Europa

Zweithöchste Verschuldung nach Griechenland Italien will Staatshaushalt durch Verkauf von Tafelsilber entlasten

Haushalt leidet wegen gestiegener Zinsen

Italien Tafelsilber Haushalt

Zur Stärkung des Haushalts erwägt die Regierungskoalition in Italien unter Giorgia Meloni, Minderheitsanteile an Staatsunternehmen zu versilbern. Die restriktive Geldpolitik der EZB macht dem Stiefelstaat zu schaffen. Laut Maastricht-Kriterium dürfte die Verschuldung in Relation zum BIP bei maximal 60 Prozent liegen:
Italien ist nach Griechenland das EU-Mitglied mit den höchsten Staatsschulden

Italien versucht Staatsverschuldung mit Privatisierungen in den Griff zu bekommen

Nach Informationen von Bloomberg News beziehen sich die Überlegungen im Kabinett von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auch auf die Staatsbahn in Italien. Die Debatte ist allerdings noch in einem frühen Stadium.

Mit den Erlösen aus dem geplanten Verkauf der Banca Monte dei Paschi di Siena im nächsten Jahr werde indessen bereits fest gerechnet, berichten informierte Personen aus dem Regierungsumfeld.

Auf einer Kabinettssitzung am Montag drängte Meloni die Minister, ihre Ausgaben zu reduzieren. Dies sei zur Gegenfinanzierung der geplanten Entlastungen der Bürger und der Wirtschaft notwendig.

Die Regierung will bei der Lohnsteuer und durch die Unterstützung von Familien den Konsum ankurbeln. Dies geht aus dem Text von Melonis Ausführungen hervor, der der Nachrichtenagentur Bloomberg vorliegt. Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti sagte nach der Sitzung, dass es “eine gute Idee sein könnte, sich von gewissem Staats-Besitz zu trennen.” Aber der ist nicht viel wert!

Mit dem Verkauf von Teilen des staatlichen Tafelsilbers will Rom das Problem umgehen, neue Ausgaben mit zusätzlichen Schulden finanzieren zu müssen und so in Brüssel und an den Finanzmärkten Sorgen um Italiens Verschuldung zu schüren.

Die Wirtschaftskraft des Landes ist im zweiten Quartal unerwartet geschrumpft. Damit läuft die Regierung in Rom Gefahr, das Defizitziel von 4,5 Prozent in diesem Jahr zu überschreiten. Das wird auch für 2024 befürchtet. Dann sollte das Defizit eigentlich auf 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurückgehen. Das scheint aus heutiger Sicht sehr ambitioniert:

In Anbetracht der Wirtschaftsschwäche und der hohen Schulden in Italien schießt Ministerpräsidentin Meloni daher auch gegen die EZB: Die Erhöhung der Zinsen sei schädlich für die Konjunktur und ohne Aussicht, die Inflation nachhaltig nach unten zu bringen.

Mitte August hatte Meloni Anleger und Märkte mit der Entscheidung überrascht, eine Steuer auf Bankgewinne zu erheben, die aus den Leitzinserhöhungen in der Euro-Zone resultieren.

Die Veräußerungskandidaten

Nun kommt eine neue Idee aus dem Meloni-Kabinett: das Tafelsilber verscherbeln. Neben der Staatsbahn Tren Italia und der Banca Monte dei Paschi di Siena kommen dafür noch weitere Unternehmen in Italien infrage:

Italien könnte Anteile an diesen Unternehmen zur Reduzierung der Staatsverschuldung veräußern

Möglich wäre auch die Veräußerung der Staatsanteile an RAI Way, das die technische Sendeinfrastruktur des staatlichen Fernsehsenders RAI (Radiotelevisione Italiana) besitzt. Der Marktwert des Unternehmens beträgt allerdings nur 1,46 Mrd. Euro. Peanuts im Vergleich zur Staatsverschuldung in Italien in Höhe von 2,8 Billionen Euro.

Interessanter wäre da schon die Trennung von den Anteilen an dem wertvollsten Börsenkonzern des Landes, dem Energieversorger Enel. Italien hält aktuell nur noch 23,6 Prozent des früheren staatlichen Monopolisten. Der Wert dieses Anteils liegt aktuell immerhin bei 15 Milliarden Euro.

Das zeigt aber auch das Dilemma des mit hohen Staatsschulden geplagten Landes: Der Verkauf von Minderheitsbeteiligungen bringt die Regierung in Rom in Sachen Reduzierung der Schulden nicht viel weiter.

Auf dem aktuellen Zinsniveau halten Ökonomen eine Schuldenquote von 80 bis maximal 100 Prozent des BIP für nachhaltig. Italien lieg bei über 140 Prozent. Das südeuropäische Land muss aktuell 4,0 Prozent für zehnjährige Staatsanleihen am Kapitalmarkt bezahlen. Das entspricht einer Vervierfachung in den letzten 4 Jahren (seit Ende August 2019):

Renditen für 10-jährige Staatsanleihen von Italien haben sich seit 2019 vervierfacht
FMW/Bloomberg



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8 Kommentare

  1. Man muss ja nicht alles verkaufen.
    Aber wenn Italien 1.200 Tonnen von seinem Staatsgold verkaufen würde, dann hätten sie immer noch die Hälfte von diesem „nutzlosen Zeug“ was nur Lagerkosten generiert(!?)
    Und die Italiener bekämen etwa 70 Milliarden für die Staatskasse.
    Ich denke, die Chinesen würden die dann etwa 1200 Tonnen in einem Ramsch schon in der nächsten Woche kaufen.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

    1. „… Aber wenn Italien 1.200 Tonnen von seinem Staatsgold verkaufen würde…“

      Wenn das mehrere machen, würde der Goldpreis ordentlich in den Keller rauschen.

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Ja die goldenen Draghi Jahre sind vorbei. Durch die jahrelange Niedrigzinspolitik,unter Zuhilfenahme von unzähligen QE Programmen, konnte sich Italien relativ leicht finanzieren, jetzt sieht es schon anders aus.

    Kein Wunder also, das nun wieder auf ein Einknicken der Notenbanken spekuliert wird. Die Märkte und auch gewisse Staaten, wie Italien, hätten natürlich gerne Null Zinsen bis in alle Ewigkeit.

    Das liegt in der Natur der Sache .

  3. Ob das reicht?
    Daniel Stelter hatte einmal eine Vermögenssteuer von 10 bis 20% für die Italiener vorgeschlagen, da sie ja so viel Privatvermögen hätten. Sie wären dann alle Schulden los.
    (Ich stell mir Daniel Stelter gerade als italienischen Finanzminister vor, schnell reden kann er ja).
    Sowas kann recht schnell gehen, sozusagen über Nacht und rückwirkend.
    Andere hochverschuldete Südländer – vielleicht auch Nordländer (beispielsweise DE) – könnten ganz schnell auf dieselbe, für Regierungen recht praktische, für Bürger aber äußerst schmerzhafte Idee kommen.

    1. Einstellung zum Staat.
      Die Eigentumsquote der Italiener beträgt 75%.
      Der Griechen bei 86%.
      Diese Bürger werden einen Teuf…tun für ihren Staat zu bürgen.
      Das ist der Unterschied zum Deutschen Staatsbürger.
      Da wir in Westdeutschland nur 43% Eigentum also Haus oder Wohnung besitzen.
      Ostdeutschland 33%, sind wir im Würgegriff.
      Und doch Gehorsam.
      Zum Glück…

  4. Naja, eine Vermögensabgabe wird sicherlich kommen; wahrscheinlich europaweit.
    Man wird nun nicht Omas Häuschen mit einer Abgabe belegen, denn Freibeträge gab es auch in der Vergangenheit. Bei der Hauszinssteuer automatisch, denn da wurden nur die Kredite zurückgesetzt.
    Wenn die grünen Ökosozialisten Omas Häuschen auf den neusten Stand gebracht haben, dann ist Oma sowieso Pleite.
    Aber wer sich für die private Altersversorgung ein Mehrfamilienhaus erworben hat, der kann schon mit einer Vermögensabgabe rechnen.
    Aktienbesitz ist ja auch bekannt, usw.
    Bekannter Edelmetallbesitz natürlich auch.
    Wer kann sollte schon jetzt dafür sorgen, ganz offiziell und wahrheitsgemäß sagen zu können:
    Ich habe gar keine Edelmetalle.
    Denn es ist damit zu rechnen, dass der Stichtag zur Bemessung des Vermögens mindestens 2 Jahre vor dem Tag liegt, an dem die Vermögensabgabe rechtskräftig wird. Alle in diesem Zeitraum getätigten Transaktionen können dann schnell als Gestaltungsmißbrauch deklariert werden, um eine Vermögensabgabe umgehen zu wollen.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  5. Der Goldpreis würde nur in den Keller rauschen, wenn hunderte oder tausende Tonnen Gold auf den Markt drängen, aber keiner das Gold haben will.
    Wie bei dem Papiergold, wenn es auf den Markt drängt, keiner will es, und dann auch der physische Goldpreis auch nach unten geht.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  6. Hallo Alibi, so sieht es in Spanien auch aus.
    Viele Spanier sehen ein zweites Häuschen auch als private Altersversorgung an, und in dem anderen Häuschen wohnen sie mietfreie.
    Bei der Mentalität der Spanier eine Vermögensabgabe einführen, würde wohl zu Aufständen führen.
    Selbst Hundesteuer, GEZ, und Krankenkassenbeiträge für Rentner ist nicht durchzusetzen.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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