Allgemein

Für Marcel Fratzscher ist die Abwanderung der Industrie eine gute Sache

DIW-Chef Marcel Fratzscher findet es gut, wenn die energieintensive Industrie Deutschland verlässt. Seine Logik ist schwer zu verstehen.

Marcel Fratzscher
Marcel Fratzscher. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Die Deindustrialisierung in Deutschland ist bereits seit Jahren in Gange und beschleunigt sich jetzt noch durch die grüne Wirtschaftspolitik. Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sollte eigentlich einer der anerkanntesten Ökonomen in Deutschland sein. Und für eine gewisse Klientel ist er das sicherlich auch, denn er liefert genau das, was manche eben hören wollen. So erlangte er bei der FAZ schon vor Jahren den Titel „Claqueur der SPD“. Für mich ist er im Laufe der Jahre viel mehr zum Claqueur der Grünen geworden. Jetzt scheint Marcel Fratzscher genau die Argumentation zu bedienen, die viele Grüne wohl nur all zu gerne hören wollen – Industrie finden wir schlecht, Schornsteine pusten CO2 in die Luft. Bloß weg damit, lieber Bäume pflanzen.

Die merkwürdige Logik des Marcel Fratzscher

Dass die Industrie, die aus Deutschland abwandert, lediglich anderswo neue Fabriken eröffnet, und dort in der Regel mit einem schlechteren CO2-Abdruck produziert als in Deutschland – egal. Dass hierzulande reihenweise gut bezahle Industriearbeitsplätze wegfallen – egal. Marcel Fratzscher sagt aktuell, er findet es sogar gut, wenn die energieintensive Industrie aus Deutschland abwandert. Er offenbart dabei eine ziemlich merkwürdige Logik.

Energieintensive Branchen würden aus Deutschland verschwinden, weil sie anderswo billiger produzieren können. „Das ist nicht schlimm, sondern gut, wenn es den Unternehmen ermöglicht, ihre Innovationsfähigkeit und ihre guten Arbeitskräfte in Deutschland zu erhalten und sie so wettbewerbsfähig bleiben“, so sagte es Marcel Fratzscher am Samstag gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Dazu darf die Frage erlaubt sein: Wie sollen „gute Arbeitsplätze“ – wie Fratzscher es nennt – hierzulande bitte erhalten bleiben, wenn die Produktion abwandert? Chemieindustrie, Autoindustrie, Maschinenbau etc – dort gibt es an den Werkbänken (noch) reihenweise gut bezahlte Jobs. Wenn die Produktion geht, gehen auch diese Jobs. Also wie bitte schön läuft hier der Gedankengang diese „Top-Ökonomen“? Mir erschließt sich diese Logik nicht. Vermutlich ist er der Meinung, dass es eben hunderttausende oder gar Millionen ähnlich gut bezahlte Arbeitsplätze in Coffee Shops etc geben kann, wenn die Industriearbeitsplätze verschwinden. Vom schönen DIW-Büro aus mit gut dotiertem Posten mag das eine angenehme Sichtweise sein.

Autohersteller haben zu spät auf Elektroautos gesetzt?

Und natürlich ist es klar: Für Marcel Fratzscher liegt die Krise der deutschen Autoindustrie darin begründet, dass sie zu spät auf Elektroautos gesetzt hat. Und Fratzscher ist auch strikt dagegen, das Verbrenner-Aus in Europa ab 2035 aufzuheben. Seine merkwürdige Logik lautet, das EU-weite Aus für fossil betriebene Autos sei notwendig, um einen fairen Wettbewerb in Europa zu garantieren und den Unternehmen eine rechtzeitige Planung zu ermöglichen. Verbote sollen fair für den Wettbewerb sein? Das verstehe, wer will. Fairer Wettbewerb wäre, wenn die Politik in Europa den Herstellern keinerlei Beschränkungen auferlegen würde, wenn man sagen würde: Produziert, was ihr am besten könnt, forscht in den Bereichen die ihr für zukunftsträchtig haltet, und hört auf die Bedürfnisse eurer Kunden. Aber nein – „Vordenker“ wie Marcel Fratzscher ebnen immer mehr den Weg in planwirtschaftliche Strukturen. Der Staat gibt vor, was noch produziert werden darf. Und wenn die dummen Kunden das Produkt nicht kaufen wollen, dann ist das eben die Schuld der Hersteller.

Wir haben uns heute bereits zum Absturz der deutschen Autoindustrie geäußert. Ja, natürlich ist Forschung und Entwicklung bei Elektroautos gut und richtig. Und natürlich ist die staatliche Förderung in China eine Verzerrung für europäische Hersteller. Und natürlich hat gerade VW selbst Fehler gemacht. Aber das Schlimmste was man machen kann als Politik, sind staatliche Eingriffe, die die freie Entfaltung der Industrie verzerren. Die Hersteller müssen in der Lage sein sich ohne Gängelung zu reformieren, und das zu produzieren, was gut und billig ist, und was die Verbraucher auch nachfragen. Der aktuell massive Absturz bei Elektroautos in Europa beweist, dass die Nachfrage bis Ende 2023 vor allem durch Zuschüsse angetrieben wurde. Personen wie Marcel Fratzscher scheinen grundsätzlich ein anderes Weltbild zu haben. Grüne Ideologie schiebt alles andere bei Seite.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

4 Kommentare

  1. die ganze halbwegs intelligente welt – lessons learned aus u.a. den letzten lieferengpässen nach corona und wachsendenden geopolitischen spannungen – versucht systemrelevante industrie zurück zu holen. bestes bsp. inflation act. die us-unternehmensberatungen haben es indes geschafft mit einer doppelstrategie den europäern einzureden sie hätten die chance/pflicht beim green deal voranzugehen und damit die wichtigsten industriezweige, die europa noch hatte gegen die wand zu fahren. zwei fliegen mit einer klappe, wenn man sich die china-situation im komplex als handelspartner noch dazudenkt. der krieg in der ukraine wird auch zunehmend in das portemonnaie der europäer verlagert. die lunte brennt ja ausreichend.

    bei diesem überzeugungsprozess gibt es offenkundig viele lobbyisten-profiteure, denen es vollkommen egal ist ob europa dabei weiter an boden verliert. aber dieser kontinent hat vermutlich ohnedies seine wirklich guten zeiten hinter sich. jetzt heißt es zum jetzigen den abstieg verwalten. in irgendeinem wirklichen gamechanger vorn dabei zu sein sehe ich aktuell nicht – ausser man kann das energieproblem lösen.

    richtig interessant ist aber wenn china mit taiwan ernst macht. dann wird auch die usa eine nie bekannte rechnung gestellt bekommen. bis dahin ist auch bei den amis bestenfalls ein von offiziellen zahlen geschöntes staflationszenario inzwischen am start. die 50bps waren der offenbarungseid dafür.

  2. Dass Leute wie Fratzscher ernsthaft als ökonomische Experten in gewissen Kreisen dieses Landes gehandelt werden, ist eine faustdicke Beleidigung für jeden ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftler. Es gibt viele konkurrierende Ansätze in dieser Disziplin aber das man „Expertise“ einfach passend zu jedem politischen Dilettantismus anbiedern kann ist widerlich.

  3. Heute sagt man anderes Weltbild.
    Die Ursache ist Personelle Dummheit. Kurz PD genannt.
    Das schlimme ist aber die bedingungslose Anbiederung der Industriebosse an der Merkelregierung. Jetzt erst fällt einen Vorstandsvors.der Deutschen Börse AG ein, eine Brandrede zu halten. Was passiert. nichts. Paralyse wohin man schaut. Die Beleidigung gegen unserer Intelligenz wird weiter getrieben. Tipp: ?????

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage