Die Chipaktien waren gestern im Ausverkauf! Die weltgrößten Technologieunternehmen gerieten unter Druck, als die Sorge um strengere US-Beschränkungen für Chipverkäufe nach China die Stimmung verdüstert hat. Sowohl in den USA als auch in Europa und Asien gerieten Chipaktien stark unter Druck. Die amerikanischen Großkonzerne Nvidia, Advanced Micro Devices und Broadcom drückten den vielbeachteten Philadelphia Halbleiterindex um fast 7 % – der stärkste Rückgang seit 2020. Im Chart sehen wir seine prozentuale Entwicklung seit Februar (+27,91 %) mit dem jüngsten Absturz – im Vergleich dazu der Nasdaq 100 in orange mit +15,89 % seit Februar. In Europa stürzte ASML um über 10 % ab, nachdem der niederländische Riese starke Aufträge gemeldet hatte. Ein Einbruch bei Tokyo Electron führte zu Verlusten beim Nikkei 225 Stock Average.
Bloomberg berichtet wie folgt mit Einordnungen und Expertenaussagen: Am Mittwoch setzte sich der jüngste Trend fort, dass sich kapitalisierungsgewichtete Indizes schlechter entwickelten als der Durchschnitt der Aktien, was eine Folge der Schwäche der Megacaps ist, die sie dominieren. Da Unternehmen wie Apple und Microsoft jeweils 7 % des S&P 500 ausmachen, sind Verluste selbst dann schwer auszugleichen, wenn die meisten Indexmitglieder im Plus liegen – wie es heute der Fall war.
Die Biden-Administration teilte Verbündeten mit, dass sie strenge Beschränkungen in Erwägung zieht, wenn Unternehmen wie Tokyo Electron und ASML China weiterhin Zugang zu fortschrittlicher Halbleitertechnologie gewähren. „Diese Nachricht an der Chipfront ist die Art von UFO (UnForeseen Occurrence), die in der Tat die Art von Verkäufen auslösen könnte, die der Katalysator für eine handelbare Korrektur am Aktienmarkt sein könnte“, sagte Matt Maley von Miller Tabak + Co. „Die breiten Indizes sind inzwischen stark überkauft“.
Der S&P 500 fiel um 1,4 %, während der technologielastige Nasdaq 100 seinen schlechtesten Tag seit 2022 erlebte. Ein Bloomberg-Indikator für die „Magnificent Seven“ Megacaps gab um 3,5 % nach. Der Russell 2000 der kleineren Unternehmen fiel um 1,1 %. Der Angstmesser der Wall Street – der VIX – erreichte den höchsten Stand seit Anfang Mai. In den späten Handelsstunden gab United Airlines Holdings einen rückläufigen Ausblick.
Zwei Chipaktien trotzten dem Ausverkauf: Intel und Globalfoundries. Der Dow Jones Industrial Average kletterte den sechsten Tag in Folge und erreichte damit einen neuen Rekord. Finanzwerte schnitten besser ab, wobei U.S. Bancorp aufgrund solider Ergebnisse zulegen konnte. Der Anleihemarkt verzeichnete kleine Bewegungen. Das Beige Book der Federal Reserve zeigte ein leichtes Wirtschaftswachstum und eine Abkühlung der Inflation. Der bemerkenswerteste Redner am Mittwoch war Gouverneur Christopher Waller, der sagte, die Fed sei einer Zinssenkung „näher gekommen“, aber noch nicht so weit. Der Yen führte mit einem Anstieg von fast 1,5 % die Kursgewinne der wichtigsten Währungen an.
Die Regierung Biden befindet sich in einer heiklen Lage. US-Unternehmen sind der Meinung, dass sie durch die Exportbeschränkungen nach China ungerecht bestraft werden, und drängen auf Änderungen. Die Verbündeten hingegen sehen wenig Grund, ihre Politik zu ändern, wenn die Präsidentschaftswahlen nur noch wenige Monate entfernt sind.
Unterdessen stellte Donald Trump in einem Interview mit Bloomberg Businessweek in Frage, ob die USA die Pflicht haben, Taiwan – ein wichtiges Zentrum der Halbleiterherstellung – zu verteidigen. „Normalerweise sind die Auswirkungen dieser Art von Schlagzeilen nicht von langer Dauer, aber in diesem Fall ist anzumerken, dass sich die Chipaktien in den letzten Wochen schlechter entwickelt haben als der breite Markt“, so die Strategen der Bespoke Investment Group. „Das ist also etwas, das man im Auge behalten sollte.
Die unterdurchschnittliche Performance der Technologieunternehmen folgt auf eine erste Jahreshälfte, in der Megacaps den Markt nach oben getrieben haben, was die Bewertungen dieser Unternehmen in die Höhe getrieben und ihnen für den Rest des Jahres 2024 ein schwierigeres Umfeld beschert hat.
Kann der Markt auch ohne den Technologiesektor weiter zulegen? „Ein Großteil der diesjährigen Aktiengewinne stammt von einer Handvoll Namen, die derzeit von der Politik direkt bedroht werden“, sagt Jose Torres von Interactive Brokers. „Eine wichtige Frage ist, ob der Rest des Marktes, dem es im Allgemeinen an spannenden Geschichten auf relativer Basis mangelt, die nachlassende Dynamik der ‚Magnificent Seven‘-Aktien ausgleichen kann.“
Bei Goldman Sachs Group Inc. sagt Scott Rubner: „Ich kaufe die Baisse nicht.“ Der taktische Stratege wettet, dass der S&P 500 von hier aus nur noch nach unten gehen kann. Das liegt daran, dass dieser Mittwoch, der 17. Juli, historisch gesehen einen Wendepunkt für die Renditen der Aktienbenchmark markiert hat, sagt er und zitiert Daten, die bis ins Jahr 1928 zurückreichen. Was dann folge, sei der August – normalerweise der schlimmste Monat für Abflüsse aus passiven Aktien- und Investmentfonds.
Jonathan Krinsky von BTIG meint, der Markt nähere sich dem Ende des typischen Hausse-Fensters“. Die Stimmung in den Umfragen und bei den Transaktionsindikatoren sei nach wie vor äußerst selbstgefällig, so Krinsky. „Die Umschichtung von Megacaps in zyklische Werte und Small Caps ist zwar ermutigend, wirkte aber etwas gezwungen, da sie in so kurzer Zeit stattfand“, so Krinsky. „Selbst wenn es sich um eine längerfristige Rotation handelt, werden wir diese neue Führung wahrscheinlich erst nach einer Korrektur mit höherer Korrelation erkennen können und dann sehen, was daraus resultiert.
FMW/Bloomberg
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