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Rechnungshof warnt Frankreich: Staatsfinanzen in besorgniserregender Verfassung

Frankreich: Staatsfinanzen in besorgniserregender Verfassung
Frankreich - Staatsfinanzen. Grafik: tang90246 - Freepik.com

Während Frankreich nach dem Patt bei den Parlamentswahlen um die Bildung einer handlungsfähigen Regierung ringt, hält der Rechnungshof in Paris den Zustand der Staatsfinanzen für “bedenklich”. Wie Bloomberg berichtet, fehle es den aktuellen Plänen zur Sanierung des Haushalts an Glaubwürdigkeit. Frankreich muss sein Defizit unter 3% der Wirtschaftsleistung senken und die Schulden in einen Abwärtstrend bringen, andernfalls ist das Land im Falle eines weiteren wirtschaftlichen Schocks “gefährlich angreifbar”, mahnte Frankreichs Rechnungshof.

Nach den Neuwahlen in Frankreich könnte sich eine Koalition bilden, die auf noch höhere Ausgaben und mehr Schulden setzt. Auch an den Finanzmärkten beobachten die Händler die aktuelle Lage genau – schon jetzt verteuert das die französische Staatsverschuldung. Die politische Unsicherheit hat die Zinsabstände (Renditespread) zwischen deutschen und französischen Staatsanleihen auf den höchsten Stand seit der Staatsschuldenkrise im Jahr 2012 getrieben, obwohl sich die Fundamentaldaten kaum verändert haben.

Frankreichs Staatsfinanzen sind ein Problem

Die scheidende Regierung von Präsident Emmanuel Macron hatte im April neue Ausgabenkürzungen und einnahmensteigernde Maßnahmen angekündigt. Sie sollten Frankreich wieder auf Kurs bringen, das Haushaltsdefizit bis 2027 auf 3% der Wirtschaftsleistung zu begrenzen.

Der Rechnungshof konstatierte am heutigen Montag indessen, das aktualisierte Programm beruhe auf “besonders optimistischen” Wachstumsprognosen, beispiellosen Ausgabenkürzungen und unpräzisen Maßnahmen zur Steigerung der Steuereinnahmen. Die Regierung scheine auch die Belastungen, die eine solche Straffung der Staatsfinanzen mit sich bringt, nicht berücksichtigt zu haben.

“Dieser Kurs scheint weder sehr glaubwürdig noch sehr realistisch zu sein”, so der Cour des Comptes. “Die französischen Staatsfinanzen befinden sich daher in einer besorgniserregenden Verfassung.”

Frankreichs Defizit sinkt nicht - Staatsfinanzen bedenklich laut Rechnungshof
Frankreichs Defizit verringert sich nicht – im Gegensatz zu dem seiner Euro-Partner

Frankreich: Hohe Verschuldung

In einer schriftlichen Antwort auf den Bericht der Rechnungsprüfer erklärten Finanzminister Bruno Le Maire und Haushaltsminister Thomas Cazenave, das Finanzministerium teile viele der Beobachtungen. Sie verwiesen jedoch darauf, dass die Regierung in diesem Jahr beispiellose Anstrengungen unternommen habe, um den Haushalt wieder auf Kurs zu bringen. Die hohe Verschuldung und das Defizit im Jahr 2023 seien das Ergebnis von Entscheidungen zum Schutz des Wirtschaftswachstums und zur Bekämpfung der Inflation.

“Restriktivere und weniger schützende Entscheidungen in Bezug auf die öffentlichen Finanzen hätten sicherlich zu mehr sozialen Schwierigkeiten und weniger Wachstum und Wohlstand geführt, ohne Garantie, dass die endgültige Bilanz der öffentlichen Finanzen besser ausgefallen wäre”, erklärte Le Maire.

Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau indessen warnte, es gebe kein “verborgenes Tafelsilber”. Die künftige Regierung würde die Souveränität des Landes untergraben, wenn sie die Defizite weiter ausbauen würde.

Frankreich hat ein Schulden-Problem - Wende muss her
Bruno Le Maire, Finanzminister, Frankreich.

Frankreich abgestuft wegen Schulden

Bereits vor den Wahlen hat S&P Global Ratings Frankreich herabgestuft, wegen Verschlechterung der Haushaltslage. Die Europäische Union eröffnete daraufhin gegen Paris ein Defizitverfahren.

Frankreichs Rechnungshof mahnte, höhere Aufwendungen für den Schuldendienst schränkten alle anderen Ausgaben und Investitionen ein. Sie machten Frankreich im Falle eines weiteren wirtschaftlichen Schocks “gefährlich angreifbar”.

“Es ist von entscheidender Bedeutung, wie das aktuelle Stabilitätsprogramm vorsieht, das Defizit unter 3% der Wirtschaftsleistung zu senken und die Schulden in einen Abwärtstrend zu bringen”, so der Rechnungshof. “Diese Bemühungen sollten jedoch auf der Grundlage realistischerer und glaubwürdigerer Prognosen erfolgen, als dies heute der Fall ist.”

FMW/Bloomberg



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9 Kommentare

  1. Moin, moin,

    die Höhe der Schulden von Frankreich sind doch irrelevant. Die BRD wird alles tun, ggf. haften, damit Frankreich und anderen Ländern das Geld nicht ausgeht. Im Notfall muss der BRD Arbeitnehmer dann bis 70 Jahre arbeiten, während man bspw. in Frankreich 10 Jahre und mehr früher in Rente geht. Also keine Panik wegen der französischen Schuldenerhöhung.

  2. Das ist doch kein Problem. Deutschland kann doch helfen. Wir sind doch die Rettet der Welt. Da kommts auf 100 Mrd für gute Nachbarn auch nicht mehr drauf an.

  3. Wie dumm ist die französische Regierung? Hat selbst kein Geld und will die Ukraine im Krieg gegen Russland unterstützen. Wie soll das denn funktionieren?

    1. Das tut Frankreich ja auch nicht wirklich. Gemessen am französischen BIP ist die Unterstützung der Ukraine unter ‚ferner liefen‘. Aber Macron kann tolle Reden schwingen…

  4. Die drei stärksten Wirtschafts Länder der EU ,sind am höchsten Verschuldet.Frankrei h, Italien, Deutschland.. Politiker konnten noch nie mit Geld 💸 umgehen.verantwortungslos ohne Ende… Sondervermögen ist das Zauberwort… skrupellose Politiker!

    1. Italien (137% BIP) und Frankreich (110%) sind nach Griechenland (161%) die am stärksten verschuldeten Länder. Deutschland (63%) dagegen ist im Ländervergleich eher moderat verschuldet, woran man sieht wer die Zeche zahlen wird.

  5. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    In Japan und den USA sieht’s nicht viel besser aus, von den PIIGS ganz zu schweigen…

    Nur die Notenbanken halten den Laden noch zusammen…

    1. @fakedoktor. Ja, ja die Notenbanken, Da muss man schon wieder um 02:39 Uhr aufstehen, um einen geistreichen Kommentar zu schreiben. Damit die Präsenz auf Finanzmarktwelt gewährt bleibt. Die Welt muss informiert sein.
      Aber denk an deine Sendung, Sebastian. Die Notenbanken werden einknicken….S&P 500 bei 6000 ist das Ziel, dann geht es weiter, oder es fällt……Faktor 20, Wahnsinn….

  6. „SPD-Chef Klingbeil offen für kreditfinanziertes Sondervermögen“, Quelle: Handelsblatt.

    In den USA wäre meine Meinungsäusserung dementsprechend gesalzen bei so einem Geschwätz.

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