Aktien

Der real existierende EZB-Sozialismus

Von Markus Fugmann

Die EZB hat gestern angefangen, Covered Bonds (Pfandbriefe) zu kaufen, allerdings noch in kleinem Maßstab. Heute steigt das Volumen etwas an – die europäische Notenbank kauft kurzlaufende spanische Covered Bonds (am Freitag werden die ersten genauen Zahlen veröffentlicht). Das Problem der EZB besteht darin, dass der Markt recht klein ist – daher kursiert in den Handelssälen derzeit der Spott: „Egal mit was sie anfangen, egal was sie heute oder morgen kaufen – sie werden sowieso alles kaufen“. Und weil die Baken wissen, dass die EZB alles kaufen wird, rufen sie natürlich gepfefferte Preise auf, nach dem Motto: wir müssen ja nicht verkaufen. Das bedeutet faktisch, dass die EZB für diese Covered Bonds Mondpreise bezahlen wird – und damit einmal mehr die Banken auf Kosten der Steuerzahler finanziert.

Neben den Risiken, die sich die EZB damit aufs Buch nimmt, finanzieren die Steuerzahler also die Differenz zwischen den eigentlichen Marktpreisen – wenn es einen freien Markt gäbe – und den Preisen, die die EZB dann real bezahlt. Die Notenbank erhofft sich von der Massnahme eine Stimulierung der Kreditvergabe – denn für die Banken wird durch die Aktion der EZB Eigenkapital frei. So die Theorie. Aber in der Praxis ist es so, dass die Banken völlig ausreichend Liquidität hätten, um neue Krediten zu vergeben. Dass das nicht passiert, liegt vorwiegend an zwei Gründen: erstens befinden sich die Ökonomien der Euro-Peripherie in einem Prozeß des „Deleveraging“, also des Schuldenabbaus. Wer Schulden abbauen muss, die er einst in sonnigen Zeiten im Übermaß angehäuft hatte, nimmt nun mal keine neuen Kredite auf. Der zweite Grund ist, dass die Banken die Risiken der Kreditvergabe nicht eingehen möchten, wenn sie „auf sicher“ sehr passable Renditen mit europäischen Staatsanleihen generieren können, die noch dazu von der EZB garantiert werden. Auch hier also setzt die EZB falsche Anreize und manipuliert die Märkte in die falsche Richtung.

Da die EZB-Mitglieder diesen Fehler zum Teil erkannt haben, lancierte Draghi kürzlich das neue Finanzierungsprogramm für Banken, TLTRO. Aber hier sind die Kredite der Notenbank an die Bedingung geknüpft, dass diese von den Banken als Kredite an Unternehmen weitergereicht werden müssen. Dementsprechend gering ist daher auch die Nachfrage der Banken nach TLTRO: Liquidität hat man genug, zu Unternehmenskrediten aber keine Lust. Ausser: die EZB würde einen Teil der Risiken bei Unternehmenskrediten garantieren. Faktisch also würde dann der Steuerzahler die Risiken der Kreditvergabe von privaten Institutionen mit übernehmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die EZB – wenn sie ihr Scheitern eingesehen hat – diesen Weg gehen wird.

Was derzeit passiert, bringt der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, auf den Punkt: „Im Unterschied zum real existierenden Sozialismus früherer Jahre steuern nun aber die staatlichen Planer nicht mehr die Realwirtschaft, sondern den Finanzsektor“. Genau das ist der Unterschied: in der DDR etwa wurde die Realwirtschaft gesteuert, im ach so siegreichen Kapitalismus sind wir jetzt an dem Punkt, dass man die Privatwirtschaft (ausser Banken) weitgehend in Ruhe lässt, dafür aber die Finanzmärkte steuert. Pech für die DDR, dass ihre Lenker damals nicht auf diese Idee gekommen sind: denn die Finanzmärkte sind die Staatsfinanzierer schlechthin. Hätte die DDR also vermeintlich freie Finanzmärkte zugelassen, die sie dann mit ihrem real existenten Sozialismus hätte beglücken können, wären ihre Finanzmittel wohl nicht so schnell versiegt – hätte es auch keine „Wende“ gegeben.

Der Westen also ist nach seinem glorreichen Sieg im Kalten Krieg endlich im real existierenden Finanz-Sozialismus angekommen. Das heilige Prinzip lautet jetzt: Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren. Auch eine Form des Sozialismus. Und die Tatsache, dass der real existierende Sozialismus im Endeffekt dann doch den Kalten Krieg gewonnen hat, verdanken wir nicht zuletzt Mario Draghi und seiner EZB!



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

7 Kommentare

  1. Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern steigt vor der Strafverschärfung massiv an!Warum eigentlich?Im Verhältnis ihrer Taten zu den um einiges kriminelleren der EZB stellen sie vernachlässigbare kleine Fische,eher mikroskopisch kleinen Krill,dar!Aus dem Strafrecht ist der Begriff der Verhältnismässigkeit der Mittel bekannt.Würde dies hier auch angewandt,müssten Alle straffrei davonkommen!

  2. Guter Artikel Herr Fugmann. Ihre Stalkerfreunde werden jubeln.
    — Völker hört die Signale und auf zum letzten Gefecht —

    1. Meine Stalkerfreunde haben gejubelt, wie Sie richtig vermutet haben, @Olli!

      So schrieb mir mein Lieblings-Stalker Gerit W. folgendes:

      „ein hirngespenst geht um -))

      Herr Fugmann,
      ihnen fehlt jegliche Kenntnis vom Sozialismus,
      vom westdeutschen Staat täglich genährt
      ist einfach aus weiter Ferne betrachten, wie es dem Osten erging
      nur ein absoluter Narr schreibt so
      mit gleichfalls negativer Einstellung
      sicher sind die Banken ein Übel,
      wird sich das ändern ?“

      Das legt die Vermutung nahe, dass mein Freund Gerit W. ein Ossi ist!!

      1. Ja, Gerit ist vermutlich – Ossi und/oder (Ex)-Banker? Heute könnte er von Beruf Opfer in 4 Schichten sein?
        Ich bin auch Ossi und denke – nach dem die Ossis die DDR kaputt gespielt haben – sollten die paar gebrauchten oder „alten Bundesländer“ auch klein zu kriegen sein?
        Mutti M.mit ihren „Spitzenkadern“ macht das schon. Den Rest erledigt Südeuropa.
        Ihnen Herr Fugmann einen wohlverdienten Feierabend – und weiter so.

        ps. „…vom westdeutschen Staat täglich genährt..“ – wie Gerit bemerkt wirken Sie nicht wirklich übermäßig. Eher drahtig, aktiv und schlank. Sind Sie etwa auch zu kurz gekommen und evtl. ein“West_ Opfer“ ? Das ergäbe ungeahnte Synergieen.

        Beste Grüße

  3. Gute Ordnungspolitik, muß ich schon sagen.
    kein Witz, das ist ein Begriff im Staatsapparat.

    1. „Gesundes Nullwachstum“ ist einer meiner Lieblingsbegriffe den schon Helmut Kohl benutzte. Nicht im Zusammenhang mit Scwarzgeldkonten der CDU in der Schweiz – sondern auf die deutsche Wirtschaft bezogen und leider auch nicht als Witz.

  4. Die DDR hat sich damals notgedrungen Geld von der BRD geliehen und heute macht das gleiche die EU von der EZB–es ist schon witzig, wenn man sich selbst Geld leihen kann–das Paradies auf Erden

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage