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Industrieproduktion steigt – Wende? Daten und Expertenaussagen

Die Industrieproduktion steigt aktuell überraschend deutlich an. Hier dazu die Daten und einige Expertenaussagen.

Stahlproduktion in Deutschland
Stahlproduktion in Deutschland. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Fällt die Rezession doch aus, war es nur eine Mini-Krise der deutschen Wirtschaft? Wer optimistisch ist, kann aktuelle Daten vom Statistischen Bundesamt freudig zur Kenntnis nehmen. Demnach stieg die deutsche Industrieproduktion im Februar 2024 gegenüber Januar 2024 um 2,1 %. Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich war die Produktion von Dezember 2023 bis Februar 2024 aber um 0,5 % niedriger als in den drei Monaten zuvor. Im Vergleich mit dem Vorjahresmonat Februar 2023 war die Industrieproduktion im Februar 2024 immer noch 4,9 % niedriger. Ob die monatliche Veränderung also eine wirkliche Trendumkehr ist, kann man noch nicht wirklich sagen.

Industrieproduktion kurzfristig stark vor allem dank Bausektor

Der Produktionsanstieg gegenüber dem Vormonat ist laut Aussage der Statistiker zu einem großen Teil auf die Entwicklung im Baugewerbe (saison- und kalenderbereinigt +7,9 %) zurückzuführen, siehe rote Linie in der Grafik. Deutlich negativ auf das Gesamtergebnis wirkte sich hingegen der Produktionsrückgang im Bereich Energieerzeugung (-6,5 %) aus. Die Kernrate der Industrieproduktion (Produzierendes Gewerbe ohne Energie und Baugewerbe) nahm im Februar 2024 gegenüber Januar 2024 um 1,9 % zu. Dieser Anstieg ist laut den Statistikern weitgehend auf die Produktionszuwächse in der Automobilindustrie (+5,7 %) sowie der Chemieindustrie (+4,6 %) zurückzuführen.

Auch die Produktion in energieintensiven Industriezweigen ist gestiegen

In die energieintensive Industrieproduktion ist im Februar 2024 gegenüber Januar 2024 um 4,2 % gestiegen. Im Dreimonatsvergleich war die Produktion in diesen Industriezweigen von Dezember 2023 bis Februar 2024 nur um 0,2 % höher als in den drei Monaten zuvor. Verglichen mit dem Vorjahresmonat Februar 2023 war die energieintensive Produktion im Februar 2024 um 0,9 % höher.

Grafik zeigt Entwicklung der deutschen Industrieproduktion seit dem Jahr 2015

Einordnung der Commerzbank

Die Ökonomen der Commerzbank sagen zu den aktuellen Daten für die Industrieproduktion folgendes (hier nur die Headline-Aussage): Die Produktion im deutschen produzierenden Gewerbe ist im Februar mit 2,1% den zweiten Monat in Folge spürbar gestiegen. Ausschlaggebend hierfür war neben einem deutlich Plus bei der Auto-Industrie und beim Bau, dass die Produktion in den energieintensiven Sektoren erneut kräftig zugelegt hat. Offensichtlich lässt der belastende Effekt der massiv gestiegenen Energiepreise allmählich nach. Mit dem Produktions-Plus im Februar ist die Chance gestiegen, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal nicht erneut schrumpfen wird. Allerdings sprechen die im Trend weiter rückläufigen Auftragseingänge gegen einen schnellen Aufschwung. Vielmehr dürfte die Produktion in den kommenden Monaten allenfalls stagnieren.

Weitere Expertenaussagen

Die deutsche Industrieproduktion ist im Februar zum zweiten Mal in Folge gestiegen und liefert damit ein weiteres Datensignal für die These, dass sich das heimische produzierende Gewerbe langsam aus einer leichten Rezession herauswinden könnte, so ordnet es Bloomberg aktuell ein. Der Index der Produktion im produzierenden Gewerbe stieg um 2,1% gegenüber dem Vormonat, vor allem aufgrund einer besseren Entwicklung der Bauwirtschaft, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Von Bloomberg befragte Ökonomen hatten nur 0,5% Monatswachstum prognostiziert.

Freilich liegt die Produktion trotz des monatlichen Anstiegs noch immer weit unter dem Niveau vor der Pandemie. Es dauert offenbar noch, die Rückschläge durch den Energiepreisschock nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor zwei Jahren und die schwächelnde Auslandsnachfrage zu verdauen. Auch die straffere Geldpolitik zur Bekämpfung der Inflation belastet. Die Daten waren in letzter Zeit uneinheitlich. Am Freitag wurde ein leichter Zuwachs beim Auftragseingang berichtet, der aber nur auf die von Monat zu Monat stets stark schwankenden Großaufträge zurückzuführen war. Die Einkaufsmanagerindices von S&P Global zeigen hingegen eine weiter nachlassende Branchendynamik.

Sowohl das vom Ifo-Institut gemessene Geschäftsklima als auch die ZEW-Anlegererwartungen haben sich im vergangenen Monat jedoch verbessert. Dahinter stehen die Aussicht auf Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank, die wahrscheinlich im Juni beginnen werden, und eine Verbesserung der globalen Bedingungen. Von Bloomberg befragte Ökonomen erwarten eine Schrumpfung der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,1% im ersten Quartal, die zweite Kontraktion in Folge nach minus 0,3% in Schlussquartal des Jahres 2023. Ein neues Modell von Bloomberg Economics ist etwas optimistischer und taxiert die Wahrscheinlichkeit einer Rezession auf knapp über 30%.

Bundeswirtschaftsministerium mit Einordnung

Das Bundeswirtschaftsministerium sagt aktuell zu den neuen Daten zur Industrieproduktion: Die Wirtschaftszweige innerhalb der Industrie entwickelten sich unterschiedlich: Maßgebliche Produktionsausweitungen waren in den Wirtschaftszweigen chemische Erzeugnisse (+4,6 %), pharmazeutische Erzeugnisse (+6,4 %) und im gewichtigen Bereich Kfz/Kfz-Teile (+5,7 %) zu verzeichnen. Dagegen wurde der Ausstoß im ebenfalls gewichtigen Bereich Maschinenbau etwas heruntergefahren (-1,0 %). Auch die Produktion von elektrischen Ausrüstungen (-2,7 %) und Druckerzeugnissen (-2,6 %) wurde gedrosselt.

Mit den aktuellen Zahlen zur Produktion im Produzierenden Gewerbe, insbesondere auch der Industrie, verfestigen sich die Anzeichen für eine allmähliche konjunkturelle Bodenbildung. Zuvor haben schon Frühindikatoren wie die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe und Stimmungsindikatoren wie das ifo Geschäftsklima oder der Einkaufsmanagerindex darauf hingedeutet.

FMW/Bloomberg



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7 Kommentare

  1. Inflationswelle 2.0

    Ja wenn das so ist, dann sollte die EZB nochmal die Zinssenkungspläne überdenken.

    Steigende Industrieproduktion und steigende Gehälter und sinkende Zinsen passen irgendwie nicht gut zusammen.

    Aber wie immer, wird das Timing der EZB nicht sehr gut sein ;-)

    Kann man die EZB nicht durch eine KI ersetzten?

    Die KI wird zwar auch ab und zu halluzinieren und träumen und wird gewisse Ideologien verfolgen, aber das ist ja dann auch nicht anders als in der EZB.

    Inflation 2.0 ist in der Vorbereitung.

  2. Wieder mal liegen alle „Experten“ daneben……

    1. @lb, nur Sie liegen richtig…

      1. Schönredner erleben schwere Zeiten

        Columbo kann sich jetzt auch zu den Experten zählen.Er wird stioiz sein.

    2. Meiner Meinung nach sind Zahlen des StatBuA noch nicht mal inflationsbereinigt, Monatsvergleiche im Allgemeinen wenig aussagekräftig und die Produktion im Baugewerbe ist immer interpretationsbedürftig. Dazu kommt der „Wums“ für die Bundeswehr, der sich auch in den heutigen Zahlen niederschlägt, aber kaum langfristig durchzuhalten sein wird. Produktionssteigerungen gab es auch schon dauernd in der DDR. Dabei muss auch Geld verdient werden, sonst fällt das alles schnell in sich zusammen.

  3. ich konnte auf die schnelle keine genau definition zu „industrieproduktion“ finden. daher gehe ich mal davon aus, dass wir hier von euros also geldvolumen sprechen. d.h. es geht überhaupt nicht hervor welche komponenten hier tatsächlich akkzelleriert und ob es wachstum bzw. es eine tatsächliche „erholung“ oder nur ein inflationseffekt ist. 2,1% yoy ist mal deutlich geringer als die aktuelleinflationskomponente von offiziell 2,4-2,6% wenn ich das richtig im kopf habe. d.h. in units wäre das schon zweimal kein wachstum.

    videvid, ich mache mir die welt wie sie mir gefällt.

  4. Moin, moin,

    wie hoch wäre die Industrieproduktion in der BRD ohne Betriebe, die hier nur aufgrund von Subventionen produzieren? Mir erscheint die Produktion in Teilen quasi „gekauft“ zu sein.

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