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600.000 Wohnungen fehlen in 2024 Immobilienmarkt: Verband spricht über „Soziales Debakel“

Der Mangel am deutschen Immobilienmarkt ist dramatisch. Die Zahl fehlender Wohnungen steigt massiv an. Hier klare Verbandsaussagen.

Wohnanlage
Foto: Roman_Babakin - Freepik.com

Stark gestiegene Zinsen, stark gestiegene Baukosten, immer mehr Bürokratie am Bau, und dann auch noch das Heizungsgesetz, dass am Immobilienmarkt für Entsetzen gesorgt hat. Ein giftiger Mix, der den Wohnungsneubau massiv hat einbrechen lassen. Und das in einer Zeit, wo durch starken Flüchtlingszuzug und dann auch noch unzählige Flüchtlinge aus der Ukraine die Nachfrage nach neuem Wohnraum regelrecht explodiert! Heute nun präsentierte der Immobilienverband ZIA sein Frühjahrsgutachten, wo Klartext gesprochen wird.

Branchenverband spricht Klartext über riesige Probleme am Immobilienmarkt

Der ZIA (Zentraler Immobilien-Ausschuss) spricht in seiner Headline-Aussage von Rekord-Einbrüchen beim Wohnungsbau. Miserable Rahmenbedingungen würden die Entwicklung lähmen. Und der Verband warnt, Zitat: „Nicht sehenden Auges auf ein soziales Debakel zusteuern.“ Wenn viel zu wenig gebaut wird, aber gleichzeitig die Nachfrage am Immobilienmarkt nach dem „Produkt“ Wohnraum stark ansteigt, kann das nur eines bedeuten: Weiter stark steigende Wohnungsmieten! Und die hohen Zinsen und Baukosten werden nach wie vor viele Häuslebauer von einer Immobilienfinanzierung abhalten – und dieser Personenkreis bleibt als Nachfragergruppe dem Mietwohungsmarkt erst einmal erhalten, und verstärkt damit den Nachfragedruck.

Fehlende Wohnungen – Wer baut, geht bankrott

Laut ZIA-Berechnungen werden in diesem Jahr 600.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, in 2027 dann sogar 830.000, siehe Grafik. „Die Analyse der Experten ist nicht nur ein Wake-up call, sondern in einigen Punkten ein regelrechter Sirenen-Alarm. Eine Schwarze Null bei Wohnungsneuentwicklungen würde man erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro erzielen, das ist nicht möglich. Wer also baut, geht bankrott“, so sagt es der ZIA aktuell klipp und klar.

Grafik zeigt zunehmend fehlende Wohnungen am deutschen Immobilienmarkt

Aufgrund erhöhter Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten, ausgelöst durch das höhere Zinsniveau, sind viele Bauvorhaben laut dem ZIA nicht mehr rentabel und werden zurückgezogen. Die Stornierungswelle könne sich „weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften”. Das Frühjahrsgutachten des ZIA zur Lage am Immobilienmarkt belege, dass trotz geopolitischer Risiken und wirtschaftspolitischer Unsicherheit eine gesamtwirtschaftliche Aufhellung möglich ist und die Immobilienwirtschaft daran teilhaben könne. „Das muss unbedingt gelingen. Denn die Branche legt buchstäblich Fundamente für ökonomische Stärke und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und der braucht zwingend Stabilität“.

Lösungsansätze

Was sind Lösungsansätze, um für eine Entlastung am Immobilienmarkt zu sorgen? Wichtige Hebel aus Sicht des ZIA sind (im Wortlaut):

  • Der Bund stellt für das Programm klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment (KNN) eine Milliarde Euro in diesem Jahr bereit. Diesen Vorstoß der Bundesbauministerin begrüßt der ZIA sehr, dringt jedoch auf einen größeren Schritt: Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf zwei Prozent reduziert, brächte bei einer Fördersumme von drei Milliarden Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen. Neun Milliarden Euro vom Staat brächten mit 300.000 Extra-Wohnungen die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt. Nach ZIA-Berechnungen kostet das Programm in zehn Jahren für 100.000 Wohnungen zunächst insgesamt drei Milliarden Euro. Es kämen aber 3,3 Milliarden Euro durch Umsatzsteuer und eine Milliarde durch ersparte Transferkosten für Arbeitslosigkeit wieder rein. Und in der Zeit gäbe es zudem knapp eine Milliarde Euro an Grundsteuern.
  • Ein temporärer Verzicht auf die Grunderwerbsteuer oder kommunale Abschöpfungen beim Wohnungsbau wären „der Superturbo“ (Mattner) – für den Wohnungsbau und die Ökonomie insgesamt. Denn Einnahme-Zuwächse über die Umsatzsteuer auf Bauleistungen und die Grundsteuer würden die Ausgaben mehr als ausgleichen. Und: Der drohende Abbau von Arbeitsplätzen bei Jobverlusten in der Bauwirtschaft würde den Staat über Transferkosten erheblich belasten.
  • Die von Bundesregierung und Bundestag gewünschten steuerlichen Anreize über die degressive AfA sind unverzichtbar. Sie darf im Wachstumschancengesetz nicht mit anderen sachfremden Fragen verknüpft werden.

Der ZIA rechnet vor, was den Immobilienmarkt konkret entlasten würde: Ein deutliches Absenken der Staatsquote, was die Wohnungsmieten spürbar reduzieren würde. Im Wortlaut: „Es könnte so einfach sein, Mieten von aktuell 15 Euro lägen bei einer auf 22 Prozent reduzierten Staatsquote – statt 37 Prozent – bei lediglich 12,80 Euro. Vor der wichtigen Sitzung des Vermittlungsausschusses am morgigen Mittwoch zum Wachstumschancengesetz, und damit zur degressiven AfA, will ich es noch einmal ganz klar sagen: Die Lage ist zu ernst für politische Spielchen.“

Europäischer Wohnungsbau drückt den Bausektor ins Minus

Das ifo-Institut hatte heute auch keine erfreulichen Aussagen zum Immobilienmarkt zu vermelden. In Europa wird laut ifo die Zahl der Wohnungsfertigstellungen bis 2026 nur noch bei gut 1,5 Millionen Einheiten liegen, ein Minus von 13 % gegenüber 2023. Für Deutschland ist ein Rückgang von 35 % zu erwarten. Dies zeigen Prognosen der Forschergruppe Euroconstruct, der das ifo Institut angehört. „Vor allem wegen der stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten ist der Wohnungsneubau in Deutschland oftmals nicht mehr möglich. Die Politik hat die Rahmenbedingungen bislang nicht entscheidend verbessert. Der im Zuge dessen erfolgte Rückgang der Genehmigungszahlen verheißt nichts Gutes für die kommenden Jahre“, so die ifo-Aussage.

In den meisten der 19 Euroconstruct-Länder kühlt sich das Wohnungsbauklima laut ifo-Aussage weiter ab. Vor Deutschland gibt die Fertigstellungszahl bis 2026 in Schweden am stärksten nach, mit -47% im Vergleich zu 2023. Auf den weiteren Plätzen folgen Frankreich (-22) und Dänemark (-19) mit einem problematischen Immobilienmarkt. „Die Bauexperten berichten insbesondere über die verteuerte Kreditaufnahme und die geschrumpften finanziellen Spielräume der Privathaushalte“. Der vielerorts eigentlich ausgeprägte Bedarf zusätzlicher Wohnungen gerate dabei erst einmal in den Hintergrund. Gleichwohl kommen aus Irland (+16%), Slowakei (+14%) und Großbritannien (+12%) positive Signale.

Weiter schreibt ifo heute: Insgesamt werden in Europa die Investitionen in neue Wohngebäude 2026 um 6,4% niedriger ausfallen als 2023. Die Aufwendungen für Instandhaltung und Wohnungssanierungen sinken bis 2026 lediglich um 1,2%. Im Gegensatz dazu wird der europäische Tiefbau bis 2026 voraussichtlich um insgesamt 7,5 Prozent wachsen. Besonders für das Energie- und Eisenbahnsegment erwarten die Experten eine überdurchschnittlich starke Dynamik. Auch der Bereich Wassermanagement wird überdurchschnittlich stark wachsen. „Zu den treibenden Kräften zählen dabei die politischen Zielvorgaben im Energie- und Umweltbereich, Kapazitätsanpassungen an der Transportinfrastruktur und die Notwendigkeit zur allgemeinen Netzmodernisierung“.



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6 Kommentare

  1. …Wer also baut, geht bankrott…
    Nicht nur wer baut geht bankrott.
    Auch wer schon gebaut hat geht banrott, wenn jetzt oder 2025 teuer das Baudarlehen refinanziert werden mus7s, oder wenn nun eine ältere Bausubstanz energetisch aufgerüstet werden muss.
    Ganz ungewiss ist auch noch, wieviel Häuschenbesitzer ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Welche Tätigkeiten werden für Facharbeiter aus der Stahl- oder Autoindustrie als zumutbat angesehen, die mit Mindestlohn entlohnt werden? Oder Bürgergeld?

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Das wird sich durch das teurere Geld von selbst erledigen. Und die Regulation war dringend notwendig.
    Es wird wieder mehr bezahlbare Gebrauchtwohnungen geben – die jetzt noch zu hunderttausenden(!) leerstehend auf Käufer warten und mit dem Mietmarkt konkurrieren. Wer aber seinen jahrzehntelang nicht mehr modernisierten Schrott nicht rechtzeitg mit Billo-Geld aus 2016-2021 auf Vordermann brachte, bekommt dafür – trotz Zuzug – immer realere Verkaufspreise und das wird immer mehr Leute die Immobilien abstoßen lassen.

    Der Trend fallender Preise wird weitergehen aber der Wohnungsmangel wird sich auch deshalb lichten, weil Deutschland aufgrund der anrollenden Rezession/Arbeitslosigkeit weniger attraktiv sein wird, weil es weniger abhebbares Bargeld an Flüchtlinge zahlt – und daher der Zuzug zurück geht.

    Der demographische Wandel, mit den jetzt langsam alternden Babyboomern – die ihre Asbest-, Glaswolle, PCB-, etc. – belasteten Altimmobilien abstoßen, in denen sie als Einzelpersonen in Kleinstädten auf über 100m² wohn(t)en, während die Kinder in Großstädten leben – macht auch nicht halt.

    Die Enthebelung wird m.E. maßgeblich dazu beitragen, den Wohnraummangel zu beheben.

    Wurde aber auch Zeit. Jahrelang wurde „Investoren“ von tollen Immo-Youtubern empfohlen, mit den mickrigen Mieteinnahmen der Immobilie A, die Finanzierung der Immobilie B, usw. zu finanzieren, mit denenen aus B dann C usw.
    Nun ist die Geld-aus-dem-Hut-Zauberei vorbei. Milliardäre spekulierten in London mit 10x überbewerteten kleinen Reihenhäuschen, in denen seit vielen Jahren niemand mehr wohnte, weil es sich keiner mehr leisten konnte.

    Die Entscheidung der EZB war und ist jetzt im Prinzip, entweder mit Vermögenspreisdeflation bei Immos/Aktien und moderater Inflation weiterzumachen oder zu einer Vermögenspreisinflation und galoppierender Inflation zurückzukehren. Die hat man ja 2021/22 angerissen und zum Glück gestoppt…

    Alles andere würde unsere Sozialsysteme in die Implosion treiben. Von daher:
    Richtig so, EZB! Denn ich möchte, dass 1500 Euro Rente in 20 Jahren zumindest einen vernünftigen Minimalstandard in Aussicht stellen (und nicht meine allein bewohnte 200m² Energieklasse-H-Hütte mit Mieteinnahmen aus einem Studentenappartment finanzieren.)

  3. Dass privater Wohnungsbau total unpopulär ist wird nur die Masse der Nichtinformierten erstaunen. Wollen doch alle mit Kryptos, Luftaktien und andern Anlagen ohne Aufwand schnell reich werden, während ein Immobilienvermieter mit 2bis 3% Nettorendite und immensem Aufwand schon als Wucherer bezeichnet wird und die Mietpreise natürlich staatlich gedeckelt werden müssen.
    Leider sind an der Steigerung der Immopreisen auch die manipulierten Zinsen der Notenbanken schuld, genau wie an den gestiegenen Aktienpreisen an denen sich doch alle so erfreuen und wo es doch auch immer weitergehen sollte. An Immos waren in den letzten Jahren einzig die Wertzuwächse aus bekannten Gründen positiv und dies ist wohl auf kurze Sicht vorbei.
    P.S. Das soziale Debakel aus der ÜBERSCHRIFT wurde wiederum von der Politik und den Notenbanken selbstverschuldet,

  4. Moin, moin,

    der Rest der Welt möchte halt gerne in der BRD wohnen. Na dann, viel Spaß beim Überbauen der letzten freien Flächen.

    1. @asyoulike,
      auch nach österrech, laut statistik austria und zentralen melderegister, leben mittlerweile ~ 80000 ukrainer
      in österreich und ~ 15000 sind erwerbstätig. der rest der erwerbsfähgen sind nicht willens, einer tätigkeit nachzugehen. etwa 2/3 davon besitzen einen tertiären bildungsabschluss (aka fachkräfte).
      über die anderen importierten, welche grossteils weder schreiben und lesen können reden wir nicht.

  5. nicht nur das Bauen, auch das Vermieten wird immer unrentabler und komplizierter. Unser Mietrecht bevorteilt einseitig die Mieter. Kein Wunder, dass in Deutschland auch viele Wohnungen dem klassischem Mietmarkt entzogen werden, weil private Vermieter keine Lust haben, unter diesem Rechtsrahmen zu vermieten! Wir sehen das auch auf wohnung-jetzt.de: die Mehrzahl der angebotenen Mietwohnungen ist bei uns möbliert und viele Wohnungen werden über Agenturen vermietet.

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