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Essen als Kommunikation der USA mit den Chinesen Blinken in China: Drohungen und Angebote

Blinken in China Drohungen
Foto: Bloomberg

Der Besuch von US-Aussenminister Blinken in China lässt sich treffend als eine Begegnung zwischen einem herzhaften Texas-Steak und dem würzigen Sichuan-Pfeffer beschreiben – zwei Geschmackswelten, die bei diesem diplomatischen Gipfeltreffen aufeinanderprallten. Denn Essen war wieder ein fester Bestandteil der amerikanischen Kommunikationsstrategie.

Blinken in China: Der Versuch, zu kommunizieren

Wer den Besuch des US-amerikanischen Außenministers Blinken in Shanghai verfolgte – wie auch schon bei vergangenen Besuchen amerikanischer Regierungsangehöriger – erkennt eine Art Chopstick-Diplomatie: Ostentativ besuchte Blinken in Shanghai nach der Landung ein Restaurant für Baozi, gedämpfte Teigbällchen. Es ist der Versuch der amerikanischen Offiziellen, mit der chinesischen Bevölkerung zu kommunizieren und ihre Wertschätzung für China auszudrücken. In der Tat ist “Essen” eine sehr wichtige soziale Kommunikation mit einer Vielzahl an Informationen für das chinesische Publikum. Es sagt viel über den sozialen Status und die sozialen Beziehungen zwischen Menschen aus. Und informelle Beziehungen (Guanxi, was im Deutschen ungenügend mit “Vitamin B” übertragen werden kann) bilden die Basis der chinesischen Gesellschaft. Und der betont legere Umgang, im öffentlichen Bereich eines Restaurants sitzend, konterkariert die ausgefeilten Choreographien, mit denen chinesische Politiker ihre Begegnung mit der Bevölkerung inszenieren.

Kulturelle Appetithappen – oder: Sag mir, wo die Studenten sind?

Der Besuch von Blinken kann auch als Menü beschrieben werden: Das Essen, ein Spaziergang am Bund, der berühmten Flaniermeile Shanghais, und ein Basketballspiel bilden den Appetizer für den Besuch. Diese Aktivitäten wurden über soziale Medien von der US-Botschaft an die chinesische Öffentlichkeit vermittelt und zeigten, dass Blinken nicht nur in China ist, um mit den Führern zu sprechen, sondern auch das Land kennenzulernen. Auffallend bei den letzten Besuchen amerikanischer Offizieller ist die relative Länge ihrer Besuche im Reich der Mitte.

Die Vorspeise war dann gewissermaßen ein Treffen mit Studenten auf dem Campus der Shanghai New York University. Dort stand der kulturelle Austausch zwischen China und den USA im Vordergrund. „Wir haben etwa fast 300.000 chinesische Studenten in den Vereinigten Staaten, und das ist etwas, das wir hier in China sehr unterstützen. Leider sind wir von etwa 15.000 amerikanischen Studenten hier vor etwa einem Jahrzehnt auf jetzt nur noch etwa 800 zurückgegangen, und tatsächlich sind wir während Covid und aus anderen Gründen auf ein Minimum von 300 gefallen. [Wir] möchten das wieder aufbauen, weil ich wieder denke, dass es so wichtig ist, diese Verbindungen herzustellen“, so Blinken.

Das Thema des Studentenaustausches wurde schon mehrfach bei Treffen von Politikern beider Länder angesprochen, so auch bei dem Besuch Xi Jinpings in San Francisco. Auch die chinesische Seite ist sich bewusst, dass ein kultureller und universitärer Austausch mit anderen Ländern notwendig ist. So betonte Prof. Yan Xuetong, Professor in Humanities und Dekan des Instituts für Internationale Beziehungen an der Tsinghua-Universität, während des Tsinghua Forums 2023 zur Entwicklung der Politikwissenschaft und internationalen Beziehungen, dass trotz des Rückgangs internationaler akademischer Austausche die Aufrechterhaltung einer aktiven internationalen Zusammenarbeit entscheidend sei. Die Entwicklung einer Disziplin könne nicht isoliert von der internationalen Gemeinschaft betrachtet werden. Dies unterstreicht die Bedeutung des kulturellen Austauschs und der globalen Vernetzung. Allerdings ist China mittlerweile ein uninteressantes Ziel für amerikanische Studenten. Amerikanische Unternehmen reduzieren ihre Mitarbeiter in China. Zudem wird China immer mehr als unsicheres Pflaster von Amerikanern angesehen, mit der Gefahr, jederzeit als Spion verhaftet zu werden.

Der Hauptgang: Schwierige Gespräche in Peking

Der viel zu schwere Hauptgang waren die politischen Gespräche mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi und dem Generalsekretär Xi Jinping. In diesen hochrangigen Treffen wurden ernsthafte Themen diskutiert, die die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und China sowie die geopolitische Lage in der Region betreffen.

Blinken betonte wieder einmal die Bedeutung fairer Handelspraktiken zwischen den beiden Ländern. Er äußerte Bedenken über unfaire Praktiken und Überkapazitäten auf dem chinesischen Markt. Amerikanische Unternehmen benötigen einen fairen Wettbewerb, und Blinken machte dies deutlich.

Kurz nach Ende der Reise Blinkens reichte eine Gruppe von sieben führenden US-Solarherstellern Handelsbeschwerden beim Handelsministerium und der US-Handelskommission ein. Sie forderten formell, dass die Biden-Regierung Zölle auf Solarprodukte von chinesischen Firmen verhängt, die aus Südostasien in die Vereinigten Staaten exportiert werden. Diese Maßnahme erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Besorgnis innerhalb der US-Solarindustrie. Die Flut billiger chinesischer Exporte von grüner Energie drückt die Preise für Solarpaneele und bedroht die Bemühungen der Biden-Regierung, eine inländische Solarversorgungskette aufzubauen. Die Beschwerden fordern Untersuchungen der Handelspraktiken von Vietnam, Kambodscha, Thailand und Malaysia.

US-Finanzministerin Yellen äußerte nach Ihrer Reise nach China, dass chinesische Beamte dieses Problem anerkenne. Ob das ein Fehlinterpretation Yellens ist, ist nicht klar. Denn die Äußerung des Sprechers des chinesischen Handelsministeriums folgendermaßen klang anders: “Einige westliche Länder haben China fälschlicherweise der Überkapazität beschuldigt, was unbegründet ist, und China lehnt es entschieden ab. Das Kapazitätsproblem sollte im Kontext der wirtschaftlichen Globalisierung, der globalen Arbeitsteilung und der Marktdynamik objektiv, fair und wissenschaftlich bewertet werden.” Er betonte auch, dass westliche Länder Überkapazitäten als Vorwand für Protektionismus nutzen, was eine typische Selbstwidersprüchlichkeit und Doppelmoral darstelle.

Wie dringend aber das Problem der Überkapazitäten fuer die chinesische Wirtschaft ist, macht noch ein anderes Beispiel deutlich. China verfügt über mehr als 100 Fabriken mit der Kapazität zum Bau von fast 40 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor pro Jahr. Dies ist etwa doppelt so viel wie die Anzahl der Autos, die die in China verkauft werden. Der Absatz von Verbrennern geht aber schnell zurück, da Elektrofahrzeuge immer beliebter werden. Fast alle Elektroautos Chinas werden in neu gebauten Fabriken montiert, die Subventionen von kommunalen Regierungen und staatlich gelenkten Banken erhalten. Für Automobilhersteller ist es günstiger, neue Fabriken zu bauen, als bestehende umzurüsten. Das Ergebnis ist eine enorme Überkapazität. Sollen die Arbeiter, die in diesen Fabriken arbeiten, nicht arbeitslos werden, muss irgendwo auf der Welt neue Absatzmärkte für diese Autos geschaffen werden.

Die Beilagen – Sicherheitspolitische Streitpunkte

Als Beilagen zu diesen Hauptspeisen standen zwei sicherheitspolitische Themen auf dem Speiseplan, die die Spannungen zwischen den USA und China weiter verschärfen. Das eine ist die Lage im Pazifik, genauer einerseits Taiwan, andererseits das Südchinesische Meer und zum anderen die Ukraine-Politik Chinas.

Die Stationierung von Mittelstreckenraketen auf den Philippinen durch die USA hat zu einer deutlichen Reaktion seitens Chinas geführt. Peking betrachtet diese Maßnahme als eine ernsthafte Bedrohung seiner strategischen Interessen in der Region. Die Schritte der USA, wie die Bereitstellung von Tomahawk-Marschflugkörpern in Japan und die Ausbildung von Green-Berets in Taiwan, werden als Teil einer verstärkten Abschreckungspolitik gegenüber einem selbstbewussten und möglicherweise aggressiven Peking interpretiert.

In einer Pressekonferenz äußerte US-Außenminister Blinken die tiefe Besorgnis der Biden-Administration über die wachsende Macht Chinas und die Auswirkungen auf die regionale Sicherheit. Er betonte, dass die USA und ihre Verbündeten entschlossen seien, die Freiheit der Schifffahrt und die Stabilität in der Region zu wahren. Blinken warnte vor den aggressiven Handlungen Chinas im Südchinesischen Meer und bekräftigte das Engagement der USA für die Sicherheit Taiwans.

Auf chinesischer Seite reagierte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums mit scharfer Kritik an den US-Maßnahmen. Er warf den USA vor, die regionale Stabilität zu gefährden und eine unangemessene Einmischung in Chinas Souveränität auszuüben. China betonte, dass es entschlossen sei, seine territorialen Ansprüche im Südchinesischen Meer durchzusetzen und jegliche Provokationen abzuschrecken.

Als weitere Beilage zu den sicherheitspolitischen Themen stand die Ukraine-Politik Chinas auf dem Speiseplan, eine Angelegenheit, die die Spannungen zwischen den USA und China verstärkt und internationale Besorgnis hervorruft.

Die Drohungen mit weiteren Sanktionen gegen China seitens der USA, falls Peking seine Unterstützung für Russland im Krieg in der Ukraine nicht zurücknimmt, waren ein zentrales Thema der Gespräche zwischen US-Außenminister Blinken und hochrangigen chinesischen Vertretern. Blinken betonte die tiefe Besorgnis der Biden-Administration über die chinesische Unterstützung für Russland und warnte vor den Konsequenzen, sollte China nicht aktiv gegen Russlands Aggression in der Ukraine vorgehen.
In einer Pressekonferenz äußerte Blinken, dass die USA bereit seien, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass China keine destabilisierende Rolle in der Ukraine-Krise spielt. Er betonte die Notwendigkeit, den Druck auf Russland durch eine klare Ablehnung chinesischer Unterstützung zu erhöhen und warnte vor einer weiteren Eskalation des Konflikts in der Region.

Die chinesische Seite reagierte auf die Vorwürfe der USA mit der Betonung ihrer eigenen Position. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wies die Anschuldigungen zurück und betonte, dass China keine Partei in dem Konflikt sei. Er unterstrich Chinas Bemühungen um eine diplomatische Lösung und rief zur Deeskalation auf, um die Situation in der Ukraine nicht weiter zu verschärfen.

Während China offiziell betont, „keine Partei“ in dem Ukraine-Konflikt zu sein, steht diese Aussage im Kontrast zur Realität. Tatsächlich nutzt China den Krieg, um Russland in eine abhängige Rohstoffquelle und Markt für chinesische Produkte umzuwandeln. Gleichzeitig liefert China kriegsrelevante Komponenten wie Chips und Ausrüstung an Russland. Trotz des offiziellen Mantras gibt es nur wenige nennenswerte diplomatische Aktivitäten seitens Chinas zur Lösung des Konflikts.

Die Nervosität in Moskau nach dem Besuch zweier hochrangiger US-Vertreter mit Blinken und Yellen zeigt sich in der Ankündigung von Putins geplantem Besuch in Peking. Berichten zufolge ging die Initiative von Russland aus, stieß jedoch auf wenig Gegenliebe seitens Chinas.

USA und China: Beziehungen süß-sauer

In den sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen den USA und China offenbart sich eine komplexe „kulinarische Komposition“: Die USA präsentieren eine ausgewogene Mischung von scharfen Gewürzen und süßen Nuancen. Einerseits drohen sie mit harten Maßnahmen wie Sanktionen und militärischer Aufrüstung, andererseits zeigen sie Bereitschaft zum Dialog, ähnlich der Zusammenstellung verschiedener Geschmacksrichtungen.

China hingegen reagiert mit einer Vielfalt an würzigen Gegenmaßnahmen und süßen Versprechungen, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Diese kulinarische Reaktion spiegelt sich in der Anpassung eigener Gesetze zur Bewältigung möglicher Restriktionen wider, ähnlich der Abstimmung von Zutaten in einem raffinierten Gericht.

Schließlich wäre es wünschenswert, dass beide Seiten nach einem gemeinsamen Essen zusammenkommen, um sich bei einem Digestif zurückzuziehen. In dieser entspannten Atmosphäre könnten sie in wohliger Stimmung ein gemeinsames Verständnis entwickeln und eine Grundlage für künftige Verhandlungen und Zusammenarbeit schaffen. Genug entsprechender Etablissements in Peking gibt es ja, wo in diskreter und angenehmer Atmosphäre all dies bei exzellenten chinesischen Wein und amerikanischen Whiskey all dies ausdiskutiert werden kann.



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5 Kommentare

  1. Nachvollziehbar, daß Außenminister Antony Blinken mit Texas-Steaks punkten kann. In diesem Zusammenhang empfinde ich Genugtuung darüber, daß unsere deutschen Bauern mittlerweile wieder Rindfleisch nach China exportieren dürfen. Die Handelsbeziehungen mit China sollten auf G20-Ebene vereinbart werden, und wären dann ja u.a. für die USA und Deutschland gültig. Was das Zusammenspiel zwischen China und Russland anbelangt, bleiben die Resultate des anstehenden China-Besuchs von Staatspräsident Dr. Wladimir Putin abzuwarten.

    1. @Holger Voss
      Man sollte mal den Artikel lesen, bevor man einen Kommentar dazu schreibt. Blinken hat mit Baozi gepunktet.

  2. An FMW-Nutzer Horst Schlemmer: Genau, wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Bei wem also hier der Handlungsbedarf liegt, ist somit noch aufklärungsbedürftig.

  3. Menschen essen lieber mit Freunden als mit Feinden.
    Es ist ein Symbol, Menschen zum Essen einzuladen, wenn das Signal gesetzt werden soll, dass es als ein freundschaftliches Zusammentreffen angesehen werden soll.
    Man sollte mal die deutsche Außenministerin Baerbock z. B. einige Kurse über psychologische Taktiken geben.
    Denn von der Taktik überzeugen, bitten, drohen, hat sie wohl auch noch nie etwas gehört. Gut einsetzbar in Verbindung bei einem Essen mit einer Person, die „überzeugt werden soll.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  4. Unser Buprä hat das auch gemacht und einen Dönerspieß mit in die Türkei gebracht.

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