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Abwärtsgerichtete Aufwärtsbewegung

Von Kilian Kimmel

Damals in der DDR, also in der kommunistischen Diktatur, wurde von oben, dem sog. Politbüro, angeordnet, das in den bunten und lustigen Fernsehshows bestimmte Worte nicht ausgesprochen werden durften. Das Wort „Fleisch“ war verboten, wenn mal wieder Fleischknappheit die Bevölkerung erzürnte. Ebenso das Wort „Urlaub“, wenn es ein verregneter Sommer war. Man wollte schlechte Stimmungen nicht verstärken.

In öffentlichen EZB-Veranstaltungen wird das Wort „Deflation“ vermieden und wenn nicht vermeidbar, durch das Wort „Minus-Inflation“ ersetzt. Dicke Menschen heißen jetzt Gewichtsbenachteiligte und Idioten sind als Verhaltensoriginell zu titulieren.

Dieser Trend ist das Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchungen von Sozialwissenschaftlern, Therapeuten und Medizinern: Der Handlungsstrang GEDANKE-WORT-TAT muss positiv formuliert werden. Negative Gedanken, die negativ ausgesprochen werden, führen am Ende zu einem negativen Ergebnis bzw. zu einer negativen Tat.

Ich finde die Idee super, passt auch so schön in den aktuellen Zeitgeist. Habe also meinen alten bösen Wortschatz komplett umgestellt: So heißen Korrekturen oder Konsolidierungen im DAX jetzt abwärtsgerichtete Aufwärtsbewegung. Crashszenarien werden mit negativen Höchstpunkten umschrieben. Den Bären und Bullen vor der Frankfurter Börse könnte man durch einen lustigen Glückshasen ersetzen.

In 4 Wochen ist Fussball-WM. Die FIFA hat rechtzeitig per Rundschreiben brennende Barrikaden rund um die Austragungsorte verboten. Zur Zeit sind vor Ort Panzer und Soldaten unterwegs, um das Rundschreiben in den ca. 1000 Favelas entsprechend umzusetzen. 30 Favelas hat man angeblich schon unter Kontrolle. In den Fernsehanstalten denkt man darüber nach, wie man die Rauchschwaden über den Stadien als Friedenstauben oder Konfetti auf den heimischen Bildschirmen aussehen lassen kann.



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