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Senkung im Oktober nur, wenn Fed 0,5%-Schritt macht Lagarde: EZB wird Zinsen eher im Dezember als im Oktober senken

EZB ist der Fed vorausgeeilt

EZB Lagarde Zinsen senken im Oktober
Foto: Bloomberg

Die EZB sei offen dafür, im Oktober eine Senkung der Zinsen in Erwägung zu ziehen, falls die Wirtschaft einen größeren Rückschlag erleidet – allerdings würden die nächsten umfassenden Informationen erst auf der nächsten Sitzung vorliegen, sagte Präsidentin Christine Lagarde heute laut einem Bericht von Bloomberg.

Zinsen: EZB-Chefin Lagarde will Daten abwarten

Ihre Äußerungen, weniger als einen Tag nachdem die EZB den Einlagensatz zum zweiten Mal seit Juni um einen Viertelpunkt gesenkt hat, sind das bisher deutlichste Signal dafür, dass die Notenbanker mit ihrem nächsten Zins-Schritt bis Dezember warten wollen.

Lagarde hat gestern klar gemacht, dass die EZB Daten-abhängig agieren werde. Personen, die mit ihren Überlegungen vertraut sind, sagten, es bedürfe jedoch einer deutlicheren Verschlechterung der Wachstumsaussichten oder einer aggressiven Lockerung durch die Federal Reserve, um vom vierteljährlichen Tempo der sinkender Zinsen abzuweichen.

„Wir haben eine Menge Daten bei den Projektionen, wir erhalten auch Daten dazwischen“, sagte Lagarde vor Reportern in Budapest, wo sie an einem Treffen der Finanzchefs der Eurozone teilnahm. „Wir schauen uns alles an, und wenn es eine signifikante Veränderung im Vergleich zu unserer Basislinie gibt, bewerten wir sie neu“.

Auch die EZB-Vertreter, die am Freitag vor ihr sprachen, äußerten sich zurückhaltend zu künftigen Schritten.

Der Franzose Francois Villeroy de Galhau sagte, die EZB-Notenbanker sollten die Zinssätze weiterhin „schrittweise“ senken.

„Das Tempo bei der Senkung der Zinsen muss sehr pragmatisch sein“, sagte er. „Wir legen uns nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest, und wir behalten uns für unsere nächsten Sitzungen alle Optionen vor“.

Die Notenbanker, die ihre Politik erstmals im Juni gelockert haben, reagieren damit auf den jüngsten Rückgang der Inflation, der die Rate in die Nähe ihres 2 %-Ziels gebracht hat. Während einige den anhaltenden Preisdruck im Dienstleistungssektor fürchten, befürchten andere, dass die sich abschwächende Wirtschaft in der Eurozone dazu führen könnte, dass die Inflation wie vor der Pandemie sogar unter das EZB-Ziel fällt.

„Wenn wir uns die Finanzmärkte ansehen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Oktober nicht sehr groß“, sagte Martins Kazaks aus Lettland. „Aber wenn es einen unerwarteten Schlag für die Wirtschaft gibt, wenn die Wirtschaft sich deutlich schwächer anfühlt als derzeit erwartet und die Inflation ebenfalls deutlich zurückgeht, dann könnten wir natürlich auch eine Zinssenkung in Betracht ziehen.“

Die Märkte sehen die Wahrscheinlichkeit eines Zinsschritts im nächsten Monat bei nur 25 %.

In Litauen sagte Gediminas Simkus, dass die politischen Entscheidungsträger bei der Festlegung des künftigen Kurses „strategische Geduld“ benötigen werden. Die Inflation „beruhigt sich“ und „ihr Verlauf deutet darauf hin, dass weitere Zinssenkungen erfolgen müssen“, sagte er am Freitag gegenüber Radio LRT. „Die Zinsen werden weiter sinken, aber die Geschwindigkeit der Senkungen wird von den Daten abhängen“.

Die ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten vierteljährlichen Prognosen zeigen jedoch, dass die Wirtschaft in den Jahren 2024, 2025 und 2026 wahrscheinlich weniger stark wachsen wird als bisher angenommen.

Wirtschaft in Europa bleibt schwach

Nach einem kurzen Aufschwung zu Beginn des Jahres lässt die Wachstumsdynamik in Europa in der Tat nach. Die Hersteller leiden nach wie vor unter den höheren Energiekosten und der schwachen Nachfrage außerhalb des 20-Nationen-Währungsblocks. Der lange versprochene Aufschwung bei den Verbrauchern ist noch nicht in Sicht.

„Das Wachstum im Euroraum ist nach wie vor schwach, und die Abwärtsrisiken für das Wachstum haben im Laufe des Sommers zugenommen“, sagte der finnische Kommissar Olli Rehn. „Wir behalten daher volle Handlungsfreiheit und Flexibilität bei Zinsentscheidungen in zukünftigen Sitzungen.

Positivere Einschätzungen zur Preisentwicklung gab es von Bundesbankpräsident Joachim Nagel, der die Aussichten als „sehr gut“ bezeichnete.

„Wir gehen davon aus und die Daten geben uns recht, dass wir unser Inflationsziel von 2 Prozent bis Ende nächsten Jahres erreichen werden“, sagte er im Deutschlandfunk. „Die Datenlage ist so, dass sie die gestrige Zinssenkung rechtfertigt.“

EZB senkt im Oktober nur, wenn Fed Zinsen nächste Woche um 0,5% senkt

Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hält eine Senkung der Zinsen im Dezember für das „beste Szenario“ für die Verantwortlichen in Frankfurt. Aber Faktoren wie eine stärkere Senkung der Zinsen durch die Fed in der nächsten Woche könnten den Oktober noch möglich machen.

„Der Dezember ist weit weg, viele Dinge können passieren“, sagte er am Freitag zu Tom Mackenzie von Bloomberg Television. „Die EZB hat also versucht, sich eine Option zu bewahren.“

Faktisch aber wird die EZB wohl auf die Fed reagieren. Die europäische Notenbank hat bereits zwei Mal die Zinsen gesenkt – die Fed wird damit erst nächste Woche anfangen. Traditionellerweise folgt jedoch die EZB der Fed – und nicht umgekehrt!

FMW/Bloomberg



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