ich Ihnen bei diesem Bericht voll und ganz zu. dieser Großmaul weiß manchmal selber nicht was er da gerade aus dem Munde spricht.

  2. Wie schnell die Rating-Agenturen heutzutage reagieren!!!
    Erst GB dann die Türkei.
    Ob die Anleger wert auf solche Ratings legen, wohl kaum (siehe GB).
    Dass der Mann machthungrig ist, lässt sich nicht bestreiten, aber Ich denke in beiden Fällen, Brexit und die Türkei, sollte man abwarten, wie die EU sich den gegenüber verhält, hart, weich, Rosinenpickerei, keine Rosinenpickerei?

  3. Ich habe erst vor ein paar Tagen meine Meinung zu Erdogan und dem Putsch geändert.
    Erdogan will sich aus den Klauen der USA-Unterminierung lösen. Da ist es nur konsequent, daß Moody – eine der vielen Krakenarme des US-Imperiums – die Türkei abstuft.

    Meine Meinung über die Türkei, über Erdogan, über den „Putsch“ usw. habe ich hier dargelegt: https://propagandaschau.wordpress.com/2016/07/17/putschversuch-in-der-tuerkei-wenn-verschwoerungstheorie-ploetzlich-salonfaehig-ist/#comment-92184

    1. Jeder weiß, das die Türkei hohe Erdölvorkommen hat welche aber laut Lausanner Vertrag erst ab 2013 gefördert werden dürfen. Weiterhin haben wir 90% des chemischen Elements Bor welches auch in naher Zukunft ein sehr wichtiges Element sein wird. Also unter diesen Umständen ist es normal was in der Türkei passiert. Jeder will einen Anteil ( so kommt es mir vor ).

      1. oder mit einem Satz: lawrence von arabien lässt grüßen

  4. Putin und Erdogan‘ sind neue beste Freunde .

    Nur so kommen sie gegen eu und USA an .
    Türkei in der EU ist nur noch eine Option und die verfällt wenn er seine visafreiheit bekommt .den Euro wird es in der Türkei niiiiie geben .Touristen kann man in einem Jahr auch aus Osteuropa ein fliegen .

    Die können ein zwei Jahre auf Touristen verzichten , wie Putin ein paar Jahre mit 50$ beim Öl kein Problem hat .

    1. eu eintritt wäre unsere Rettung gewesen. aber dieser Großmaul hat vieles zunichte gemacht.

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