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Arbeitsmarkt Demografiewandel: Indien hat genau das gegenteilige Problem

Der Demografiewandel sorgt hierzulande für immer mehr Probleme am Arbeitsmarkt. Indien hat das gegenteilige Problem. Ein Blick auf Daten.

Der Demografiewandel in Europa und auch speziell in Deutschland schlägt bereits mit voller Wucht zu (hier dazu Daten vom Statistischen Bundesamt). Immer mehr Menschen gehen in Rente, immer weniger junge Menschen rücken in den Arbeitsmarkt nach. Noch vor wenigen Jahren war der Arbeitsmarkt ein Arbeitgebermarkt, jetzt ist es umgekehrt. Arbeitgeber dürfen dankbar sein, wenn sich überhaupt noch Menschen auf ihre offenen Stellen bewerben. Händgeringend suchen Unternehmen in Dienstleistungsbranchen und Industriebetriebe Mitarbeiter. Und so bleiben die Arbeitslosenquoten selbst in Krisenzeiten auf tiefem Niveau, wie auch die Daten in Deutschland jüngst gezeigt haben. Ein Milliardenvolk wie Indien kämpft derzeit mit genau dem gegenteiligen Phänomen.

Indien hat zu viele arbeitsfähige Menschen, aber zu wenige Arbeitsplätze im Angebot. Dabei fällt einem sofort die Lösung ein: Arbeitswillige Inder nach Europa gezielt auf bestimmte offene Stellen anwerben? So wären beiden Regionen geholfen? Schauen wir auf aktuelle Zahlen. Die indische Arbeitslosenquote ist im Dezember auf den höchsten Stand seit der landesweiten Pandemieabriegelung gestiegen, da das Land darum kämpft, genügend Arbeitsplätze zu schaffen, um die wachsende Zahl der Arbeitskräfte aufzunehmen, so aktuelle Informationen von Bloomberg.

Die Arbeitslosenquote lag in den ersten drei Dezemberwochen bei über 8 % der verfügbaren Arbeitskräfte, schrieb Mahesh Vyas, Leiter des Centre for Monitoring Indian Economy Pvt. Ltd, in einer Kolumne für die Zeitung Business Standard. Seit der ersten Corona-Sperrung in Indien im Jahr 2020 ist die Quote nicht mehr über 6-8 % hinausgegangen.

Laut Vyas zeigen die wöchentlichen Daten, dass mehr Menschen in Indien ins Erwerbsleben eintreten, aber das Beschäftigungswachstum nicht Schritt hält. Die Arbeitslosigkeit in städtischen Gebieten stieg in der Woche, die am 18. Dezember endete, auf einen Rekordwert von 10,9 %. In ländlichen Gebieten lag die Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum bei 8,4 %. Im November waren es noch 7,6 %.

Daten zum Arbeitsmarkt aus Indien zeigen gegenteiligen Demografiewandel

Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in den letzten Monaten sei „etwas besorgniserregend“, schrieb Vyas, da er „nicht durch die saisonale Zu- und Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft erklärt werden kann“. Die Erntesaison in Indien ist bisher besser verlaufen als in den drei Vorjahren. Laut Vyas ist die Qualität der Arbeitsplätze ein Faktor. Während die Arbeitslosigkeit auf dem Land hoch ist, ist es die Beschäftigungsquote auch.

„Letzteres bedeutet, dass das ländliche Indien in der Lage ist mehr Arbeitsplätze zu schaffen als früher. Aber Ersteres bedeutet, dass man nicht in der Lage ist, angemessene Arbeitsplätze zu schaffen“, schrieb er. Die durchschnittliche ländliche Beschäftigungsquote lag in den ersten drei Dezemberwochen in Indien bei 38,6 %, verglichen mit 37,5 % im November, aber die Erwerbsbeteiligung stieg im gleichen Zeitraum von 40,4 % auf 42,2 %.

FMW: Die Bevölkerungszahl in Indien ist alleine in den letzten zehn Jahren um 143 Millionen auf 1,393 Milliarden Menschen gestiegen! Mit Blick auf den Demografiewandel hat man also das gegenteilige Problem! Exemplarisch für viele Entwicklungsländer kann man diese Daten aus Indien betrachten. Hohes Bevölkerungswachstum, und zu wenige zusätzliche Arbeitsplätze, um zu viele Menschen zu ernähren. Europa hat genug Jobs im Angebot, aber zu wenige Arbeitskräfte. Wann starten wir eigentlich mal ein klar umrissenes, gezieltes Anwerben von Arbeitnehmern für bestimmte Branchen und Berufe, um ganz konkrete Probleme am hiesigen Arbeitsmarkt zu lösen? Bisherige Versuche scheinen in bedeutendem Umfang ja kaum funktioniert zu haben.

FMW/Bloomberg

Menschen in Mumbai
Menschen in Mumbai. Photographer: Dhiraj Singh/Bloomberg


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3 Kommentare

  1. also wir beschäftigen bei uns seit einigen Jahren Inder. vielleicht auch bald in Indien. „Unsere“ sind sehr angenehm und haben einen gute Leistungsfähigkeit. Ein Inder ersetzt ca. 1,5 einheimische Arbeitskräfte.

    1. Sagen Sie das nicht zu laut, denn in Deutschland denkt man immer noch WIR haben die besten Arbeiter und die fleißigsten. Deswegen der hohe Lebensstandard durch den Fleiß und die Arbeitswilligkeit. Das war einmal, schon recht lange her. Wenn ich mir seit Jahren in China die Menschen ansehe wie die reinhauen – nicht, daß ich danach strebe, der Mensch ist von Geburt an bequem – dann kann ich mir ausmalen wie die uns überholen und einnehmen werden. Allein schon was dort in den Schulen – was man so landläufig mitbekommt – an Leistung verlangt wird.
      In Indien, oder anderen asiatischen Ländern, wird es ähnlich sein. Auch in Lateinamerika werden die Menschen nicht fauler sein wie bei uns, eher umgekehrt, um sich ein wenig Lebensstandard zu schaffen. Es ist unsere Überheblichkeit zu glauben, oder sogar zu wissen, wir sind den anderen (Rassen sagt man ja nicht mehr, denkt man aber) überlegen. Das ist Dummdenken, Eingebildetheit, trägt auch unsere Regierung zur Schau.

  2. Pingback: das-bewegt-die-welt.de

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