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Diese junge Branche steht davor tot-reguliert zu werden

Wenn etwas neu oder unbekannt ist, lautet der erste Reflex in Europa, und vor allem in Deutschland: Das muss reguliert werden, unbedingt, sofort, ganz dringend bitte. So wohl auch beim Thema...

FMW-Redaktion

Wenn etwas neu oder unbekannt ist, lautet der erste Reflex in Europa, und vor allem in Deutschland: Das muss reguliert werden, unbedingt, sofort, ganz dringend bitte. So wohl auch beim Thema Crowdfunding, genauer gesagt Crowdinvesting. Beim Crowdfunding geben Leute einfach so ihr Geld für irgendeine gute oder lustige Aktion, und erhalten als Gegenleistung irgendein belangloses Dankeschön.

Beim Crowdinvesting aber geht es um das Verleihen von Geld (gegen Verzinsung und Rückzahlung), das in innovative Geschäftsideen fließen soll. Das ist also deutlich ernsthafter als das Crowdfunding. Und da so was ja eigentlich in die Hände von Banken gehört, und nicht in die von irgendwelchen Nerds, will die EU hier strenger regulieren. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen in Deutschland (vzbv) hat hierzu aktuell eine kurze Denkschrift verfasst.

Wir bei FMW sind nun wirklich nicht als brutale Merkantilisten bekannt, und springen in unseren Artikeln regelmäßig für Verbraucherschutz ein. Aber irgendwo kann man es auch übertreiben. Oder könnten Sie sich vorstellen, dass eBay dafür haften muss, wenn sie über diese Plattform etwas kaufen, das Schrott ist, und dann später vom Verkäufer Ersatz verlangen? Nein, sie verstehen das Geschäftsprinzip von eBay, denn diese Firma ist nur ein Plattformbetreiber, eine Art Marktplatz, wo sich Käufer und Verkäufer treffen.

Nichts anderes sind vergleichbare Seiten auch. Bei Amazon gilt genau das selbe. Wenn ein Einzelhändler über den Marketplace von Amazon etwas verkauft, was später reklamiert wird, müssen Kunde und Verkäufer das unter sich ausmachen. Amazon war nur der Portalanbieter, damit der Kunde die Ware leicht finden kann. Auch hier versteht der Kunde, dass Amazon mit Reklamationen nichts am Hut hat.

Aber die Crowdinvesting-Plattformen? Hier werden interessante und natürlich immer auch riskante Projekte präsentiert, in die man investieren kann, oder eben auch nicht. Jede Investition, egal wie oder wo man sie tätigt, beinhaltet immer das Risiko, dass das investierte Geld ganz oder teilweise verloren geht. Aber das scheint im Konzept des staatsgläubigen Regulierungsfanatikers keinen Platz zu haben.

Alles was Risiko bedeutet, muss tot-reguliert werden. Oft, sehr oft sogar sehen wir die Initiativen der Verbraucherzentralen sehr positiv, aber in diesem Fall muss man einfach sagen: Was hier gefordert wird, würde diese innovative Möglichkeit der Kapitalbeschaffung abwürgen. Würde Amazon noch seinen Marketplace anbieten, wenn Amazon für alle Mängel haftbar gemacht werden könnte, die die externen Einzelhändler zu verantworten haben? Wohl kaum. Aber die „vzbv“ erwartet genau das beim Crowdinvesting. Zitat:

Die EU-Kommission will europaweit einheitliche Standards für Crowdinvestment-Plattformen schaffen. Der vzbv begrüßt dieses Vorhaben. In einer Stellungnahme fordert er folgende Mindeststandards:

Betreiber von Crowdinvestment-Plattformen sollen ihre betriebswirtschaftliche Qualifikation nachweisen müssen.

Plattform-Betreiber sollen für Schäden haften, wenn sie die von Ihnen beworbenen Projekte nicht vorher ausreichend prüfen.

Betreiber sollen nur einheitliche Gebühren für die Veröffentlichtung eines Projekts verlangen dürfen – unabhängig davon, wieviel Geld zusammenkommt.

Aufsicht durch die Finanzmarkt-Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsländer.

Richtet sich die EU letztlich nach solchen Forderungen, wäre die Branche so gut wie tot. Für Schäden haften bei Projekten, die man vorher nicht ausreichend geprüft hat? Wie soll ein Plattform-Betreiber ein Startup auf Herz und Nieren prüfen? Junge Firmen mit Geldbedarf sind ein einziges großes Risiko. Wie definiert man dort eine „ausreichende Prüfung“? Wer würde sich als Plattformanbieter solch einem unbegrenzten Haftungsrisiko aussetzen?

Also, regulieren wir diese Branche tot, bitte. Dann gibt es das Risiko auch nicht mehr, und jede Menge Innovationen finden in Europa kein frisches Kapital. Dann geht man eben wie üblich in die USA, und siedelt dort seine jungen Firmen an. Man sieht es ja, wie viele weltweit erfolgreiche Tech-Konzerne aus den USA kommen, und wie viele aus Europa. Risiko, bitte nicht bei uns…


vzbv-Chef Klaus Müller. Foto: vzbv – Gert Baumbach



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4 Kommentare

  1. Die Banken dürften in der EU eine stärkere Lobby haben…

    Dazu passt auch Mifid II.
    Plötzlich kann man auch einen zweifachen Hebel nicht mehr handeln, ohne vorher einen Stapel neues Papier auszufüllen.

    Weg mit der EU!

  2. „Nein, sie verstehen das Geschäftsprinzip von eBay, denn diese Firma ist nur ein Plattformbetreiber, eine Art Marktplatz, wo sich Käufer und Verkäufer treffen.“

    dito…, vergleichen wir das ganze doch mal mit dem städtischen wochenmarkt.
    ich wüsste von keinem beispiel, wo mal eine stadt verklagt worden wäre, wenn man auf demselbigen irgendwelche minderwertige waren gekauft hat.

  3. Ist eben typischer EU Schwachsinn. Alles und jeden bevormunden. Aber bei Binäroptionen zB. hat man doch Jahrelang auch nichts gemacht, obwohl da betrogen wurde, dass sich die Balken bogen. Und man will eben die Finanzströme kontrollieren, kann ja nicht sein, das der mündige Bürger noch selbst entscheidet, wo er sein Geld anlegt. So läuft das eben in einem Kontrollstaat. Du darfst zwar Geld haben, aber wofür du das ausgibst, dass entscheidet immer noch Papa Staat.

  4. In Österreich ist dies bereits durch die FMA geregelt und funktioniert perfekt, da sowohl der „Nehmer“ wie auch der „Geber“ eine zumindest gewisse Sicherheit haben, dass einerseits das Projekt auf Plausibilität standardisiert geprüft wird und andererseits eine für den Investor ebenfalls standardisierte Infomation über das gesamte Projekt und damit dem damit verbundenen Risiken nachvollziehbar ist. Somit für beide Seiten sehr positiv!
    Vorallem aber wird dadurch die Bereitschaft für Investitionen eher gehoben als gesenkt.

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