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Größter Lebensmittelskandal seit Jahren in China: Speiseöl in Chemietankern

Ein Lebensmittelskandal erschüttert China. Speiseöl wurde in Chemietankern transportiert, die vorher nicht gereinigt wurden.

China-Flaggen
Foto: user6702303 - Freepik.com

In den letzten Wochen wurde China erneut von einem massiven Lebensmittelskandal erschüttert, der das Potenzial hat, alle bisherigen in den Schatten zu stellen. Anders als beim Babymilchskandal von 2008, der eine relativ kleine Gruppe betraf, betrifft dieser Skandal nahezu jeden Chinesen, der gebratene Lebensmittel konsumiert – also praktisch die gesamte Bevölkerung. Der Skandal dreht sich um den Transport von Speiseöl in Tanklastwagen, die zuvor giftige Chemikalien transportiert hatten, ohne dass eine ordnungsgemäße Reinigung oder Desinfektion stattfand.

Speiseöl in verdreckten Tankern transportiert

Der Skandal wurde erstmals von der der staatlichen Zeitung „Beijing News“ aufgedeckt, die einen detaillierten Bericht über den Transportprozess von chemischen und Speiseölen veröffentlichte. Reporter verfolgten einen Tanklastwagen, der in einer Stadt in der Provinz Henan Speiseöl lud, nur drei Tage nachdem er eine Ladung chemisches Öl in einem Hafen entladen hatte. Diese Enthüllung sorgte für Empörung und Besorgnis in der Öffentlichkeit.

Mittlerweile wurden neue, teils schockierende Details bekannt. Am Wochenende kam heraus, dass jeder Öltanker mit einem Satelliten-Tracking-System ausgestattet ist, das jedoch aufgrund von „Upgrades und Wartungsarbeiten“ offline war. Das staatliche Unternehmen SinoGrain, das im Zentrum des Skandals steht, gab bekannt, dass es Drittanbieter-Transportunternehmen beauftragt hatte, sein Speiseöl zu transportieren. Diese Unternehmen entscheiden oft, ob ein Tanklastwagen gereinigt wird, bevor eine neue Ladung geladen wird, was zu erheblichen Kontaminationsrisiken führt.

Am Montag berichtete dann Caixin, dass es üblich sei, dass Schiffe sowohl Speiseöl als auch nicht essbare Öle transportieren. Obwohl die Schiffe zwischen den Fahrten gereinigt werden, ist dies möglicherweise nicht gründlich genug, und von Drittanbietern ausgestellte Sauberkeitszertifikate könnten gefälscht sein. Ein Kapitän eines solchen Schiffes erklärte einem Undercover-Reporter, dass gefälschte Reinigungszertifikate früher für etwa 3.000 Yuan (ca. 380 Euro) erhältlich waren, jetzt jedoch über 10.000 Yuan (ca. 1.270 Euro) kosten.

Investigative Recherche düpiert Regierung

Die eigentliche Sensation liegt jedoch darin, dass ein staatliches Medium eine investigative Recherche veröffentlichen durfte und zumindest anfangs auch eine fast zensurfreie Diskussion in den sozialen Netzwerken zugelassen wurde. Das in Taiwan ansässige China Media Project beobachtete diese Woche: „In einem aktiveren Pressesystem wären die Verstöße von Sino Grains möglicherweise schon vor langer Zeit aufgedeckt worden. Investigative Berichte wie dieser in den Beijing News sind in der Ära Xi Jinping zu einer echten Seltenheit geworden, da die Führung positive Propaganda und die Notwendigkeit betont hat, dass die Medien sich an die korrekte öffentliche Meinung halten. Es versteht sich von selbst, dass solche Berichte gefeiert werden sollten, wenn sie erscheinen.“

Inzwischen hat jedoch die Online-Zensur der Tanker-Geschichte bereits begonnen, wobei einige verwandte Begriffe auf Weibo nicht auffindbar sind. Ein Weibo-Nutzer hinterfragten das verdächtig bequeme Timing des Hashtags „Karzinogene in nach Taiwan importiertem japanischem Speiseöl entdeckt“, der auf Platz drei der Weibo -Themenliste aufstieg. Ein Weibo-Nutzer kommentierte: „Was für ein cleverer Schachzug. Es ist jedes Mal die gleiche Formel: Japan belasten, um China vor Verlegenheit zu retten.“

Ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Bericht nur wenige Tage vor dem wichtigen „Dritten Plenum“ veröffentlicht wurde, der die Weichen für die wirtschaftspolitische Entwicklung Chinas der nächsten Jahre stellen soll. Hier steht nach den schlechten Nachrichten über den wirtschaftlichen Zustand Chinas erheblich unter Druck, vor allem, nachdem das BIP schwächer als die eigenen Prognosen in der staatlichen Presse ausfiel.

Man könnte dies durchaus als Kritik an Xi Jinping selbst verstehen. Denn ein Zitat, dass von Xi selbst stammt und auf Weibo fleißig geteilt wird, lautet: „Wenn die Partei nicht in der Lage ist, die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten und dies anhält, werden die Menschen anfangen zu hinterfragen, ob wir qualifiziert sind, China zu regieren.“

Seit Corona wird diese Frage immer häufiger gestellt.



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1 Kommentar

  1. gott sei es gedankt, dass so etwas im westen nie geschehen kann, da läuft alles korrekt und transparent ab.

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