Allgemein

Der Streit um die Deutungshoheit: Was denn nun? Reichtum, Armut, Ungleichheit, oder ist doch alles besser als gedacht?

Die Entwicklungshilfeorganisation "Oxfam" präsentierte jüngst wie jedes Jahr pünktlich zum Start des Weltwirtschaftsforums in Davos ihre "großen Zahlen" zur großen Ungerechtigkeit in der Welt, mit den wenigen Reichen, die immer mehr...

FMW-Redaktion

Die Entwicklungshilfeorganisation „Oxfam“ präsentierte jüngst wie jedes Jahr pünktlich zum Start des Weltwirtschaftsforums in Davos ihre „großen Zahlen“ zur großen Ungerechtigkeit in der Welt, mit den wenigen Reichen, die immer mehr besitzen, und den vielen Armen, die immer weniger haben (leicht vereinfacht zusammengefasst). Da mag auch viel richtiges dran sein an dieser Sichtweise.

Aber wir schrieben schon beim Oxfam-Artikel: Vieles dieser Zahlenspiele ist Ansichtssache. Es geht oft darum, welche Quellen man heranzieht, welche Zahlen man in seine Statistik einbaut, und welche man bewusst oder unbewusst weglässt. Und so scheint es auch hier zu sein. Das „Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung“ (DIW) veröffentlicht heute einen kleinen Gegenentwurf. Das „Institut der deutschen Wirtschaft (IW) springt (dankbarerweise?) gleich auf diese Erläuterung oben drauf, und kommentiert sie.

Wir lassen da jedem seine Sichtweise. Nur ist es doch stets gut, dass man beide Sichtweisen überhaupt erstmal kennt. Das Weglassen von Rentenansprüchen und Lebensversicherungen in der Vermögensberechnung für das „einfache Volk“ könnte beispielsweise die große Masse der Bevölkerung schlechter da stehen lassen, als es tatsächlich der Fall ist. Bilden Sie sich gerne Ihre eigene Meinung. Hier das „IW“ im aktuellen Wortlaut (interessant zu lesen, egal mit welcher Grundhaltung man an das Thema herangeht):

Pünktlich zum Weltwirtschaftsforum in Davos verwies zunächst die Hilfsorganisation Oxfam auf die ungleiche Vermögensverteilung Deutschlands, heute legt das DIW nach: Wenn man die Vermögen der Superreichen – die in der Regel nicht Teil der offiziellen Daten sind – mittels Reichenlisten schätzt und hinzurechnet steigt die Vermögensungleichheit. Anstatt 31,5 Prozent verfügen die reichsten fünf Prozent demnach über 51,5 Prozent des gesamten Vermögens. Dieser Befund ist keineswegs neu. Die Daten der Credit Suisse, die der Oxfam-Studie zugrunde liegen, schätzen ebenfalls Vermögen der Reichen hinzu – der Anteil der vermögensreichsten 5 Prozent liegt demnach im Jahr 2017 bei 53,6 Prozent.

Es ist unbestritten, dass die Reichen in Befragungsdaten nur unzureichend erfasst werden, da sie nur selten Teil der Stichproben sind. Allerdings wird dabei häufig übersehen, dass auch die Vermögen im übrigen Teil der Bevölkerung nicht immer korrekt erfasst werden: In den Vermögensbefragungen gibt beispielsweise weniger als die Hälfte der deutschen Haushalte an, Versicherungen zu besitzen. Rechnet man die Angaben zusammen, kommt man jedoch gerade einmal auf rund 40 Prozent der Versicherungssumme, die bei der Deutschen Bundesbank erfasst ist. Es wäre überraschend, wenn sich das restliche Vermögen ausschließlich im Besitz der oberen zehn Prozent befände, denn private Renten- und Lebensversicherungen sind über die gesamte Bevölkerung breit verteilt.

Zudem werden die gesetzlichen Rentenansprüche der Arbeitnehmer in den Vermögensbefragungen nicht erfasst. Laut Berechnungen der DIW-Forscher würde sich bei Berücksichtigung der Rentenansprüche die Vermögensungleichheit – gemessen am Gini-Koeffizient – um fast 25 Prozent reduzieren. Der Vermögensanteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung würde sich nach Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels von 0,2 Prozent auf 16,6 Prozent erhöhen.

Darüber hinaus zeigt sich im europäischen Vergleich, dass Vermögen tendenziell in jenen Ländern ungleicher verteilt sind, in denen es großen Wohlstand und eine starke staatliche Absicherung gibt. Dadurch sind die Anreize im unteren Einkommensbereich geringer, privates Vermögen aufzubauen – entsprechend niedrig ist dort der Vermögensanteil. Gleichzeitig fallen zur Finanzierung hohe Steuern und Abgaben an, das erschwert den Vermögensaufbau in der Mittelschicht. Dazu passt, dass nach den Vermögensdaten der Credit Suisse die Vermögensungleichheit in Norwegen, Schweden und Dänemark noch höher ausfällt als in Deutschland – obwohl diese Länder gerade in sozialer Hinsicht häufig als Vorbild gelten.


Dass die Korken bei Reichen bei dem Aktienmarkt knallen, ist keine Frage. Foto: Niels Noordhoek / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Rentenansprüche drohen angesichts der fortdauernden gesetzeswidrigen Armutsmigration noch mehr ausgehöhlt zu werden, als dies bereits vor 2015 durch die finanzielle Repression der EZB der Fall war.

    Da ist mir ein System, das dem Bürger das Geld beläßt, sehr viel lieber. Der staatliche Paternalismus leidet zudem durch die Bürokratie an enormen Verteilungsverlusten.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage