Immobilien

Bloomberg-Analyse „René Benko wird vom Selfmade-Milliardär zum Wertvernichter“

Ein aktueller Überblick zeigt, wie das Signa-Imperium zerbröselt, und wie René Benko vom Selfmade-Milliardär zum Wertvernichter wird.

René Benko
René Benko im Jahr 2020. Photo by Carsten Harz/SEPA.Media /Getty Images

Die Signa Holding hat gestern Insolvenz angemeldet, die Signa Retail versucht nun Aktiven wie Galeria zu verkaufen. Das Schicksal von Galeria Kaufhof ist somit ungewiss. Das einstige massiv aufgeblasene Immobilien-Imperium von René Benko zerbröselt LIVE und in Farbe. Hier zeigen wir eine heute Mittag veröffentlichte Bloomberg-Analyse, die einen Überblick gibt über den aktuellen Niedergang von Signa und René Benko: Bei seinem Aufstieg zum Milliardär sammelte René Benko die üblichen Insignien des Reichtums. Einen Bombardier-Privatjet, eine 62-Meter-Superyacht und ein 1.300 Hektar großes Jagdrevier.

René Benko im Niedergang – Überblick der großen Wertvernichtung

Doch nun hat der seit Wochen drohende Zusammenbruch seines Handels- und Immobilienimperiums Signa begonnen, das einst rund 23 Milliarden Euro an Liegenschaften zählte. Verzweifelte Bemühungen des 46-jährigen Gründers, bei Scheichs und Hedgefonds noch Rettungsgelder aufzutreiben, blieben am Ende erfolglos. Laut Berechnungen des Bloomberg Billionaire Index war der Wert von Anteilen von René Benko an seiner verschachtelten Gruppe bereits vor der Insolvenzanmeldung der zentralen Signa Holding am 29. November um mindestens 2 Milliarden Euro gesunken. Durch die Insolvenz könnten sie potenziell wertlos werden.

Die Gruppe, der Immobilien wie die Luxuskaufhäuser KaDeWe und Selfridges, das Art-Déco-Wahrzeichen Chrysler Building in Manhattan oder das legendäre Hotel Bauer Palazzo in Venedig gehören, ist ein Gewirr von miteinander verknüpften und untereinander verschuldeten Gesellschaften. Daher bleibt die Größe von Benkos persönlichem Vermögen — das einst auf mehr als 4 Milliarden Euro geschätzt wurde — weiterhin geheimnisumwittert. “René Benko wurde zu einer der ersten unübersehbaren Krisen im Immobiliensektor”, sagt Leonhard Dobusch, Professor an der Universität Innsbruck, der Tiroler Landeshauptstadt, in der der Signa-Gründer geboren und aufgewachsen ist und in der viele Signa-Firmen angemeldet sind. “Es wird sicher nicht die letzte sein.”

Überblick über Verbindungen zwischen René Benko und seinen Investoren

Ein Sprecher von Benko reagierte nicht auf Anfragen. Signa teilte gestern mit, dass es Insolvenz beantrage und die Sanierung in Eigenverwaltung anstrebe. Signas Kollaps folgt auf zwei Jahrzehnte aggressiven Wachstums, das durch steigende Immobilienwerte und billiges Geld von Banken und reichen Investoren angeheizt wurde. Alleine die Beteiligung von René Benko an der Edel-Sparte Signa Prime Selection, der die wertvollsten Liegenschaften und Projekte der Gruppe gehören, war laut dem Bloomberg Billionaires Index Ende letzten Jahres rund 1,2 Milliarden Euro wert. Die Beteiligung am Bauträger Signa Development belief sich auf 275 Millionen Euro. Dass davon in der sich innerhalb der Gruppe weiter ausbreitenden Insolvenz etwas übrig bleibt, ist äußerst zweifelhaft.

Signa Holding kontrollierte auch den Online-Sportartikelhändler Signa Sports United, der über die Fusion mit einer Blankoscheck-Firma mit einer impliziten Bewertung von etwa 3,2 Milliarden Dollar an die New Yorker Börse ging, wovon zu Beginn des Jahres noch rund 800 Millionen Dollar übrig waren. Nachdem diese Sparte bereits im Oktober Insolvenz anmelden musste, weil Signa Holding Finanzierungszusagen zurückzog, ist der Anteil ebenfalls praktisch wertlos.

Das Chrysler Building in New York
Das Chrysler Building in New York. Photographer: Drew Angerer/Getty Images

René Benko versucht Wertgegenstände zu Geld zu machen

Benkos hochfliegender Lebensstil bleibt von dem Zusammenbruch nicht unberührt. Er versucht Kunstwerke zu verkaufen, die in den Sammlungen der Superreichen der Welt beliebt sind, darunter Gemälde von Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat. Seine 62 Meter lange Superyacht Roma wurde für 39 Millionen Euro zum Verkauf angeboten, ist aber inzwischen wieder von der Liste genommen worden. Seit etwa einem Monat liegt sie auf Mallorca vor Anker und kann in den Wintermonaten für bis zu 345.000 Euro pro Woche gemietet werden. Dennoch hält René Benko im Moment an einigen Annehmlichkeiten fest. Ungefähr zu der Zeit, als eine Signa-Tochter letzte Woche in Berlin Insolvenz anmeldete, wurde ein leger gekleideter Benko gesichtet, der mit seiner Frau Nathalie mit seinem Bombardier Global Express Jet verreiste.

Bewertungen

Der Fall René Benko veranschaulicht den Druck, dem viele vermögende Privatpersonen ausgesetzt sind, die auf Gewerbeimmobilien gesetzt haben. Die Niedrig-, Null- und Negativzinsen der letzten Jahrzehnte haben die oft erheblich mit Krediten gehebelten Bewertungen in die Höhe schnellen lassen. Doch die Pandemie und der Boom des Homeoffice sowie erst recht die Zinsanhebungen zur Inflationsbekämpfung (EZB-Zins von 0 % auf 4,5 % in nur 14 Monaten) haben den Trend umgedreht.

Laut dem Analysehaus Green Street waren die Immobilienpreise im Oktober um 19% niedriger als am Höchststand im März 2022. Vermieter und Entwickler sind ebenso mit ihren Schulden in Verzug geraten, Banken mussten den Wert ihrer Kredite abschreiben. “Einige werden in eine akute Notlage geraten”, sagt Alex Foshay, Leiter der International Capital Markets Group von Newmark. Die steigenden Zinsen “hatten eine sehr dramatische Auswirkung”. Unter den 500 größten Einträgen im Bloomberg Billionaires Index ist die Zahl der Immobilienmilliardäre erstmals seit mindestens 2017 unter 30 gesunken.

Anzahl der Immobilien-Milliardäre nach Jahr

Nur wenige haben in den Boomjahren die Aufwertungswelle so geritten wie René Benko. Seinen Höhepunkt erreichte er in den Jahren vor der Pandemie. Mit seiner Yacht war er Stammgast auf der Immobilienmesse Mipim in Cannes, mit seinem Jet, auf dessen Heckflosse das Signa-Logo prangt, landete er regelmäßig im Nahen Osten und in Asien, immer auf der Suche nach neuen Investoren.

Mit dem New Yorker Immobilienmogul Aby Rosen kaufte er 2019 das Chrysler Building. Mit seinem Fünf-Sterne-Hotel Park Hyatt machte er dem Wiener Platzhirsch Sacher Konkurrenz und empfing die gesamte politische und Wirtschafts-Prominenz Österreichs bei seinen “Törggelen”-Parties, die an einen Südtiroler Brauch anknüpften. Als Ende 2021 viele Investoren schon einen Gang zurückschalteten, kaufte er noch das Londoner Selfridges für 4 Milliarden Pfund.

Das Kaufhaus Selfridges in London gehörte bislang auch zum Imperium von René Benko
Eine weihnachtliche Schaufensterauslage im Selfridges in London.

Gewinne nur durch Bewertungszuwächse

Die steigenden Immobilienwerte machten es einfach, Geld einzuspielen und Dividenden an Aktionäre wie den österreichischen Baumagnaten Hans-Peter Haselsteiner, den deutschen Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne oder den französischen Auto-Clan Peugeot auszuschütten. Doch schon damals konnte man sehen, dass seine Profite fast ausschließlich aus Bewertungsgewinnen bestanden und selbst in Zeiten der Niedrigzinsen die Mieteinnahmen nicht einmal die Zinsen deckten.

“Ein Teil seiner Geschichte war der Kauf von Immobilien, die aufgrund ihrer Lage immer wertvoll sein werden”, sagt Dobusch. “Das heißt aber nicht, dass sie immer rentabel sein werden.”

Die unübersichtliche Struktur des über Österreich, Deutschland, die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg verteilten Firmen- und Stiftungsgeflechts macht es schwer, den wahren Wert von René Benko abzuschätzen. Eine österreichische Stiftung, die nach seiner Tochter Laura benannt ist, bietet laut Spiegel Benkos Kunstwerke zum Verkauf, berichtet aber keine Finanzzahlen. Eine weitere Stiftung, der Liegenschaften gehören, ist nach seiner Mutter Ingeborg benannt und sitzt in dem noch vertraulicheren Liechtenstein.

“Es könnte sein, dass Transaktionen abseits der Öffentlichkeit stattfinden, die erst später ans Licht kommen”, sagt Tolu Alamutu, ein leitender Kreditanalyst bei Bloomberg Intelligence. René Benko hat in den letzten Jahren auch diversifiziert. Er kaufte im Jahr 2020 ein Jagdrevier in der Steiermark für rund 30 Millionen Euro, und stach dabei den verstorbenen Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz aus — dessen Wert den Benkos allerdings schon vor der Insolvenz um ein Vielfaches überstieg. Doch das wird sein Vermögen kaum vor der Insolvenz von Signa schützen. “Sie dachten, die Musik würde noch länger spielen”, sagt Alamutu. “Das war ein Irrtum.”

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Das klassische Kartenhaus was welches auf Niedrigzinsen und Billiggeld aufgebaut wurde, welches jetzt zusammenbricht. Fraglich ist auch was die ganzen Immobilien überhaupt noch wert sind, denn im allgemeinen ist es ja so, das man möglichst hohe Bewertungen ausweist um an mehr Kreditvolumen zu kommen.

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