Märkte

OPEC schockt mit Förderkürzung um 1,15 Mio. Barrel Rohöl pro Tag

Die OPEC und die vergrößerte Gruppe namens OPEC+ schocken heute die Märkte. Man kürzt überraschend die Ölfördermenge, und zwar deutlich.

Saudi-Arabien und andere Ölproduzenten der OPEC+ kündigten bei einem Meeting heute in Dubai überraschend eine Förderkürzung in Höhe von rund 1,15 Millionen Barrel Rohöl pro Tag an. Eigentlich war das Treffen der Allianz erst für Montag geplant, und es war mit keiner Angebotsänderung gerechnet worden. Als Begründung nennt das Förderkartell rund um die OPEC, dem auch Russland angehört, die erwartete Abschwächung der Nachfrage. Den Ölmarkt dürfte diese Entscheidung auf dem falschen Fuß erwischen.

OPEC mit Riesenschritt – OPEC+ gibt Zusicherung auf, Angebot an Rohöl stabil zu halten

Bereits im vergangenen Oktober vereinbarte das erweiterte Kartell namens OPEC+, bestehend aus der Kerngruppe OPEC und Verbündeten unter der Führung Russlands, Produktionskürzungen von 2 Millionen Barrel Rohöl (1 Fass = 159 Liter) von November an bis zum Ende des Jahres 2022 zu realisieren, was u. a. die USA verärgerte, da das knappere Angebot die Ölpreise in die Höhe treiben könnte. Die OPEC versicherte daraufhin bei mehreren Gelegenheiten, dass man im Anschluss an die Kürzungen das Angebot an Rohöl stabil halten werde, und erhöhte Anfang Dezember sogar die täglich angepeilten Fördermengen ab Januar um 400.000 Barrel. Noch am vergangenen Donnerstag versicherte das Kartell, an der bestehenden Vereinbarung festzuhalten. Diese Zusage hielt nur kurz.

Die zuletzt signifikant fallenden Preise für Rohöl und die sich deutlich abschwächenden Konjunkturindikatoren haben laut Bloomberg bei den Mitgliedern der OPEC+ offenbar zum Umdenken geführt. Zur Begründung heißt es: „Nur eine weitere Kürzung des Angebots könne die Marktstabilität gewährleisten“. „Die OPEC unternimmt präventive Schritte im Falle einer möglichen Reduzierung der Nachfrage“, sagte Amrita Sen, Gründerin und Direktorin von Energy Aspects, heute gegenüber Bloomberg.

Erhebliche Reduzierung des Angebots

Die Förderkürzung um weitere 1,15 Millionen Fass Rohöl täglich ab Mai stellt eine erhebliche Reduzierung für einen Markt dar, auf dem das Angebot – trotz der jüngsten Preisschwankungen – in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres bereits recht eng war. Die Opec+ hat einen Weltmarktanteil von ca. 40 Prozent. Die Öl-Futures wurden heute noch nicht gehandelt, als die Kürzung angekündigt wurde, aber die unvermeidliche Preisreaktion könnte den Inflationsdruck auf der ganzen Welt verstärken und die Zentralbanken dazu zwingen, die Zinssätze länger hochzuhalten, und das Risiko einer Rezession erhöhen.

Saudi-Arabien führt das Öl-Kartell an und übernimmt fast der Hälfte der Kürzungen mit einer Verknappung des Angebots um 500.000 Barrel Rohöl pro Tag. Andere Mitglieder wie Russland, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Algerien folgen diesem Beispiel. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Novak sagte heute, dass Moskau seine einseitige Kürzung nun um 500.000 Barrel über den Sommer hinaus bis Ende 2023 verlängern werde. Moskau hatte diese Kürzungen im Februar angekündigt nach der Einführung westlicher Preisobergrenzen (Ölpreisdeckel). Nach Mitgliedern aufgeschlüsselt setzt sich die heute beschlossene tägliche Angebotsverringerung wie folgt zusammen:

Saudi-Arabien: 500.000 Barrel
Russland: 500.000 Barrel
Irak: 211.000 Barrel
VAE: 144.000 Barrel
Kuwait: 128.000 Barrel
Kasachstan: 78.000 Barrel
Algerien: 48.000 Barrel
Oman: 40.000 Barrel

Die Auswirkungen der im nächsten Monat beginnenden Kürzungen der OPEC wird sich auf etwa 1,15 Millionen Barrel pro Tag summieren. Ab Juli wird aufgrund der Verlängerung der bestehenden russischen Angebotsdrosselung etwa 1,6 Millionen Barrel pro Tag weniger Rohöl auf dem Markt angeboten werden als bisher erwartet.

Kartell hält zum Unmut der USA zusammen

Nach Russlands einseitigen Kürzungen in Reaktion auf die Einführung der Preisobergrenze des Westens auf russisches Rohöl sagten US-Beamte, dass das Bündnis mit anderen OPEC-Mitgliedern schwächer werde, aber dieser aktuelle Schritt zeigt, dass die Zusammenarbeit innerhalb der OPEC+ nach wie vor sehr stark ist. Der Schritt könnte erneut Spannungen zwischen den USA und Saudi-Arabien aufflammen lassen, einem wichtigen Partner auf der arabischen Halbinsel, dessen Beziehung zur Regierung von Präsident Joe Biden seit der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 ohnehin angespannt sind.

Die USA argumentieren auch, dass die Welt niedrigere Ölpreise brauche, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen und den russischen Präsidenten Wladimir Putin daran zu hindern, mehr Einnahmen zu erzielen, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Als die OPEC+ im Oktober letzten Jahres nur wenige Wochen vor den Zwischenwahlen in den USA ihre Produktionskürzung von etwa 2 Millionen Barrel pro Tag verkündete, drohte Präsident Biden, dass es „Konsequenzen“ für Saudi-Arabien geben würde. Aber die Regierung in Washington hat auf diese Ankündigung bis heute keine Taten folgen lassen.

Das Weiße Haus hat im Gegenteil kürzlich sogar mehrere saudische Initiativen gelobt, darunter die Entscheidung, der Ukraine 400 Millionen Dollar an Energie und Finanzhilfe zu liefern. Noch am Freitag hatten Delegierte der OPEC und ihrer Verbündeten inoffiziell mitgeteilt, dass keine Absicht bestehe, ihre Fördergrenzen zu ändern. Dementsprechend überrascht dürfte Washington, aber auch der Ölmarkt reagieren. Noch gibt es kein offizielles Statement aus den Vereinigten Staaten, dem größten Rohölproduzenten der Welt vor Saudi-Arabien und Russland.

OPEC+ will Rohölmarkt weiter stützen

Öl fiel letzten Monat aufgrund der durch die Bankenkrise verursachten Turbulenzen auf ein 15-Monats-Tief, aber die Preise für Rohöl erholten sich wieder, als es Anzeichen einer Stabilisierung im Bankensektor gab. Offensichtlich traut die Opec+ dieser Entwicklung aber nicht und verweist auf Risiken auf der Nachfrageseite im weiteren Jahresverlauf. Brent-Rohöl, die internationale Benchmark, schloss am Freitag knapp unter 80 USD pro Barrel, was einem Anstieg von 14 Prozent gegenüber dem Tiefststand im März dieses Jahres entspricht.

Kursverlauf im Terminmarktpreis für Rohöl der Sorte Brent

Alle 14 Händler und Analysten, die letzte Woche von Bloomberg befragt wurden, sagten keine Änderung für die Angebotsmenge bei Rohöl voraus. Sie ließen sich offenbar vom saudischen Energieminister Prinz Abdulaziz (de facto Anführer der OPEC) bin Salman täuschen, der noch Ende März gesagt hatte, dass die aktuellen OPEC+-Produktionsziele „für den Rest des Jahres bestehen bleiben“.

Es war weitgehend erwartet worden, dass die Gruppe an ihren bereits vereinbarten Kürzungen festhalten würde, wenn ihr Ministergremium, dem Saudi-Arabien und Russland angehören, an diesem Montag virtuell zusammentreten. Nun schockt die OPEC+ bereits heute den Markt mit einer deftigen Produktionskürzung. Von Zeit zu Zeit freut sich der saudische Prinz über unerwartete Angebotsänderungen, wenn Spekulanten auf dem falschen Fuß erwischt werden. Er warnte, die Leerverkäufer-Spekulanten würden „Schmerzen wie in der Hölle“ erleiden, wenn sie gegen den Rohöl-Preis wetten. Für Rohöl-Bären könnte dieser jüngste Schritt tatsächlich schmerzhaft werden.

Denn abseits der offiziellen Förderkürzungen bleiben auch die tatsächlichen Produktionsmengen weit hinter den Zielen der Opec+ zurück und könnten nun noch mehr absinken. Man darf gespannt sein, wie intensiv der Rohöl-Markt auf die neue Angebotsrealität und die quasi Vorbereitung auf eine erhebliche Reduzierung der Nachfragemenge in den kommenden Monaten reagieren wird.

FMW/Bloomberg

OPEC-Pressekonferenz



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4 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die OPEC Plus ist verärgert weil die USA die Ölreserve freigab, denn das drückt den Preis. Es gab schon im Mai letzten Jahres erste Hinweise, das sich das die OPEC nicht länger anguckt.

    Insgesamt bleibt festzuhalten, das sich die OPEC an die hohen Preise gewöhnt haben. Am liebsten hätten sie Sommer 08- Verhältnisse, mit Preisen von über 140 US-DOLLAR das Barrel.

    Den Notenbanken obliegt es nun,mit hohen Leitzinsen die Konjunktur einzubremsen. Macht sie das nicht, dann werden die Preise weiter steigen oder aber die USA- Administration muss wieder,mehr Fracking zulassen.

    Wir erinnern uns alle an die Fracking Krise im Februar 2016. Wer’s vergessen hat bitte googeln, dafür gibt es das Internet.

  2. Die US-Texas-Ölindustrie/ExxonMobil und die Öl-Allianz OPEC+ bilden ein Gleichgewicht im Ölgeschäft. Von daher verbitte ich mir Versuche von seiten US-Beamter, die Öl-Allianz zwischen dem OPEC+-Mitgliedsland Russische Föderation und dem OPEC+-Mitgliedsland Königreich Saudi-Arabien zu zerdeppern. In diesem Zusammenhang fordere ich den 46. US-Präsidenten Joseph Robinette Biden auf, diesbezüglich öffentlich Stellung zu beziehen, und sich dabei zum genannten Gleichgewicht in der Ölindustrie zu bekennen.

    1. Wenn Sie verbitten und auffordern, wird der 46. US-Präsident Joseph Robinette Biden sogleich zum Rednerpult schreiten. Oder er nimmt es einfach als demokratisch zur Kenntnis 😂

      1. FMW-Nutzer Daniel Windisch: Wenn Sie das am 03.04.23 um 12.18 Uhr sagen, dann wird das so sein.

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