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Aussagen von EZB-Rat Villeroy Zinsen: Hat die EZB noch Spielraum für weitere Zinssenkungen?

Zinsen: Hat die EZB noch Spielraum für weitere Zinssenkungen?
EZB Frankfurt. Foto: Copyright ECB / Robert Metsch. Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0 - https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/

Die Europäische Zentralbank hat in der vergangenen Woche die Lockerung der Geldpolitik eingeleitet, als sie erstmals seit 2019 wieder die Zinsen senkte. Zum ersten Mal in der Geschichte führte die EZB damit eine Zinssenkung vor der US-Notenbank durch. Die Fed wird am Mittwoch über die Zinsen entscheiden. Im Gegensatz zur EZB wird sie die Zinssätze unverändert belassen, da die US-Inflation klebriger und die Konjunktur robuster als in der Eurozone ist. Für die europäischen Notenbanker ergibt sich daraus weniger Spielraum für weitere Zinssenkungen, weil eine zu große Diskrepanz zur US-Geldpolitik einige Problem mit sich bringen würde, wie beispielsweise die Abwertung des Euro. Die große Frage, die sich nun stellt: Kann die EZB weitere Zinssenkungen in diesem Jahr verkünden? Nach Ansicht von EZB-Rat Francois Villeroy de Galhau darf die Zentralbank bei ihren nächsten Schritten nicht hetzen, aber auch nicht trödeln.

EZB: Weitere Zinssenkungen?

Im Anschluss an die Zinsentscheidung hat die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, bereits die Erwartung an eine schnelle weitere Zinssenkung gedämpft. Wie Bloomberg berichtet, gaben auch andere Ratsmitglieder vorsichtige Einschätzungen zu den Aussichten auf weitere Zinssenkungen ab und forderten mehr Beweise für Fortschritte bei der Inflation, um sicher zu sein, dass eine Lockerung gerechtfertigt ist.

Die Europäische Zentralbank sollte weder überstürzen noch zögern, wenn es um künftige Zinssenkungen geht, nachdem sie in der vergangenen Woche eine „entschlossene Orientierung“ für den Beginn der Lockerung gegeben hat, so der Gouverneur der Bank von Frankreich, Francois Villeroy de Galhau.

Angesichts der Ungewissheit über die nächsten Schritte der EZB nach der weithin erwarteten Senkung der Zinsen in der vergangenen Woche unterscheidet sich der Ton des französischen Zentralbankers leicht von dem seiner Kollegen. „Was unsere nächsten Zinssenkungen angeht, plädiere ich für einen ‚pragmatischen Gradualismus‘, sowohl was den Zeitpunkt als auch was die Dauer betrifft, ohne Eile und ohne Zögern“, sagte Villeroy am Dienstag in einer Rede auf dem Pariser Finanzforum.

Ein Teil der Herausforderung für die EZB besteht darin, dass ihre Senkung der Kreditkosten sowohl mit ihren höheren Inflationsprognosen als auch mit dem unerwartet starken Lohnwachstum und den Verbraucherpreisen kollidiert.

Christine Lagarde bezeichnete den jüngsten Zinsschritt als gerechtfertigt, fügte aber in einem am Montag veröffentlichten Interview hinzu, dass die Entscheidung nicht bedeute, dass sich die Zinsen nun auf einem linearen Abwärtspfad befänden. Ähnlich äußerte sich der Chef der litauischen Zentralbank, Gediminas Simkus, am Dienstag: „Es ist noch zu früh, die Siegesfahne zu hissen“.

Auch der finnische Notenbankchef Olli Rehn räumte Fortschritte bei der Inflation ein, wollte sich aber nicht auf einen Zinspfad festlegen.

Abweichung von der Fed-Politik

Villeroy merkte an, dass die EZB bei künftigen Sitzungen versuchen werde, die Volatilität der Inflationswerte zu durchschauen, was er zum Teil auf den Basiseffekt des Vergleichs mit den Energiepreisen des Vorjahres zurückführte.

„Dieses Rauschen wird nicht sehr aussagekräftig sein“, sagte er. „Daher sind wir immer noch mehr von den Aussichten abhängig und werden uns die Inflationsprognose genau ansehen.

Der Chef der Bank von Frankreich sagte, die EZB solle sich keine allzu großen Sorgen über Spillover-Effekte machen, die sich aus der Abweichung zum Zinskurs der US-Notenbank Fed ergeben. Er geht davon aus, dass sich ein möglicherweise stärkerer Dollar nur geringfügig auf die Inflation auswirken wird, während höhere langfristige Zinsen in den USA eine straffende Wirkung haben werden. „Die US-Geldpolitik dürfte die des Euroraums per Saldo nicht stark beeinflussen“, sagte er.

Villeroy fügte hinzu, dass sich die Einstellungen der EZB und der Fed auch deshalb unterscheiden können, weil das theoretische Niveau des neutralen Zinssatzes in den USA etwa einen Prozentpunkt höher liegt als im Euroraum, wo es auf 2 % bis 2,5 % geschätzt wird.

Spielraum bei den Zinsen

Angesichts des Einlagensatzes der EZB von 3,75 % sagte er: „Wir haben einen erheblichen Spielraum, um unsere Zinsen zu senken, bevor wir den restriktiven Bereich verlassen.

In seiner Rede vor dem französischen Finanzsektor in Paris wiederholte Villeroy seine Aufforderung an Regierungen und Regulierungsbehörden, die Kapitalmarktunion zu stärken, um die Investitionslücke gegenüber den USA zu schließen. Er rief auch dazu auf, nationale Hindernisse für die Gründung großer Finanzinstitute zu beseitigen, die besser mit amerikanischen Banken konkurrieren könnten.

„Wir sollten uns nicht vor größeren, grenzüberschreitenden europäischen Banken fürchten“, sagte er und fügte hinzu, dass wir größere, paneuropäische Banken fördern sollten, wenn sie gut verwaltet und beaufsichtigt werden.

FMW/Bloomberg



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