Gas

LNG-Importverbot aus Russland? Vorschlag mit immensen Folgen

Forderungen nach einem kompletten LNG-Importverbot aus Russland in die EU werden laut. Das hätte immense Folgen.

LNG-Tanker. Foto: Ian Waldie/Bloomberg

Im neuen und nunmehr 13. Sanktionspaket (hier ein Blick in die bestehenden Sanktionen) könnte ein Verbot für LNG-Importe aus Russland Eingang finden, sofern Vorschläge von Polen und dem Baltikum sich durchsetzen. Vor einem fragilen Gleichgewicht auf dem Markt warnte indessen ein russischer Experte. Sollten die Gaslieferungen von Russland nach Europa wegfallen, geht es um über 40 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr. Das scheint auf den ersten Blick ein Klacks zu sein. Einen Gasbedarf von weniger als 300 Milliarden Kubikmetern für die EU-Länder hält der Experte jedoch für unmöglich, zumal erneuerbare Energien maximal 5–10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr ersetzen könnten.

Polen und Baltikum wollen LNG-Importe aus Russland verbieten

Wie polnische Medien jüngst berichteten, haben Polen und die baltischen Staaten neue Vorschläge für EU-Sanktionen gegen Russland vorbereitet. Dazu gehören ein Importverbot für LNG und ein Importverbot für Aluminium aus Russland sowie Lösungen, die Moskau die Umgehung der Sanktionen erschweren sollen. Die Vorschläge sollen im Rahmen des 13. Sanktionspakets der Europäischen Union gegen Russland in die Verhandlungen aufgenommen werden und sich auch auf Belarus erstecken.

Die Verabschiedung des neues Sanktionspakets ist für den 24. Februar geplant, zwei Jahre nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Sowohl Polen als auch das Baltikum importieren anders als Spanien, Belgien oder Frankreich kein LNG aus Russland und haben schon des Öfteren ein russisches Importverbot ins Gespräch gebracht. Der Gegenwind aus der EU ist groß, und Russland malt düstere Folgen. Das Interesse am einstigen Großkunden Europa scheint ungebrochen groß zu sein.

Belgien zeigt sich skeptisch zu LNG-Lieferbeschränkungen

Im letzten Jahr stiegen laut Berichten die russischen LNG-Exporte nach Europa und in die Türkei von 16,25 auf 16,42 Millionen Tonnen an, während Asien einen Rückgang von 16,48 in 2022 auf 15,48 Millionen Tonnen verzeichnete. Dadurch löste Europa Asien als größten Importeur von russischem LNG ab. Spanien und Belgien waren 2023 in Europa mit je 5 Millionen Tonnen die größten LNG-Abnehmer von Russland. Hatte Belgien im letzten Jahr die LNG-Importe aus Russland von Mai bis September gedrosselt, versechsfachten sich diese im Oktober.

Im letzten Dezember einigten sich der Rat und das Parlament der EU auf eine Bestimmung im künftigen EU-Gasmarktgesetz, die es Mitgliedsstaaten ernmöglichen soll, die Einfuhr von russischem Gas zu beschränken. „Wir sind in der Tat auch in Belgien mit spezifischen Verträgen konfrontiert, die lange vor dem Krieg unterzeichnet wurden, und es ist immer noch der Punkt offen, wie wir damit umgehen sollen“, erklärte die belgische Energieministerin Tinne Van der Straeten Medienberichten zufolge am 22. Januar auf einer Sitzung des Energieausschusses des EU-Parlaments. Jede Maßnahme würde Konsultationen mit Nachbarländern erfordern. Schließlich bleibt ein großer Teil der betreffenden LNG-Lieferungen nicht in Belgien. „Das können wir nicht einseitig angehen“, so die Ministerin.

In Europa herrscht ein „sehr fragiles Gleichgewicht“

Russland selbst hegt arge Bedenken gegen die Bestrebungen der EU, sich von russischen Gaslieferungen komplett abzukoppeln und warnt Europa vor Engpässen und Preissteigerungen. Ganz auf dieser Linie „herrscht auf dem europäischen Markt ein sehr fragiles Gleichgewicht. Die Nachfrage ist deutlich zurückgegangen: Ende 2023 betrug sie 330–340 Milliarden Kubikmeter, während es 360 Milliarden Kubikmeter 2022 und davor 420 Milliarden waren. Das Ausmaß des Rückgangs ist klar“, erklärte Sergej Kapitonov vom Projektzentrum für Energietransition Skoltech laut russischen Agenturen.

Die Nachfrage nach Gas in Europa bleibe bestehen, während die Importmöglichkeiten begrenzt und die Preise weiterhin hoch seien, fügte er hinzu. Gleichzeitig kämen etwa 15 Prozent der LNG-Importe der EU-Länder aus Russland. „Lassen Sie uns jetzt diese 20 Milliarden Kubikmeter verbieten, die restlichen 25 bis 27 Milliarden russischen Gases von den Märkten West- und Südosteuropas ausschließen, und sehen, wie die Preise reagieren“, fuhr der Analyst fort. Insgesamt mag dies seinen Worten zufolge ein Klacks sein. Gleichzeitig sei ein Gasbedarf von weniger als 300 Milliarden Kubikmetern für die EU-Länder unmöglich, glaubt der Experte. „Erneuerbare Energien ersetzen maximal 5–10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, und es gibt auch Grenzen“, fuhr er fort.

Russland hat seinen Platz in Mittel- und Osteuropa

Für Wachstum benötige Europa Gas. Russland könnte nach dem Ende aller geopolitischen Ereignisse zumindest ein Ausgleichslieferant sein, um Spitzenlasten bereitzustellen. Generell müsse eine politische Entscheidung getroffen werden, dass eine Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland möglich sei, erklärte Kapitonow. „Russisches Gas hat seinen Platz in Mittel- und Osteuropa – Österreich, Ungarn, Serbien. Ich hoffe, dass es nicht durch politische Praktiken, wie zum Beispiel die Erhöhung der Tarife für den Transit von russischem Gas durch Bulgarien, von dort verdrängt wird“, sagte er abschließend.

So unbegründet ist seine Hoffnung nicht. Bulgarien hat seine Transitgebühr für russisches Gas auf Druck von Ungarn auf Eis gelegt. Ungarn selbst ist Verfechter von russischem Pipeline-Gas und bringt Sanktionsvorhaben bei der EU ins Wanken. Die EU habe Schwierigkeiten, neue Maßnahmen gegen die Russische Föderation auszuarbeiten, da „alle wichtigen Objekte“ bereits unter Sanktionen stünden oder nicht verfügbar seien, hieß es bei Politico am 23. Januar unter Berufung auf einen hochrangigen europäischen Diplomaten. Zu den „nicht verfügbaren“ Optionen gehörten Maßnahmen gegen russisches LNG, da viele Länder in der Region, darunter auch Deutschland, nicht wollen, dass dieser Rohstoff unter Sanktionen fällt. Für Russland ist das ein gutes Zeichen.

Einweihung des ersten LNG-Tankers beim Yamal-Projekt in Russland im Jahr 2017 Einweihung des ersten LNG-Tankers beim Yamal-Projekt in Russland im Jahr 2017. Foto: Kremlin.ru CC BY 4.0



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9 Kommentare

  1. Unsere EU-Politikdarsteller sind an Dummheit schwer zu überbieten. Während noch nicht klar ist, ob 40 Milliarden Kubimmeter Gas über die Pipeline durch die Ukraine nach 2025 noch in die Slowakei & Co fließen, sägen diese Idioten jetzt schon am nächsten Ast, dem LNG.

    Indessen gibt es in den USA Initiativen in den Regierungsinstitutionen eine mögliche Reduzierung der Bemühungen zum Export von US-amerikanischem LNG nach Europa zu fordern.
    https://www.eid-aktuell.de/nachrichten/gasmarkt/detail/news/lng-debatte-in-den-usa-schuert-aengste-in-der-eu-um-ihre-gasversorgungssicherheit.html

    Werden diese Idioten in der EU-Politik von den USA bezahlt? Anders kann man nicht mehr erklären, wie EU-Politiker so dazu beitragen können, die europäische Wirtschaft zu strangulieren…

    1. „Werden diese Idioten in der EU-Politik von den USA bezahlt?“

      Ganz klarJA!!

  2. Man merkt immer mehr, was man schon seit 2 Jahren weiß, dies ist ein Krieg des Westens, der USA gegen Russland. Und wie sich schon US Strategen vor 4 Jahren äußerten, wird das in einem Atomkrieg enden.Darauf haben die hingearbeitet. Die Resourcen Russlands. sind für Diebe zu verlockend

  3. Engelbert.Montagne

    https://finanzmarktwelt.de/us-regierung-friert-genehmigungen-fuer-lng-exporte-ein-299143/?amp

    das passt ja dann wunderbar zusammen. Aus Russland wollen wir nichts und die USA dreht uns, nachdem wir nun von denen sbhaengig sind den Hahn zum schöne Freunde sind da oder ist die USA der Meinung, uns geht’s noch zu gut.

  4. Naja, wenn tausende Bauern mit ihren Treckern zur Demo nach Berlin kommen anstatt mit Bus oder Bahn, ist ein gewisser Wohlstandsüberschuss nicht zu leugnen. Das wird den Amis nicht entgangen sein. Kommt hinzu, dass Europa mehr chinesische Autos fahren will als Tesla oder Ford. Warum sollte man sich dann um dessen Energieversorgung kümmern, zumal LNG schlecht für die Klimabilanz ist?
    Außerdem meidet man hier das Fracking, um die Wähler nicht zu verschrecken, oder umgekehrt. Und da sollen die Amis in die saure Kartoffel beißen?

    1. Ja- um die deutsche Industrie noch schneller an die Wand zu fahren, optimal geeignet.
      Mal sehen wann die Amis nun die Preisschaube anziehen werden, bzw. die Lieferungen von LNG drosseln werden.

      Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  5. Wir sanktionieren uns doch selbst. Und wenn wir solchen Akteuren wie dem Kinderbuchcoautor, der Trampolinspringerin, dem Panzeranton oder Strack Zimmermann noch weiter die Entscheidungen überlassen, wird es bald ganz schlimm in Deutschland aussehen. Das sind nützliche Idioten, welche von wem auch immer aus dem Hintergrund gesteuert werden.

    1. Siegfried,
      von wem wohl? Staaten werden von der Exekutive gesteuert. Es wird getan, was die ranghöchsten Beamten wünschen und unterlassen, was die nicht wollen. Politiker haben das lediglich dem Volk zu verkaufen.

  6. Lieber Vladimir als Amigier

    Vladimir war über 20 Jahre ein verlässlicher Lieferant für billige Energie.Die Amis waren es kaum 2Jahre mit dem teuren,dreckigen LNG Gas.Man wollte De/ Russland auseinanderbringen. ( Georg Kriegmann 2015) Ziel erreicht, jetzt gilt wieder AMERIKA FIRST, weniger Export drückt die Preise im Heimmarkt, hilft der Inflation, gut für Wahlkampf und Zinsen.
    Wann wacht Europa auf, die Amis sind kein verlässlicher Partner, wenn Trump kommt wird’s noch schlimmer.

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