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Lieber Rezession statt Inflation IWF ermahnt EZB zu weiteren Zinserhöhungen

Der IWF sagt der EZB aktuell ganz klar, dass man die Zinsen weiter erhöhen soll. Eine Rezession ist wohl das kleinere Übel als die Inflation.

Besser Rezession in Kauf nehmen als eine hohe Inflation akzeptieren – das ist offenbar die Sichtweise des IWF! Die Europäische Zentralbank und die anderen Währungshüter rund um den Globus müssen bei der Eindämmung der Inflation auf Kurs bleiben, auch wenn steigende Zinsen die Gefahr von Rezessionen erhöhen. Das schrieb Gita Gopinath, erste stellvertretende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), den im portugiesischen Sintra versammelten EZB-Räten laut Bloomberg am Montagabend ins Stammbuch.

IWF ermahnt EZB zu höheren Zinsen

“Es dauert zu lange, bis sich die Inflation wieder dem Zielwert nähert”, sagte Gopinath auf der jährlichen EZB-Klausur in dem Bergdorf westlich von Lissabon. “Das bedeutet, dass die Zentralbanken, einschließlich der EZB, trotz des Risikos eines schwächeren Wirtschaftswachstums bei der Inflationsbekämpfung bleiben müssen.”

Auf längere Sicht werden strukturelle Verschiebungen in der Wirtschaft mehr Aufwärtsrisiken für die Preise mit sich bringen und die Notenbanken möglicherweise dazu zwingen, ihre Strategien zu verfeinern, so die indisch-amerikanische Ökonomin. Weiter sagte sie: Finanzielle Spannungen könnten darüber hinaus zu Konflikten zwischen Inflations- und Finanzstabilitätszielen führen.

Entwicklung von Inflation und Zinsen der EZB in der Eurozone

Die EZB-Ratsmitglieder diskutieren in Sintra, wie weit ihr geldpolitischer Straffungszyklus noch gehen muss, damit die Inflation wieder das 2%-Ziel erreicht. Die Gesamtinflationsrate ist nach dem Rückgang der Energiekosten wieder gesunken auf zuletzt 6,1 %, doch der zugrundeliegende Preisdruck zeigt sich hartnäckiger als angenommen.

Ähnlich wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde forderte Gopinath staatliche Unterstützung für den Kampf gegen die Inflation statt deren Befeuerung durch fiskalische Hilfsmaßnahmen. “Einige Nebeneffekte der Inflationsbekämpfung durch die Geldpolitik könnten verringert werden, wenn die Finanzpolitik eine größere Rolle spielen würde”, sagte sie. Letztlich sei es aber Aufgabe der Zentralbanken, unabhängig von der Finanzpolitik für Preisstabilität zu sorgen.

Unter Hinweis auf die jüngsten finanziellen Spannungen in Korea, Großbritannien und den USA sagte Gopinath, dass die Zentralbanken “eine etwas langsamere Rückkehr zum Inflationsziel tolerieren könnten, um systemischen Stress abzuwenden. Dennoch sollte die Messlatte dafür sehr hoch liegen.”

Zu strukturellen Treibern längerfristig erhöhter Inflation zählt Gopinath die Umstrukturierung der globalen Lieferketten, die geopolitische Fragmentierung und den Klimawandel. Eine Rückkehr zu den extrem niedrigen Zinssätzen von vor der Pandemie sei daher wenig wahrscheinlich.

“Die Zentralbanken müssen möglicherweise aggressiver reagieren, wenn die Angebotsschocks breit angelegt sind und Schlüsselsektoren der Wirtschaft betreffen, oder wenn die Inflation bereits über dem Zielwert liegt, so dass es wahrscheinlicher ist, dass die Erwartungen enttäuscht werden”, sagte sie. “In einer starken Wirtschaft, in der die Hersteller Kostensteigerungen leichter weitergeben können und die Arbeitnehmer weniger bereit sind, Reallohnverluste hinzunehmen, müssen sie möglicherweise aggressiver reagieren.”

Kosten und Nutzen der quantitativen Lockerung müssen möglicherweise ebenfalls überdacht werden — auch wenn sie ein “kritisches Instrument” bleibe, wenn die Arbeitslosigkeit hoch und die Inflation niedrig ist, aber die Zinsen nahe der unteren Grenze liegen.

“Wenn sich die Beschäftigung weitgehend erholt hat und die Inflation nur geringfügig unter dem Zielwert bleibt, sollte man vorsichtiger mit dem Einsatz von QE sein — und sie mit Forward Guidance begleiten, die niedrige Leitzinsen verspricht”, sagte sie. “Die Beibehaltung von QE unter solchen Umständen erhöht das Risiko, dass die Wirtschaft überhitzt und die Politik zu einer scharfen Kehrtwende gezwungen wird.”

Gita Gopinath vom IWF
Gita Gopinath vom IWF.

FMW/Bloomberg



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3 Kommentare

  1. Ja, zumal es ja auch der Deindustrialisierung von Deutschland entgegenkommt.
    Habeck würde sagen: Zwei Fliegen mit einer Klappe.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. „Ähnlich wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde forderte Gopinath staatliche Unterstützung für den Kampf gegen die Inflation statt deren Befeuerung durch fiskalische Hilfsmaßnahmen.“ ???

    IWF und Centralbanken:
    “ Hört endlich einfach auf die Schulden aller EU-Regierungspolitiker AUFZUKAUFEN!!“ Oh Pardon, ihr zwingt ja die Geschäftsbanken diese Schulden zu kaufen
    Ihr seid Schuld an der Inflations-Misere, EZB, IWF, IMF. Räumt euren Sch…. endlich auf! Dafür wurdet ihr doch gegründet. Oder verschwindet einfach. Dann brauchen die EU-Bürger auch nicht mehr eure unnötigen und überflüssigen Gehälter und Boni aus Steuergeldern zahlen.
    Profis verdienen sich ihr Gehalt, jeden Tag. Wie gut das ihr keine Profis seid, denn echte Profis hätten es erst gar nicht zu dieser Inflation kommen lassen!
    Ach, wenn es doch so einfach wäre?!

    1. Hallo Tim B.
      Die frage ist dann aber, an wen die Billionen Sparvermögen der Deutschen verliehen werden sollen. Welcher Markt ist so groß.
      Ich habe mein Geld nicht den Banken gegeben, damit diese es weiterverleihen können, sondern ich habe mir Edelmetalle gekauft.
      Soll und muss ja nicht unbedingt so sein, aber wer den Banken Geld gibt, hat keinen Einfluss mehr darauf, wo das Geld landet.
      Und wenn Griechenland oder Spanien 2% mehr für Staatsanleihen zahlen, dann fließt das Geld der Banken dorthin.

      Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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