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IEA aktuell: Weniger Öl-Nachfrage wegen Krieg – und Warnung!

Öl-Bohrturm

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) hat vor wenigen Minuten ihren Ölmarktbericht für März veröffentlicht. Was derzeit auch für Entspannung im Ölpreis sorgt, sieht man jetzt auch in der wichtigsten Aussage der IEA, die den Ukraine-Krieg betrifft. So sagt die IEA, dass steigende Rohstoffpreise und internationale Sanktionen gegen Russland nach dessen Einmarsch in der Ukraine das globale Wirtschaftswachstum spürbar dämpfen dürften. Infolgedessen hat man bei der IEA seine Prognose für die weltweite Ölnachfrage um 1,3 Millionen Barrels pro Tag für das 2. bis 4. Quartal 2022 nach unten korrigiert, was zu einem um 950.000 Barrels pro Tag langsameren Wachstum im Durchschnitt für 2022 führen soll. Die Gesamtnachfrage nach Öl werde nun auf 99,7 Millionen Barrels pro Tag im Jahr 2022 geschätzt, was einem Anstieg von 2,1 Millionen Barrels pro Tag gegenüber 2021 entspricht.

Ukraine-Krieg und die Folgen für die Ölproduktion

Die Aussicht auf großflächige Unterbrechungen der russischen Ölproduktion droht laut IEA aber auch zu einem globalen Ölversorgungsschock zu führen. Die IEA schätzt, dass die russische Ölproduktion ab April um 3 Millionen Barrels pro Tag gedrosselt werden könnte, da die westlichen Sanktionen greifen und die Käufer die Exporte meiden. Die OPEC+ halte sich vorerst an ihre Vereinbarung, das Angebot an Öl monatlich in bescheidenem Umfang zu erhöhen. Nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate würden über beträchtliche Reservekapazitäten verfügen, die sofort dazu beitragen könnten ein russisches Defizit auszugleichen.

Die Schätzungen des weltweiten Raffineriedurchsatzes für 2022 wurden seit dem Bericht vom letzten Monat um 860.000 Barrels pro Tag nach unten korrigiert, da erwartet wird, dass eine Verringerung der russischen Fördermengen um 1,1 Millionen Barrels pro Tag nicht vollständig durch Steigerungen in anderen Ländern ausgeglichen werden kann. Für 2022 wird laut aktueller Aussage der IEA ein Anstieg der weltweiten Raffinerieproduktion um 2,9 Millionen Barrels pro Tag im Vergleich zum Vorjahr auf 80,8 Millionen Barrels pro Tag prognostiziert. Trotz der Abschwächung der Nachfrage bleiben die Produktmärkte laut der IEA angespannt, und es wird erwartet, dass im Laufe des Jahres weitere Lagerbestände abgebaut werden.

Warum der Ölpreis nach dem schnellen Anstieg im Zuge des Ukraine-Kriegs in den letzten Tagen wieder deutlich fällt? Dies liegt laut der IEA an wirtschaftlichen Bedenken, des Anstiegs der Covid-Fälle in China und des Abbaus von Positionen durch Händler aufgrund der extremen Volatilität.

IEA warnt

Angesichts dessen, was sich zur größten Versorgungskrise seit Jahrzehnten entwickeln könnte, befinden sich die globalen Energiemärkte laut aktueller Aussage der IEA am Scheideweg. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine habe die Energiesicherheit wieder in den Vordergrund der politischen Agenda gerückt, während die Rohstoffpreise in neue Höhen schießen. Es sei zwar noch zu früh um zu wissen, wie sich die Ereignisse entwickeln werden, aber die Krise könnte zu dauerhaften Veränderungen auf den Energiemärkten führen.

Die Auswirkungen eines möglichen Ausfalls der russischen Ölexporte auf die globalen Märkte können laut IEA nicht unterschätzt werden. Russland ist der größte Ölexporteur der Welt und liefert täglich 8 Millionen Tonnen Rohöl und raffinierte Ölprodukte an Kunden in aller Welt. Die gegen Russland verhängten beispiellosen Sanktionen schließen den Energiehandel bisher weitgehend aus. Aber große Ölgesellschaften, Handelshäuser, Schifffahrtsunternehmen und Banken haben sich aus dem Geschäft mit Russland zurückgezogen. Im Moment sieht die IEA das Potenzial für eine Unterbrechung der russischen Öllieferungen um 3 Millionen Barrels pro Tag ab April, aber die Verluste könnten zunehmen, sollten die Einschränkungen oder die öffentliche Verurteilung eskalieren.

Die IEA weist darauf hin, dass ruussisches Öl aufgrund von Termingeschäften und Handelsgeschäften, die vor dem Einmarsch Moskaus in die Ukraine abgeschlossen wurden, vorerst weiter fließt. Aber neue Geschäfte seien so gut wie ausgetrocknet. Rohöl aus dem Ural werde mit Rekordabschlägen angeboten, die bisher nur in begrenztem Umfang in Anspruch genommen wurden. Einige asiatische Ölimporteure hätten Interesse an den viel billigeren Barrel gezeigt (siehe Indien), bleiben aber größtenteils bei ihren traditionellen Lieferanten im Nahen Osten, in Lateinamerika und Afrika, um den Großteil ihrer Einkäufe zu tätigen.

Die Raffinerien, vor allem in Europa, suchen laut der IEA derzeit händeringend nach alternativen Bezugsquellen und laufen Gefahr, ihre Tätigkeit gerade dann einschränken zu müssen, wenn die sehr angespannten Märkte für Ölprodukte auf die Verbraucher treffen. Es gebe kaum Anzeichen dafür, dass die Lieferungen aus dem Nahen Osten zunehmen oder dass es zu einer erheblichen Umverteilung der Handelsströme kommt. Die OPEC+-Allianz hat sich – darauf weist die IEA an dieser Stelle hin – am 2. März darauf geeinigt, an einer bescheidenen, für April geplanten Produktionssteigerung von 400.000 Barrels pro Tag festzuhalten und darauf zu bestehen, dass kein Versorgungsengpass besteht. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – die einzigen Produzenten mit beträchtlichen Kapazitätsreserven – zeigen laut IEA bisher keine Bereitschaft ihre Reserven anzuzapfen.

Die Aussicht auf zusätzliche Öl-Lieferungen aus dem Iran könnte laut IEA noch Monate auf sich warten lassen. Die Gespräche über ein Atomabkommen, das den Weg für eine Lockerung der Sanktionen ebnen soll, seien offenbar kurz vor der Ziellinie ins Stocken geraten. Sollte eine Einigung erzielt werden, könnten die Ausfuhren innerhalb von sechs Monaten um etwa 1 Million Barrels pro Tag ansteigen. Außerhalb der OPEC+-Allianz werden die USA, Kanada, Brasilien und Guyana für Wachstum sorgen, aber das kurzfristige Aufwärtspotenzial sei begrenzt.

Da die Produktion nicht schneller hochgefahren wird, müssen laut IEA die Ölvorräte in den kommenden Monaten für ein Marktgleichgewicht sorgen. Aber schon vor dem Konflikt, den Russland mit seinen Angriffen auf die Ukraine ausgelöst hat, gingen die Ölvorräte der Industrie rasch zurück. Ende Januar lagen die OECD-Lagerbestände um 335 Millionen Barrels unter ihrem Fünfjahresdurchschnitt und auf dem niedrigsten Stand seit acht Jahren. Die IEA-Sicherheitsvorräte würden einen willkommenen Puffer darstellen, und die Mitgliedsländer seien bereit, zusätzlich zu den bereits zugesagten 62,7 Mio. Barrels Rohöl und Produkten bei Bedarf mehr Öl aus strategischen Reserven freizugeben.

Steigende Öl- und Rohstoffpreise werden, wenn sie anhalten, laut IEA deutliche Auswirkungen auf die Inflation und das Wirtschaftswachstum haben. Da die Situation weiterhin im Fluss ist, hat man seine Erwartungen für das BIP und die Ölnachfrage in diesem Bericht gesenkt. Die IEA geht nun davon aus, dass die Ölnachfrage im Jahr 2022 um durchschnittlich 2,1 Millionen Barrels pro Tag steigen wird, was einer Herabstufung um etwa 1 Million Barrels pro Tag gegenüber der vorherigen Prognose entspricht. Es gebe Maßnahmen, die Regierungen und Verbraucher ergreifen können, um die kurzfristige Ölnachfrage rascher zu senken und die Belastungen zu verringern, und die IEA werde im Laufe dieser Woche entsprechende Empfehlungen veröffentlichen. Die derzeitige Krise bringe große Herausforderungen für die Energiemärkte mit sich, biete aber auch Chancen. In der Tat könnte die heutige Angleichung von Energiesicherheit und wirtschaftlichen Faktoren die Abkehr vom Öl beschleunigen, so die abschließende Aussage der IEA.



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