Gas

Einnahmen für Russland durch Gasexporte brechen dramatisch ein

In diesem Jahr halbieren sich in Russland die Gasexporte nach Europa nicht nur. Die Erlöse werden wohl um 75 % sinken.

Gas-Pipeline

In diesem Jahr halbieren sich in Russland die Einnahmen bei den Gasexporten nach Europa nicht nur – die Erlöse betragen nach Expertenberechnung nur noch 30 Milliarden US-Dollar und umfassen damit lediglich ein Viertel von dem, was der russische Gaskonzern Gazprom für seine Gasexporte Richtung Europa im letzten Jahr eingenommen hat. Für den Staatshaushalt bedeutet dies ebenfalls milliardenschwere Verluste.

Gasexporte und Gaspreise sinken im Einklang

„Unseren Erwartungen nach werden die Exporte von Gazprom in europäische Länder, einschließlich der Türkei, im Jahr 2023 von 85 auf etwa 60 Milliarden Kubikmeter Erdgas fallen. Neben den Mengenindikatoren werden die Verkaufspreise sinken. Lagen die Spotnotierungen im Jahr 2022 auf hohem Rekordniveau im Schnitt bei 1440 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas, werden die durchschnittlichen Jahrespreise im Jahr 2023 bei etwa 500 US-Dollar liegen“, erklärte russischen Medien zufolge Maria Belowa, Forschungsdirektorin bei Vygon Consulting am 9. Juli.

Vor diesem Hintergrund erwartet die Expertin, dass Gazprom in diesem Jahr 90 Milliarden US-Dollar weniger aus dem europäischen Gasexportgeschäft einnimmt. Im letzten Jahr beliefen sich die Erlöse aus dem Gasexport nach Europa laut Schätzungen von Vygon Consulting auf etwa 122 Milliarden US-Dollar. In diesem Jahr könnten die Exporterlöse nun auf 30 Milliarden US-Dollar abstürzen, während der Haushalt im Zug von niedrigeren Exportabgaben etwa 28 Milliarden US-Dollar verlieren werde.

Höhere Steuerabgaben und Exporte nach China sollen ausgleichen

Zugleich wies Belowa darauf hin, dass die Verluste für den Staatshaushalt sich durch erhöhte Öl- und Gasfördersteuern für Gazprom und Lieferungen nach China kompensieren ließen. Demnach würden die Lieferungen nach China von 15 Milliarden in 2022 im laufenden Jahr auf 22 Milliarden Kubikmeter Gas steigen. Dies erhöhe sowohl Einnahmen für Gazprom als auch den Staatshaushalt. Doch von einem Ausgleich kann angesichts der Liefermengen schwerlich die Rede sein.

Auch wenn sich die Einnahmeverluste aus dem Öl- und Gasgeschäft im Staatshaushalt im ersten Halbjahr Jahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 auf -47 Prozent etwas abgeschwächt haben und mehr Steuern und Abgaben positiv zu Buche schlugen, wiegt der Wegfall aus dem Gasexport für den einstigen Hauptkunden Europa beträchtlich. Das legen auch die Zahlen von Belowa nahe. Niedrigere Lieferumfänge und Preise stoppen die Talfahrt keinesfalls. Von Januar bis Mai 2023 verbuchte das russische Finanzministerium gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Rückgang der Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor um fast 50 Prozent.

Welche Liefermengen sind noch möglich?

Stellt Gazprom dazu infolge von Rechtsstreitigkeiten mit dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz den Gastransit über die Ukraine ein, fallen weitere 15 Milliarden Kubikmeter Gas zum Export nach Europa weg. Für Gazprom bedeute das unter Berücksichtigung der aktuellen Preise einen Umsatzrückgang von etwa 4 bis 5 Milliarden Dollar, rechnete Alexander Amiragjan, Direktor vom Zentrum für Brennstoff- und Energiewirtschaft, im Juli vor. Daraus schließt er, dass Gazprom interessiert ist, den Gastransit über die Ukraine fortzusetzen. Fällt dieser früher oder spätestens nach dem Auslaufen des Transitvertrages ab Jahresbeginn 2025 weg, konzentrieren sich die Gasexporte nach Europa auf einen Strang der Schwarzmeergasleitung Turkish Stream und Schiffstransporte mit Flüssigerdgas LNG. Beides zusammen ergibt rechnerisch anhand der Durchleitungskapazität des betreffenden Turkish-Stream-Stranges mit 15,75 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr und dem LNG-Export vom letzten Jahr einen Exportumfang von rund 39 Milliarden Kubikmeter Gas.

„Der Verlust des ukrainischen Transits könnte dazu führen, dass die russischen Gaslieferungen nach Europa im Jahr 2024 auf etwa 45 Milliarden Kubikmeter sinken“, stellte Belowa im Kontext der Diskussionen zu möglichen Sanktionen Russlands fest. Die Lieferungen an die Türkei über Turkish Stream und Blue Stream sind darin berücksichtigt. Belowa kalkuliert bei ihren Angaben die russischen Pipeline-Lieferungen. Was das Jahr 2023 angeht, hingen Liefermengen vom Datum des Transitstopp ab. Gelte dieser etwa ab 1. August, werde Gazprom etwa 6,5 ​​Milliarden Kubikmeter nicht nach Europa liefern. Betroffen vom Lieferstopp seien eine Reihe von Ländern in Europa, darunter Österreich und Italien, ergänzte Belowa zur Lage. Folglich reduzieren sich die Gasexporte von Gazprom nach Europa und in die Türkei auf 53,5 Milliarden Kubikmeter Gas. Auch das ist eher eine optimistische Rechnung, da sie voraussetzt, dass die Türkei gut 29 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland importiert und die Kapazitäten von Turkish Stream für Exporte nach Europa voll genutzt werden.

Gasexporte per Schiff werden zur Nummer 1 für Russland

Die russischen LNG-Schiffstransporte nach Europa lagen im letzten Jahr bei über 16 Millionen Tonnen LNG, umgerechnet knapp 23 Milliarden Kubikmeter Gas. Mit einem Transitstopp ab Anfang August liegen die Gasexporte nach Europa per Pipeline und Schiff fast gleich auf, da der Zuwachs von LNG-Produktionskapazitäten in Russland noch nicht zum Tragen kommt. Frühestens zum Jahresende bzw. Anfang 2024 plant Novatek, die erste große Linie mit einer Jahresverflüssigungskapazität von 6,6 Millionen Tonnen LNG im Werk Arctic LNG 2 auf der Halbinsel Gydan in Betrieb zu nehmen. Im Juni sprach Unternehmenschef Leonid Michelson zuletzt von steigenden Kosten um 17 Prozent auf etwa 25 Milliarden US-Dollar für dieses Projekt, und nannte als Grund die Umstellung auf elektrische Antriebe zur Energieversorgung.

Im nächsten Jahr sind ohne Gastransit über die Ukraine Schiffstransporte für Russland das wichtigste Mittel, um Gas nach Europa zu exportieren. Der LNG-Ausbau hat daher strategische Bedeutung, ist aber ohne hohe Investitionssummen nicht zu haben. Im ersten Halbjahr 2023 hätten sich die russischen LNG-Exporte gegenüber dem Vorjahr um 9,4 Prozent auf geschätzte 14,4 Millionen Tonnen reduziert, erläuterte Igor Galaktionow, Börsenexperte bei BCS Mir Investments. Doch die Exporte nach Europa seien stabil auf dem Niveau von 9 Millionen Tonnen LNG geblieben. Ob das stabil so weiterläuft, hängt davon ab, ob sich die EU zu einem LNG-Importverbot aus Russland durchringt.



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10 Kommentare

  1. Ja, das ist der Weg.
    Wäre mal interessant zu wissen, wieviel Pipelingas bereits verflüssigt verkauft wird, was sonst an Europa geliefert wurde, und wieviel schon nach China geht, bzw. gehen soll.
    Und wieviel Verflüssigungsanlagen in Russland im Bau sind.
    Natürlich ist das alles genau so ein „Gewaltakt“ das Pipelingas nun zu verflüssigen, und am Weltmarkt anzubieten, wie beim Öl jeden schrottreifen Tanker wieder flott zu machen. Wahrscheinlich dauert es sogar länger.
    Aber das ist ja der Weg den Russland gehen muss: Weg von Europa, Richtung Asien, Afrika und Südamerika.
    Das wird nicht ohne ruckeln ablaufen.
    Mal sehen was die BRICS am 24. August in Südafrika beschließen werden.
    Das dauert alles seine Zeit.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Wir brauchen uns keine Sorgen machen.
    Die Sanktionen 2014 gegen Russland haben dazu geführt, daß jetzt dieser plötzlich einer der größten Weizenproduzenten der Welt ist.
    Tret den Russen aufs Knie und er wacht auf und kommt endlich Wirtschaftlich auf Weltniveau.
    Dazu muss er aber gezwungen werden.und er wird gezwungen.
    Die Trägheit der Russ. Eliten ist historisch belegt.

    1. Russland wirtschaftlich auf Weltniveau? 😂
      Weil sie es schaffen, Weizen anzubauen und auf einem Riesenhaufen fossiler Energien sitzen.
      Bevor das passiert, hat die Kontinentaldrift Amerika an die chinesische Küste gespült und die Sternenflotte ist auf dem Weg zu intergalaktischen Reisen Richtung Andromedagalaxie, nachdem sich diese bis auf wenige Lichtjahre an die Milchstraße angenähert hat.

    2. die werden sich schon derappeln.

      Und uns kommt der Wohlstand zu den Ohren raus (pauschale Äußerung). Ergo : Abschaffen !!

  3. Ja Alibi, das beste Konjunkturprogramm für so ein Riesenreich, mit unendlich vielen Rohstoffen, sind Sanktionen, sonst bekommen sie die holländische Krankheit.
    Aber es dauert natürlich alles seine Zeit.
    Wenn wir mal 5 Jahre weiter sind, dann werden wir sehen, wie sich Russland (auch innerhalb der BRICS) entwickelt hat.
    Wer Atom U- Boote bauen kann, der kann auch Gasverflüssigungsanlagen bauen; es dauert nur eben.
    Ich stelle mir mal so vor, die grüne Gurkentruppe, die Deutschland regiert, sollte das alles organisieren.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. Die grüne 🥒-Truppe ist irgendwie ganz schön 🍌

    2. Mehr Aids-Fälle, mehr Tuberkulose-Fälle. Mit die geringste Lebenserwartung in Europa. Nur 1/5 der Patente bei mehr gut 50% mehr Einwohnern als die Gurgentruppe. Die ja sonst so hochgejubelten Rankings, wie z. B. https://www.theglobaleconomy.com/rankings/gii_index/, wenn die Ergebnisse durch die Medien getrieben werden (natürlich für euch nur wenn das Ergebniss zum Bias passt). Jetzt fragen wir uns natürlich welche beiden Länder hiermit gemeint sind. Vielleicht kann ja Helmut dieses Rätsel lösen.

      Woher kommt eigentlich dieses unersättliche Bedürfniss bei Rechten sich selbst immer als komplett inkompetent darzustellen und andere Länder immer als geniale Masterminds? Sollte sich sowas nicht auch mal bei den oben gennanten Punkten durschlagen? Oder überdeckt der politische Bias das einfach alles?

  4. Danke für Euere Sichtweisen, sie können nur ein Gewinn sein.

  5. Dank des El-Niño-Phänomens dürfte der kommende Winter in Europa sehr kalt werden… Das hat schon olle Adolf 1944 in Russland zu spüren bekommen…

  6. Nur Frankreich importierte 2022 mehr Gas aus Russland als Spanien – Nachrichten.es

    https://nachrichten.es/nur-frankreich-importierte-2022-mehr-gas-aus-russland-als-spanien/

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