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Herbstprojektion Bundesregierung senkt BIP-Prognose ab in die Rezession

Robert Habeck hat soeben die Herbstprognose der Bundesregierung vorgestellt. Demnach erleben wir 2024 eine Rezession.

Deutschland-Flagge und Münzen
Grafik: vitalii_petrushenko-Freepik.com

Für die Herbstprojektion der Bundesregierung wurde bereits seit Sonntag erwartet, dass man die bisherige Erwartung an das Bruttoinlandsprodukt für das Gesamtjahr 2024 herabsenkt in eine Schrumpfung, was Rezession bedeuten würde. Vor wenigen Minuten hat die Bundesregierung ihre Herbstprojektion für die Wirtschaftsleistung (BIP) nun offiziell vorgestellt.

Robert Habeck spricht aktuell vor der Bundespressekonferenz über die Inhalte der Herbstprognose. Am Anfang hat er erstmal betont, wie toll Deutschland ist, wie gut es insgesamt doch läuft und wie gut die Aussichten sind (sinngemäß zusammengefasst). Er hält stolz eine Grafik hoch, wo man sieht, wie die Reallöhne 2022 noch schrumpften, seit 2023 aber wieder wachsen. Er erwartet, dass die Bürger mit zunehmender Kaufkraft auch wieder mehr Geld ausgeben, was die Konjunktur anfachen soll.

Er möchte mit der Herbstprojektion einen positiven Ausblick geben. Aber um den Hauptfakt, um den es heute geht, kommt er nicht herum. Die Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt oder BIP), die im letzten Jahr um 0,3 % geschrumpft ist, soll laut jetziger Prognose in 2024 um 0,2 % sinken. 2025 soll es ein Wachstum von 1,1 % geben. Im April war die Bundesregierung bei ihrer Frühjahresprognose noch von +0,3 % für 2024 ausgegangen, und für 2025 sah man damals +1,0 %.

Hier der offizielle Text zur Herbstprognose: Die Bundesregierung hat heute die Herbstprojektion vorgelegt. Demnach rechnet sie mit einer Belebung der Wirtschaft im kommenden Jahr. Diese ist umso stärker, je schneller und besser die Wachstumsintitaive der Bundesregierung umgesetzt wird.

Derzeit wird die deutsche Wirtschaft zunehmend durch strukturelle Faktoren infolge des demografischen Wandels, einer schwierigeren Wettbewerbsposition und geoökonomischer Fragmentierung beeinträchtigt. Zudem belasten konjunkturelle Effekte wie die anhaltend schwache Nachfrage aus dem In- und Ausland sowie die weiterhin restriktiv wirkende Geldpolitik die wirtschaftliche Entwicklung. Frühindikatoren wie Industrieproduktion und Geschäftsklima weisen darauf hin, dass die konjunkturelle Schwächephase auch in der zweiten Jahreshälfte noch anhält. Zur Jahreswende 2024/25 dürfte sich die Wachstumsdynamik dann wieder allmählich beleben. Positiv sind schon jetzt die sinkende Inflation, spürbar gestiegene Realeinkommen und sinkende Zinsen.

In der Herbstprojektion geht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr preisbereinigt um 0,2 Prozent verringert. Zu Jahresbeginn 2025 dürften die Auftriebskräfte im Zuge einer Belebung des privaten Konsums, einer Erholung der Nachfrage nach Industrieerzeugnissen aus dem Ausland und einer Trendwende bei der Investitionstätigkeit dann wieder an Dynamik gewinnen. Hinzu kommen stützende Effekte von den Maßnahmen der Wachstumsinitiative, mit der die Bundesregierung die strukturellen Probleme Deutschlands systematisch angeht: mit einer Stärkung von Investitionsanreizen, einer Erhöhung der Arbeitsanreize für ältere Beschäftigte, Erleichterungen bei der Fachkräftegewinnung aus dem Ausland, Bürokratieabbau, der dauerhaften Senkung der Stromsteuer für die produzierenden Unternehmen und der Verlängerung der Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen. Insgesamt rechnet die Bundesregierung für das Jahr 2025 mit einer Steigerung des realen Bruttoinlandsprodukts um 1,1 Prozent, 2026 dürfte sich der Anstieg auf 1,6 Prozent nochmal verstärken.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: „Seit 2018 ist die deutsche Volkswirtschaft nicht mehr kräftig gewachsen. Neben konjunkturellen Risiken schlagen jetzt die strukturellen Probleme Deutschlands zu Buche, und das inmitten großer geoökonomischer Herausforderungen. Deutschland und Europa sind mitten in den Krisen eingezwängt zwsichen China und den USA und müssen lernen, sich zu behaupten. Wir haben in der Regierung eine Reihe der strukturellen Probleme angepackt – von der Sicherung der Energieversorgung über Verfahensbeschleunigungen bis zum Bürokratieabbau und dem so drängenen Arbeits- und Fachkräftemangel. Um den konjunkturellen – vor allem aber auch den strukturellen – Herausforderungen entgegenzutreten, hat die Bundesregierung mit der Wachstumsinitiative zusätzlich ein umfassendes Paket zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland vereinbart. Wir sorgen für mehr Arbeits- und Fachkräfte und stärken Investitionen. Mit den Beschlüssen der Regierung zum Bürokratieabbau leiten wir eine Trendwende ein und bauen Bürokratie ab. Die Herbstprojektion zeigt deutlich: Diese Maßnahmen helfen. Wenn sie umgesetzt werden, und zwar vollständig, dann wird die Wirtschaft stärker wachsen, wieder mehr Menschen in Arbeit kommen. Deshalb müssen die Maßnahmen der Wachstumsinitiative jetzt entschlossen von allen umgesetzt werden. Auch die Bundesländern sind aufgerufen, hier ihren Beitrag zum Wachstum zu leisten.

Die Wachstumsinitiative ist ein wichtiger erster Schritt. Es ist aber mehr nötig, damit Deutschland nachhaltig auf den Wachstumspfad zurückkehrt. Hier würde ich gern ein paar erste Impulse setzen: Der Aufbau eines klimaneutralen Stromsystems ist eine Aufgabe von Generationen, die Wirtschaft und die Verbraucher sollten nicht jetzt die vollen Lasten tragen. Deshalb setze ich mich für eine deutliche und verlässliche Senkung der Netzentgelte ein. Zweitens muss die Trendwende beim Bürokratieabbau rasch konkret werden. Maßgabe sollten sein: Nur, was in der Praxis als Erleichterung ankommt, zählt. Das Instrument der Praxischecks, das wir jetzt verpflichtend für die ganze Bundesregierung vereinbart haben, ist ein wichtiger Schritt. Entscheidend ist, dass auch die neue EU Kommisssion Bürokratieabbau zum Kernprojekt macht und Worten Taten folgen lässt. Drittens sollten wir eine neue Innovationskultur unterstützen. Auch dafür ist der Bürokratieabbau entscheidend. Besonders die Datenschutzbürokratie müssen wir drastisch reduzieren. Die Zuständigkeit von 17 Datenschutzbehörden ist für Wissenschaft und Wirtschaft oft eine bürokratische Hürde. Wir brauchen eine Federführung für bestimmte Themen bei einzelnen Ländern, damit Unternehmen nicht jedes mal wieder neu verhandeln müssen, wie sie anonymisierte Daten nutzen können. Wenn Daten das neue Gold sind, dann müssen sie die Unternehmen auch anonymisiert nutzen können. Datenschutz ist wichtig – er muss aber so effizienzt ausgestaltet sein, dass unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht dabei zusehen, wie wo anders die Schätze zusammengetragen werden, während wir in Europa unsere Nuggets quasi unbearbeitet wegschließen.“

Die Herbstprojektion im Detail

Wachstumsimpulse sind im kommenden Jahr vor allem vom privaten Verbrauch zu erwarten, der durch eine steigende Kaufkraft der privaten Haushalte infolge höherer Lohnabschlüsse, rückläufiger Inflationsraten und steuerlicher Entlastungen voraussichtlich wieder ausgeweitet wird. Darüber hinaus dürften die niedrigeren Zinsen die Kauflaune anregen. Auch die deutschen Absatzmärkte im Ausland werden gemäß den Prognosen internationaler Organisationen im Projektionszeitraum wieder etwas kräftiger wachsen und damit die Exporttätigkeit beleben. Dies dürfte – in Verbindung mit günstigeren Finanzierungsbedingungen – wiederum steigende Investitionen in Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge nach sich ziehen. Die Bauinvestitionen werden dagegen trotz einer erwarteten Trendwende im Jahresverlauf 2025 wohl erst im Jahr 2026 wieder spürbar zum Wachstum beitragen.

Die erwartete konjunkturelle Belebung dürfte auch mit einer wieder zunehmenden Arbeitskräftenachfrage einhergehen. Die Beschäftigung wird sich ab dem Frühjahr 2025 wieder etwas dynamischer entwickeln – flankiert durch die arbeitsmarktaktivierenden Maßnahmen der Wachstumsinitiative; bei der Arbeitslosigkeit ist dann wieder mit einer Trendumkehr zu rechnen.

Die Verbraucherpreise sind zuletzt im Vorjahresvergleich unter die Zwei-Prozent-Marke gefallen; im Jahresdurchschnitt 2024 dürften sie um 2,2 Prozent über dem Vorjahr liegen. Im weiteren Projektionszeitraum dürfte die Inflation mit einer Rate von 2,0 Prozent im Jahr 2025 und 1,9 Prozent im Jahr 2026 nahe bzw. unter der Zwei-Prozent-Marke verbleiben. Dabei laufen dämpfende Effekte aufgrund der sinkenden Energiepreise allmählich aus, gleichzeitig gibt der Preisdruck bei den arbeitsintensiven Dienstleistungen erst mit einer gewissen Verzögerung nach. Inflationsmindernde Faktoren sind die weiterhin relativ straffe Geldpolitik, angemessene Tarifabschlüsse und geringere Gewinnmargen.

Mit der Wachstumsinitiative unterstützt die Bundesregierung die Überwindung der wirtschaftlichen Schwächephase – und sichert damit auch längerfristig den Wohlstand in Deutschland.



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7 Kommentare

  1. Moin, moin,

    wenigstens einmal ein planbares Ereignis (hätte hier jemand etwas anderes erwartet?). Schade, dass man darauf nicht traden kann. Aber wer würde schon dagegen halten? Erst wird Wachstum angekündigt und dann im Nachgang nach unten revidiert. Dieser Vorgang wiederholt sich wie Dinner-for-one am 31.12. eines jeden Jahres.

    Die BRD ist wie ein sterbendes Ladengeschäft, dass jede Berichtsperiode nur Minus erwirtschaftet, aber die Ladeninhaber immer von einer besseren Perspektive faseln. Jetzt war zu lesen, dass man nur die Schuldengrenze erhöhen müsse um den Laden wieder ins Laufen zu bringen. Leider ist der Fehler nur der, dass die BRD kein tragbares Geschäftsmodell mehr besitzt und das in Kombination mit einer unfähigen Geschäftsführung. Aber auch hier gilt, der Weltmarkt wird dieses überflüssige BRD-Geschäftsmodell bereinigen. Was wird passieren? Die Geschäftsführer der BRD werden sich hinter verschlossenen Türen auf eine Aussetzung der Schuldenobergrenze einigen. Ergebnis ist zunächst eine optische „Bereinigung“ der Krise. Danach kommt die Klatsche in Form von einer immer höheren Staatsquote (a la Mittelmeerstaaten). Das wissen auch die BRD Geschäftsführer, aber denen ist das egal. Hauptsache erst einmal in Ruhe weiter die Geschäfte führen.

    Wer das durchblickt und die BRD Geschäftsführung kritisiert ist ein Lügner, ein Verschwörer und gehört verboten und unter Beobachtung. Das ändert aber nichts an der Realität.

    Fazit: Im Vergleich des Weltwirtschaftswachstums zu BRD kann nichts anderes gesagt werden, dass mehr als 5 vor 12 ist. Die Hüte fängt an zu brennen. Langsam merkt auch Otto-Normalverbraucher, dass die BRD vor dem wirtschaftlichen Abgrund steht. Was muss noch passieren?

    Und noch kurz für Berlin: Der Weltmarkt ist die Benchmark

  2. Ministerpräsident Viktor Orban verwies aktuell im Europäischen Parlament zu recht darauf, daß die Energiekosten im Vergleich zu denen in den USA zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit gehen. Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck muß sich endlich von einer Energiepolitik, die ausschließlich auf Wasserstoff, Windenergie und Photovoltaik setzt, verabschieden, und sich zur energiepolitischen Agenda der Öl-Allianz OPEC+/Energiemix bestehend u.a. aus fossilem Erdöl, fossilem Erdgas, Wasserstoff, Wasserkraft, Sonnenenergie, Atomenergie, Kohleindustrie, Windenergie und Biomasse bekennen. Orban kritisiert auch das russische Öl-Embargo.

  3. Deutschland ist am Ende. Nur Hubert Aiwanger könnte den Bock umstoßen.

    1. Hubert Hetzschwanger

      @Christoph
      Nur leider findet Hubert Aiwanger noch nicht einmal Zeit für seinen Job als bayerischer Wirtschaftsminister, weil er von Demo zu Demo und von Bierzelt zu Bierzelt hoppelt, wenn er nicht gerade anderswo Goebbels-ähnliche Hasstiraden gegen „Die da oben“ abfeuert 🤬
      Ansonsten stößt er vielleicht zwar keine Böcke um, schießt dafür aber umso mehr.

  4. Wir schaffen das.

  5. Es reicht halt nicht nur das Rot-Grüne-Wahlprogramm umzusetzen, da das nicht mit Blick auf Wirtschaftswachstum geschrieben wurde. Früher war das OK, weil regelmäßig die Regierung sich zwischen rechts und links abwechselte und so der Eine den Unsinn des Anderen bereinigte. Geht heute nicht mehr, da wir im Grunde seit Merkel 1 eine Dauer-GroKo haben, jetzt halt mit FDP als Gegenpart. Weshalb übrigens auch die Ränder ständig stärker werden und die Mitte kleiner. Übrigens, das wird sich bei der nächsten BTW fortsetzen. In Ostdeutschland verschärft sich das noch, da dort CDU zusammen mit BSW gehen werden. Übrigens, in Frankreich und Italien ist die Mitte schon fast nicht mehr zu sehen. PS: Gestern habe ich gelesen, dass die Autoindustrie in Italien 1/3 der Produktion in den letzten Jahren verloren hat – es geht also noch schlimmer als bei uns.

    Aber warum schreibe ich das überhaupt? Ändert doch nichts. Die Wähler und die Politiker der Mitte stecken fest und einen Ruck wird es nicht geben. Bei der Eurokrise kam die Brechstange von außen, die die selbe Klemme in der Euro-Staaten aufbrach. Früher oder später werden wir da auch sein und dann wird es entweder ein Totalschaden oder man besinnt sich.

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