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Warnsignale werden ignoriert Dax mit neuem Rekordhoch – Abkopplung von der Realwirschaft

Dax mit neuem Rekordhoch - Abkopplung von der Realwirschaft
Dax-Chart an der Frankfurter Börse. Foto: Alex Kraus/Bloomberg

Deutschlands Wirtschaft ist im letzten Quartal geschrumpft, die Industrie und vor allem die Automobilbranche stecken in der Krise, der größte Handelspartner China ist angeschlagen und die zutiefst unpopuläre Regierung ist auf Irrwegen. Und doch steigen die Aktien im Deutschen Aktienindex (Dax) gerade auf ein neues Rekordhoch von 18.990,78 Punkten. Der deutsche Aktienmarkt trotzt der deutschen Wirtschaftsflaute, wie man es lange nicht gesehen hat.

Die Aussicht auf Zinssenkungen der EZB lässt alle wirtschaftlichen und geopolitischen Probleme in den Hintergrund rücken. Das aktuelle Mantra lautet: Es kann ja nur alles besser werden. Aber auch wenn es tatsächlich besser wird, bleibt die Frage, ob die Dax-Kurse nicht schon viel zu weit vorausgelaufen sind?

Dax: Abkopplung von der Realwirtschaft

Aufgrund der Diskrepanz zwischen Dax und fundamentaler Lage fragen sich die Anleger, ob der Index seine diesjährigen Gewinne von 13 % weiter ausbauen kann, da die Indikatoren für das Vertrauen der Investoren und Unternehmen auf eine weitere Konjunkturschwäche hindeuten. Wie Bloomberg berichtet, scheint der Dax sich derzeit völlig von der Realwirtschaft abzukoppeln.

Wirtschaft: Diskrepanz zwischen Dax und Realwirtschaft
Dax koppelt sich von den deutschen Geschäftserwartungen ab | Die deutschen Ifo-Erwartungen waren in letzter Zeit schwach

Die Erholung ist umso bemerkenswerter, als eine der bekanntesten Industrien des Landes, die Automobilindustrie, eine Flaute erlebt. Die Aktien der Volkswagen AG, der BMW AG und der Porsche AG sind im Jahr 2024 alle um 11 % oder mehr gefallen, was zum Teil auf die Schwäche in China, einem wichtigen Handelspartner, zurückzuführen ist. VW sagte am Montag, dass das Unternehmen erstmals Werksschließungen in Deutschland in Erwägung zieht.

„Die Unternehmen geben offensichtlich immer mehr die Hoffnung auf, dass die Konjunktur anspringt“, sagte Ralph Solveen, Volkswirt bei der Commerzbank AG. „Das verheißt nichts Gutes für die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten.“

Dax-Aktien erreichen ein Rekordhoch trotz schwacher Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft kämpft um ein nennenswertes Wachstum

Dax mit Rekordjagd

Die deutschen Aktien gerieten Anfang August in den Sog des weltweiten Börsenabsturzes und machten einen Großteil des Jahresgewinns wieder zunichte. Doch der Dax hat sich mit einem Plus von 9,2 % von seinem Tief am 5. August bis zum Rekordschluss am Montag bei 18.930,85 Punkten erholt. Am Dienstagvormittag setzte sich die Rallye fort, wobei der Index zeitweise an der Marke von 19.000 Punkten kratzte.

Die Anleger hatten die August-Rallye nicht kommen sehen, sodass sie für viele von ihnen wahrscheinlich schmerzhaft war: Im letzten Monat wurde Deutschland in einer Umfrage der Bank of America unter Fondsmanagern zum mit Abstand am wenigsten bevorzugten Markt in Europa benannt.

Der Dax hat sich zum Teil deshalb als widerstandsfähig erwiesen, weil er viele Exporteure enthält, die weniger an das deutsche Wachstum gebunden sind als kleinere Unternehmen. Der Dax Mid-Cap Index (MDax) hingegen ist in diesem Jahr um 5,4 % gesunken und liegt immer noch etwa 30 % unter seinem Höchststand von 2021.

Warnsignale am Horizont

Anzeichen für Risiken gibt es viele: Während sich die Aktien der deutschen Banken gut entwickeln, haben die Kreditgeber ihre Rückstellungen für faule Kredite im ersten Halbjahr um fast 50 % erhöht. Der Grund? Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform stiegen die Unternehmensinsolvenzen in diesem Zeitraum um fast 30 % und erreichten damit den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt.

Deutschland: Steigende Ausfallrisiken für deutsche Banken
Steigende Ausfallrisiken für deutsche Banken

Und Deutschland sieht sich im Vorfeld der Bundestagswahl im nächsten Jahr einer wachsenden politischen Unsicherheit gegenüber. Die Sozialdemokraten von Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Koalitionspartner mussten bei den Regionalwahlen am Sonntag Verluste gegen populistische Parteien hinnehmen. Das Ergebnis wird die Regierungskoalition wahrscheinlich weiter belasten“, so die Ökonomen der Deutschen Bank AG, Marion Muehlberger und Ursula Walther. Bislang haben die politischen Risiken aber kein Einfluss auf den Dax.

Politische Probleme haben keine Auswirkung auf den Dax
Deutsche Konservative und Rechtsextreme führen in nationalen Umfragen | Weniger als ein Drittel der Wähler unterstützen die drei Regierungsparteien

Die Aussichten werden durch die anhaltende Schwäche in China, einem wichtigen Handelspartner Deutschlands, nicht verbessert. Im August schrumpfte die Produktion in China den vierten Monat in Folge. Zudem hat das Land immer noch mit einem anhaltenden Immobilienabschwung und einer schwachen Konsumtätigkeit zu kämpfen. Die Handelsspannungen mit dem Land sind ein weiterer Gegenwind, vor allem für die Automobilindustrie.

Dax-Aktien steigen auf Rekordhoch trotz Warnsignalen
China ist ein wichtiger Treiber für deutsche Aktien | Die relative Performance deutscher und chinesischer Aktien divergiert

Hoffnung auf Besserung

Trotz alledem sehen die Anleger eine bessere Zukunft für die Unternehmen im deutschen Leitindex. Sie bewerten den Dax jetzt mit dem fast 13-fachen der geschätzten Gewinne, gegenüber weniger als dem 10-fachen im Oktober, dem jüngsten Tiefpunkt der Bewertung. Doch nicht alle 40 Dax-Unternehmen sorgen für den starken Aufwärtstrend.

Laut den Bloomberg-Intelligence-Strategen Kaidi Meng und Laurent Douillet ist ein Großteil der diesjährigen Aufwertung auf die SAP-Aktie zurückzuführen. Das deutsche Softwareunternehmen ist ein Nutznießer des Hypes um künstliche Intelligenz. SAP ist jetzt mit 15 % im Index gewichtet, und sein Kurs-Gewinn-Verhältnis ist in diesem Jahr von 23 auf 35 gestiegen, den höchsten Wert seit mindestens 20 Jahren. Aber auch andere Aktien wie die Versicherer Allianz und Hannover Rück treiben die Rallye an.

Strategen sagen, es sei schwer zu erkennen, was eine weitere Etappe der Rallye auslösen könnte. Denn es ist mittlerweile viel Optimismus in die Kurse eingepreist.

„Der deutsche Aktienmarkt steht vor einem vorsichtigen Ausblick für die zweite Jahreshälfte, da die Gewinndynamik nachlässt, eine große Abhängigkeit von China besteht, sektorspezifische Risiken vorhanden sind und eine europäische Konjunkturerholung unwahrscheinlich ist“, so die Strategen von Bloomberg Intelligence. „Der Dax braucht neue Katalysatoren, um Aufwärtspotenziale zu erschließen“.

FMW/Bloomberg



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5 Kommentare

  1. Man hat den Eindruck, dass überall nur noch mit gezinkten Karten gespielt wird, egal ob in der Politik, den Medien oder der Wirtschaft – nichts passt mehr zur Realität und Regeln aus vergangenen Zeiten scheinen allenorts ausgehebelt und nichts mehr wert zu sein. Irre.

    1. Und das wird noch schlimmer werden, je intelligenter die KI wird und je mehr Einfluss sie auf den Alltag hat.
      Fake und Wirklichkeit verschmelzen, keiner traut keinem mehr…. ALU-Hüte überall….

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Der DAX ist ein Performance Index und kein Kursindex.

    Im DAX Performance Index sind sämtliche Dividenden und Bezugsrechte aus Kapitalerhöhungen künstlich mit eingerechnet.

    Beide Indizes sind rückblickend am 30.12.87 bei exakt 1000 Punkten gestartet.

    Im DAX Kursindex stehen wir im Moment rund 1000 Punkte über den Hochs des Jahres 2000…

    1000 Punkte in knapp 24,5 Jahren…Ist das viel…?

    Alle großen Indizes werden international nur als reine Kursindexe veröffentlicht…

    Die Veröffentlichung als Performance Index ist ne deutsche Macke und resultiert aus der damals hohen deutschen Umlaufrendite…( rund 8 Prozentpunkte ,Ende der Achtziger)…

    Man wollte den Index größer erscheinen lassen, als er in Wirklichkeit ist…

    Warum künstlich mit eingerechnet…? Nun ganz einfach, die meisten der Marktteilnehmer lassen sich ihre Dividenden und Bezugsrechte aus Kapitalerhöhungen immer auszahlen, fahren davon in Urlaub, gehen schick essen usw….

    Sie reinvestieren diese Dividenden und Bezugsrechte aus Kapitalerhöhungen aber nicht….

    Denn wenn sie es täten, dann wären Kurs- und Performance Index immer gleichauf…

    Und wenn dann müsste man den Dax Performance Index mit dem Dow Jones Total Return Index vergleichen…

    Denn natürlich zahlen auch amerikanische Unternehmen ihren Aktionären Dividenden und Bezugsrechte aus Kapitalerhöhungen aus…

    Eine weitere Besonderheit kommt nun noch hinzu ( Seit Herbst 2021)

    Der DAX wurde um zehn Werte aufgestockt. Vorbild für den DAX ist nun nicht mehr der Dow, mit seinen 30 Werten, sondern der französische Leitindex CAC 40…

    Die Hintergründe sind in der geplatzten Dot Com Blase zu suchen…

    Damals hieß das Motto, Schluss mit den vielen Versprechungen, ab sofort zählt nur noch die Substanz…

    Substanz, Substanz, Substanz…

    Folglich performte der kleine Bruder vom DAX, der MDax den DAX immer aus…

    Das war so früher nicht der Fall…

    Der MDax galt in den Neunzigern als alter Opa Index für Leute ohne Phantasie…

    Nun ja, aber nach der Jahrtausendwende wurde diese Entwicklung immer schlimmer aus Sicht des Dax…

    Vor allem ausländische Investoren, die rund 50 Prozent des DAX darstellen, beschwerten sich deshalb bei der Deutschen Börse AG über dessen Underperformance…

    Gesagt getan…nach rund 21 Jahren der Outperformance schritten die Verantwortlichen der Deutschen Börse AG zur Tat…

    Sie holten die besten 10 deutschen Werte einfach von unten hoch…

    Damit war die Outperformance des kleinen Bruders MDax ein für allemal gebrochen….

    1. @Dr.Schaarschmidt
      Also so genau deckungsgleich mit dem schon in der Vorwoche gegebenen Kommentar zum gleichen Thema. Copy and Paste liest sich dann iwann nicht mehr honorig! Dann lieber nix dazu sagen, als den gleichen Erklärbar auf die Wiese zu jagen.
      Und deswegen erspare ich mir meinen Versuch, meine Meinung dazu niederzuschreiben. Wenn schon jemand seine ehrlichen Gedanken zu den vorgegebenen Texten und Themen äußert und niederschreibt, sollte man sich respektvoll bemühen, diese individuellen Überlegungen mit einer entsprechenden Einlassung zu begleiten. …denke ich….

  3. @Sebastian. Wem erzählst du das alles zum 50. Mal, du Mr. Wichtigtuer? Allein der Schreibstil!

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