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Wie schafft man das? Aurubis stürzt ab – Metalldiebstahl im dreistelligen Millionenbereich

Aurubis stürzt ab. Es gibt Metalldiebstahl im dreistelligen Millionenbereich. Auch der Großaktionär Salzgitter setzt seine Prognose aus.

Mal vereinfacht gesagt: Da verschwinden vom Betriebsgelände eines Industriebetriebs Metalle im Wert von über 100 Millionen Euro, und niemandem fällt was auf? Europas führender Kupferproduzent Aurubis in Hamburg warnt jetzt vor Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe, weil das Unternehmen von einem massiven Metallbetrug betroffen ist. Aurubis rechnet nicht mehr damit seine Gewinnprognose für das Jahr zu erfüllen. Die Aktien brechen um 15 % ein. In diesem TradingView Chart sehen wir die prozentuale Entwicklung der Aurubis-Aktie seit Jahresanfang.

Entwicklung der Aurubis-Aktie seit Jahresanfang

Aurubis-Aktie stürzt ab – riesiger Diebstahl

Das Unternehmen kennt das Ausmaß des Schadens noch nicht, hat aber erhebliche Diskrepanzen in den Beständen und Lieferungen von Metall im Zusammenhang mit seinem Recyclinggeschäft entdeckt, so Aurubis in einer Erklärung. Aurubis führt derzeit eine gründliche Überprüfung der Metallreserven durch, die bis Ende September abgeschlossen sein soll, und hat das Landeskriminalamt Hamburg eingeschaltet.

Hochwertige Industriemetalle wie Nickel und Kupfer sind seit jeher ein attraktives Ziel für Kriminelle, und die Branche wurde in den letzten Jahren wiederholt von einer Reihe von Skandalen erschüttert, darunter die schockierende Enthüllung des Rohstoffhändlers Trafigura Group, dass er Opfer eines massiven angeblichen Nickelbetrugs war, so führt es Bloomberg aus. Weiter schreibt man dazu: Aurubis kauft nicht nur Rohstoffe von Minen, sondern auch riesige Mengen kupferhaltigen Schrotts, von fast neuen Produktionsabfällen bis hin zu alten Kabeln, Rohren und elektronischen Leiterplatten. Das Unternehmen verarbeitet täglich tausende von Tonnen dieser Materialien zu raffiniertem Metall.

Erhebliche Diskrepanzen

„Bei einer planmäßigen Überprüfung der Metallbestände hat Aurubis erhebliche Diskrepanzen im Sollbestand sowie bei einzelnen Proben aus bestimmten Lieferungen von Einsatzstoffen für den Recyclingbereich festgestellt“, so das deutsche Unternehmen. „Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Schaden im niedrigen dreistelligen Millionenbereich bewegen könnte.“

Bisher hatte das Unternehmen für das Geschäftsjahr 2022-23 ein operatives Ergebnis vor Steuern von 450 bis 550 Millionen Euro prognostiziert, das nun nicht mehr erreicht werden soll. Der Stahlhersteller Salzgitter AG, der 30 % an Aurubis hält, hat ebenfalls seine Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr ausgesetzt.

Wie Aurubis im Juni mitteilte, ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei gegen einen mutmaßlichen Diebstahlring, der es auf edelmetallhaltige Zwischenprodukte aus der Aurubis-Produktion abgesehen hat. Im Rahmen der Ermittlungen seien mehrere Arbeitsplätze von Aurubis-Mitarbeitern und die Büros von Auftragnehmern am Standort Hamburg durchsucht worden, hieß es damals.

Die jüngsten Beweise „haben Aurubis zu dem Schluss gebracht, dass das Unternehmen nach den im Juni gemeldeten Fällen Ziel weiterer krimineller Aktivitäten war“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Die Ankündigung von Aurubis ist der jüngste in einer Reihe von Skandalen, die die globale Metallindustrie in den letzten Jahren getroffen haben.

Das Handelsunternehmen Trafigura gab im Februar bekannt, dass es mit einem Verlust von fast 600 Millionen Dollar rechnet, nachdem man festgestellt hatte, dass die von ihm gekauften Nickelladungen kein Nickel enthielten, und sprach von einem „systematischen Betrug“. Auch die Londoner Metallbörse schockierte in diesem Jahr den Markt, als sie entdeckte, dass eine kleine Anzahl der in ihrem Lagernetz registrierten Nickelsäcke stattdessen mit Steinen gefüllt war.

Recycling bei Aurubis in Hamburg
Recycling bei Aurubis in Hamburg. Photographer: Martin Leissl/Bloomberg

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. Aja, sowas wundert mich nicht. Selbst bei kleinen Industrieunternehmen tummeln sich ein Haufen Fremdgewerke. Das sind die Gerüstbauer, Schlosser, Techniker usw. Die meisten haben mit ihrer Arbeit zu tun und fragen schon gar nicht mehr nach wer sich da tummelt.
    Man braucht sich doch nur einen Blaumann anzuziehen, eine Leiter zu schultern und etwas selbstbewusst zu sagen, dass man sich jetzt um die Elektrik kümmert. Klappt übrigens auch im Kino.
    Im Falle vom Aurubis hat sich bestimmt einer gefunden, der mit dem Stapler beim Beladen geholfen hat. Chef weiß bescheid…

    1. Kann ich mir bei der Grössenordnung kaum vorstellen. Für jede Anlage ist auch jemand verantwortlich. Dem oder derjenigen würde auffallen, wenn jemand Produkte im Wert von Hunderten Millionen abtransportiert.
      Da hängen wohl eher eigene Mitarbeiter mit drin bzw. wurden für den Zweck als Mitarbeiter eingeschleust. Auch geht es bei dem Wert wohl eher nicht um Kupfer und Nickel, sondern um Gold und Platinmetalle. Dort würde man noch strengere Sicherheitsstandards erwarten.

  2. Anscheinend wurden ja Proben eingeschickt und die Analytikabteilung hat hier einfach den Wert massiv erhöht. Also ein kg Erz – Normal 12% Kupfergehalt – Mitarbeiter trägt 22% ein und der Lieferant erhält mehr Geld. Gutes, abgekartertes Spiel.

    Konnte nur passieren, weil die Prozesse schlecht sind. Wer ist denn bitte schön so blöd und bezahlt den Kunden auf Basis einer Stichprobe? Ich kenne das nur so, dass am Ende das gewünschte Produkt (Pulver, Barren) gewogen wird, Feinwaage, SAP, fertig. Natürlich kann man dem Kunden noch eine Stichprobe anbieten als Sicherheitscheck: du lieferst 200 kg Erz – Gehalt liegt etwa bei 10% – du bekommst um die 20kg Reinmetall. Am Ende ist alles zwischen 17 und 22 kg möglich und im Rahmen der Erwartung. Weniger: Rechtfertigung beim Kunden. Mehr: Glück gehabt. Ist ja auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit …

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