Allgemein

China und der Konsum: Die Partei wird es (nicht) richten

Der schwache Konsum bleibt eines der größten Problemfelder in China, und es scheint fraglich, ob die Partei in der Lage ist, ihn anzukurbeln

China-Flagge
China-Flagge. Foto: toa55 - Freepik.com

Der schwache Konsum bleibt eines der größten Problemfelder in China, und es scheint fraglich, ob die Partei in der Lage ist, ihn anzukurbeln, auch wenn beim „3. Plenum“ Reformen zur Belebung des Konsums angekündigt wurden. Das am Donnerstag zu Ende gegangene sogenannte “3. Plenum” der Kommunistischen Partei Chinas hinterließ bei Analysten und Beobachtern zunächst eine gewisse Enttäuschung, da die Erwartungen bereits relativ gering waren. Auch nach der Pressekonferenz am Freitag änderte sich dieser Eindruck nicht wesentlich. Am Sonntag veröffentlichte Xinhua jedoch ein Kommuniqué von Xi Jinping im Namen des Politbüros über die Ergebnisse des “3. Plenums”.

Zeitgleich erschien von der Rhodium Group eine Analyse über eines der wichtigsten Problemfelder der chinesischen Wirtschaft, nämlich den schwachen Konsum. Während das Kommuniqué von Xi Jinping nicht viel über die internen Analysen innerhalb der kommunistischen Führung preisgibt, bietet der Bericht der Rhodium Group eine tiefgreifende Betrachtung der Konsumschwäche in China, sowie mögliche Lösungsansätze. Interessanterweise spiegeln sich viele dieser Erkenntnisse auch in den Diskussionen und Beschlüssen des 3. Plenums wider.

Rhodium Group analysiert Reformbedarf in China

Der Rhodium-Bericht hebt hervor, dass das investitionsgetriebene Wachstum in China seinen Höhepunkt erreicht hat und das Finanzsystem nicht mehr in der Lage ist, das gleiche Tempo der Kreditausweitung wie im letzten Jahrzehnt zu erzeugen. Dies bedeutet, dass das Wachstum des privaten Konsums der wichtigste Faktor für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung Chinas sein wird. Ohne bedeutende fiskalische Reformen wird das langfristige Wachstum des privaten Konsums voraussichtlich auf etwa 3 bis 4 Prozent pro Jahr in realen Werten in den nächsten fünf bis zehn Jahren verlangsamen. Dies wird das gesamte BIP-Wachstum auf etwa 3 Prozent begrenzen. Der Bericht betont auch, dass die Einkommensungleichheit und die niedrigen Haushaltseinkommen den Konsum in China erheblich einschränken. Fiskalische Transfers vom Staat zu einkommensschwachen Haushalten und eine progressivere Einkommensverteilung könnten zusätzliche Ausgaben anregen.

Ein weiterer wichtiger Punkt des Rhodium-Berichts ist die Notwendigkeit, die Grundlagen der Landwirtschaft zu stärken und die Einkommensunterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten zu verringern. Auch dies findet sich im Entwurf der Resolution des Plenums wieder, der Pläne zur Verbesserung der Institutionen und Mechanismen für die integrierte Entwicklung von Stadt und Land enthält. Dazu gehören die Konsolidierung und Verbesserung des ländlichen Betriebssystems und der Unterstützungssysteme zur Stärkung der Landwirtschaft.

Pettis: Konsumwachstum entscheidend

Michael Pettis, angesehener Finanzprofessor an der Beijing University, veröffentlichte eine ausführliche Antwort auf den Rhodium-Bericht. Er stimmt den meisten Punkten zu, fügt jedoch hinzu, dass ein Konsumwachstum von 3 bis 4 Prozent in China, während die Wirtschaft umbalanciert wird, historisch gesehen ziemlich gut wäre. Er argumentiert, dass das BIP-Wachstum Chinas weitgehend eine Funktion des Konsumwachstums sein wird und dass eine Verzögerung des Umverteilungsprozesses und die Aufrechterhaltung höherer Investitionswachstumsraten nur zu einer zunehmend riskanten und störenden Ausweitung der Schuldenlast führen würden. Pettis betont auch, dass, selbst wenn das BIP-Wachstum sinkt, die chinesischen Einwohner dies möglicherweise nicht spüren werden, da der Lebensstandard nur etwas langsamer steigt als zuvor.

Auch die kommunistische Partei erkennt Reformbedarf

Der Entwurf der Resolution des Plenums enthält ebenfalls Pläne zur Vertiefung der Reform des Fiskal- und Steuersystems, einschließlich der Erweiterung der Steuerquellen auf lokaler Ebene und der Bereitstellung weiterer fiskalischer Ressourcen für lokale Regierungen. Der Entwurf der Resolution des 3. Plenums enthält umfassende Pläne zur Vertiefung der Reform des Fiskal- und Steuersystems, die darauf abzielen, die wirtschaftliche Struktur Chinas zu verbessern und den Konsum zu fördern. Ein zentraler Aspekt dieser Reformen ist die Erweiterung der Steuerquellen auf lokaler Ebene, was den lokalen Regierungen mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen soll. Dies ermöglicht es ihnen, gezielter in Projekte zu investieren, die das lokale Wirtschaftswachstum und den Konsum in China ankurbeln. Dies steht im Einklang mit den Empfehlungen der Rhodium Group, die betont, dass fiskalische Ressourcen von der Zentralregierung und den wohlhabenden Schichten zu den einkommensschwachen Haushalten verlagert werden sollten, um den Konsum zu steigern.

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, mehr fiskalische Ressourcen auf die lokalen Regierungen zu übertragen, um deren finanzielle Autonomie zu stärken. Dies entspricht der Empfehlung der Rhodium Group, die die Notwendigkeit hervorhebt, fiskalische Transfers zu einkommensschwachen Haushalten zu fördern. Durch solche fiskalischen Transfers könnten einkommensschwache Haushalte mehr finanzielle Mittel für den Konsum zur Verfügung haben, was wiederum die Gesamtnachfrage in der Wirtschaft steigern würde.

Ein weiterer wichtiger Punkt der Resolution ist die Verbesserung der Mechanismen zur Förderung der Innovation und der Entwicklung neuer produktiver Kräfte. Dies umfasst Maßnahmen zur Erhöhung des institutionellen Angebots in neuen Bereichen und zur Schaffung eines Mechanismus zur Sicherstellung der Finanzierung zukunftsorientierter Industrien. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft zu stärken, was langfristig auch den Konsum fördern könnte. Auch die Rhodium Group betont die Notwendigkeit, die Innovationskapazität zu stärken, um qualitativ hochwertiges Wachstum zu erreichen.

Die Resolution betont auch die Notwendigkeit, die Rolle und Governance der Finanzinstitutionen zu verfeinern und die Funktionen des Kapitalmarktes zu verbessern. Dies soll dazu beitragen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Investitionen und Finanzierung zu schaffen und das finanzielle Umfeld für Unternehmen und Verbraucher zu verbessern. Durch die Stärkung der Finanzmärkte und die Verbesserung der finanziellen Infrastruktur können die Bedingungen für Konsumkredite und Investitionen verbessert werden, was ebenfalls den Konsum ankurbeln könnte. Auch hier decken sich die Empfehlungen der Rhodium Group mit den Beschlüssen des Plenums, die eine stärkere finanzielle Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen für Konsumenten und Unternehmen fordern.

Der Reformgeist ist willig, die Partei ist schwach

Auch wenn die Rhodium Group und die Führung der Kommunistischen Partei anscheinend bei der Analyse zu ähnlichen Schlüssen gekommen sind und auch ähnliche Lösungsansätze sehen, liegt das Hauptproblem in der Umsetzung. Die Erfahrung mit der Regierung von Xi Jinping zeigt, dass diese nicht reformorientiert ist, sondern stark von ideologischen Überzeugungen geprägt wird. Die Umsetzung hängt maßgeblich von einer effizienten, korruptionsfreien und starken lokalen Verwaltung ab. In der Tat erwähnt das 3. Plenum die Förderung der Dezentralisierung durch die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf lokale Ebenen. Dem steht jedoch die “Tiger und Fliegen”-Antikorruptionskampagne entgegen, bei der bisher mehr als zwei Millionen Beamte bestraft wurden – angefangen von einem Rüffel bis hin zur lebenslangen Haft. China ist und war unter kommunistischer Herrschaft immer zentralistisch organisiert, und wird es auch bleiben. Dies führt zu einem fundamentalen Dilemma: Dezentralisierung und strikte Kontrolle gleichzeitig zu betreiben. In der Praxis führt die “Tiger- und Fliegen”-Kampagne zu einer Kultur der Risikovermeidung und Entscheidungsunfähigkeit.

Die Analysten hörten die Botschaft wohl, allein ihnen fehlt der Glaube, dass Xi auch die Reformen umsetzen wird. Auch die chinesische Zentralbank zeigte sich skeptisch und reagierte am Montag mit einer Senkung des Leitzinses für kurzfristige Darlehen. China scheint das Tal der Tränen noch länger durchschreiten zu müssen.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage