Gas

Einnahmen der Gasindustrie in Russland auf Talfahrt

Die Einnahmen für Russland aus dem Gasexport sind auf Talfahrt - hier dazu einige Daten. Neue Projekte tun sich schwer Europa als großen Abnehmer zu ersetzen.

LNG-Tanker

Die Einnahmen im Gasgeschäft in Russland könnten sich von 165 Milliarden US-Dollar im letzten Jahr auf 71 Milliarden US-Dollar in 2023 halbieren, und mit 97 Milliarden US-Dollar erst 2030 knapp das Niveau von 2021 erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen Yakov & Partners, ehemals McKinsey, in einer aktuellen Studie, über die russische Medien jüngst berichteten. Die Verluste in Europa lasten schwer.

Gasproduktion und Gasexport in Russland brechen weiter ein

Als Grund für die rückläufigen Einnahmen der russischen Gasindustrie in diesem Jahr nennen die Analysten von Yakov & Partners in ihrer Studie Rekordgaspreise in Europa und den Verlust des europäischen Exportmarktes im letzten Jahr. Demnach hätten sich die Gasexporte per Pipeline aus Russland von 206 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2021 Kubikmetern auf 122 Milliarden Kubikmeter Gas im letzten Jahr nahezu halbiert. In diesem Jahr könnten die Lieferungen auf 80 Milliarden Kubikmeter Gas abstürzen. Hier die Entwicklung und Prognose der russischen Gasexporte per Pipeline und per Schiff:

Quelle: Zentrale Kontrollbehörde des Brennstoff- und Energiekomplexes CDU TEK, Analyse von Yakov and Partners, Wirtschaftsportal RBC daily

Lediglich rund 30 Milliarden Kubikmeter strömen aktuell über die Ukraine und die Schwarzmeergasleitung Turkish Stream nach Europa. Auf China und die Türkei entfallen in etwa zu gleichen Anteilen gut über 40 Milliarden Kubikmeter Gas aufs Jahr gerechnet. Bewegen sich die LNG-Exporte von Russland nach Europa auf dem Niveau von 2022, erhöht sich der russische Gasexport nach Europa auf über 50 Milliarden Kubikmeter Gas. Aufgrund des Verlusts des EU-Exportmarktes könnte laut Studie die Gasproduktion in Russland im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Milliarden Kubikmeter und gegenüber 2021 sogar um 120 Milliarden Kubikmeter einbrechen.

Einnahmen für Russland bleiben 2030 niedriger als im Vorkriegsjahr 2021

Nur wenn es Russland gelingt, Gasversorgungswege wieder aufzubauen, neue Abnehmer in Asien zu finden und das Potenzial des heimischen Marktes zu steigern, lässt sich nach Ansicht der Experten in den nächsten fünf bis sieben Jahren ein Ausgleich für den Einbruch von Förderung und Export schaffen. Gleichzeitig gehen sie davon aus, dass die Einnahmen der Gasindustrie bis 2030 niedriger bleiben als im Jahr 2021. Selbst bei einer Rückkehr zum vorherigen Niveau werde der Anteil der Exporte an den Einnahmen auf 50-60 % fallen. Im Jahr 2021 habe dieser bei 74 % und im letzten Jahr sogar bei 84 % gelegen. Wenn sich die Gaspreise stabilisieren und die wichtigsten Exportprojekte umgesetzt werden, könnten die Einnahmen der Gasindustrie in Russland bis 2030 von 73 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 auf 97 Milliarden US-Dollar steigen und somit nicht ganz den Wert von 2021 mit 101 Milliarden US-Dollar erreichen.

Schwenk nach Osten ist begrenzt

Die Experten von Yakov & Partners prognostizieren, dass Russland seine Exporte teilweise in asiatische Länder umleiten könne. Voraussetzung dafür ist ihnen zufolge die Inbetriebnahme der geplanten Gaspipeline Kraft Sibiriens 2 nach China, die ab 2030 im Jahr 50 Milliarden Kubikmeter Gas nach China transportieren soll. Der Bauvertrag ist jedoch noch nicht unterzeichnet. Gleichzeitig könnte der Transit durch Kasachstan und Usbekistan im Rahmen einer trilateralen Allianz den Transport von weiteren 5-20 Milliarden Kubikmeter Gas möglich machen. Außerdem initiierte Präsident Wladimir Putin Ende letzten Jahres einen Gas-Hub, der in der Türkei einzurichten wäre, um Gasströme, die die gesprengte Ostseegasleitung Nord Stream 1 transportierte, dorthin umzuleiten. Dies sind nach den Berechnungen der Analysten in etwa 10 Milliarden Kubikmeter Gas. Demnach ließen sich durch neue Exportrouten zusätzlich 80 Milliarden Kubikmeter Gas zu Absatzmärkten transportieren. Den Verlust des europäischen Marktes könne das aber nicht vollständig ersetzen.

Gas-Exportlücke für Russland bleibt

Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten beim Export von Pipelinegas nehmen die Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) per Schiff aus Russland weiter zu. Sie legten im vergangenen Jahr um fast 10 % auf 45 Milliarden Kubikmeter zu. Laut Prognose von Yakov & Partners werden sie in diesem Jahr nur um 1 Milliarde Kubikmeter Gas ansteigen. 2030 komme es zu einem merklichen Anstieg auf 105 Milliarden Kubikmeter Gas, wenn neue Anlagen in Betrieb gehen. Der Export von Pipelinegas werde dann 106 Milliarden Kubikmeter umfassen. Beides zusammen werde allerdings unter dem Vorkrisenniveau von 247 Milliarden Kubikmeter Gas bleiben (siehe Tabelle oben).

Um die Lücke in Export und Produktion zu füllen, halten es die Analysten für möglich, dass Russland im Inland mehr Gas verbraucht und zu Industriegasen verarbeitet. So könnte der Gasverbrauch in der Gas- und Agrochemie im Jahr 2030 um 27,4 % auf bis zu 79 Milliarden Kubikmeter Gas steigen. Doch das werde nur möglich sein, wenn die russische Produktionstechnologie verbessert wird. Darüber hinaus würden bereits angekündigte Gaschemieprojekte, darunter der Gasverarbeitungskomplex in Ust-Luga und die Produktionsanlagen vom Werk Amur GPP des russischen Gaskonzerns Gazprom und Siburs Gaschemiekomplex Amur, nicht ausreichen, um 130 Milliarden Kubikmeter Gas auszugleichen, die beim Export nach Europa weggefallen seien, warnte Sergej Kapitonow, Analyst am Skoltech Energy Transition Design Center.



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6 Kommentare

  1. Zusammenfassend ist doch die Frage, wieviel Gas in Dollar werden insgesamt exportiert.
    Wenn LNG mit einem deutlich höherem Gewinn am Weltmarkt verkauft werden kann, als wenn es über N1 oder N2 geflossen wäre, dann sieht das Ergebnis schon deutlich anders aus.
    Aber richtig, bis alles in so einem umfangreichen Markt wieder rund läuft, wenn sich die Lieferwege um 180 Grad drehen, und das Gas auch erst noch verflüssigt werden muss (bzw. die Anlagen dafür gebaut werden müssen) sind 5 bis 7 Jahre nicht unrealistisch.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Diese Analyse würde ich als ceteris-paribus-These bezeichnen, wobei mir klar die makroökonomischen Trends fehlen.

    Fakt ist, die russische Wirtschaft wächst, entkoppelt sich immer weiter vom Westen und ist nur sehr gering verschuldet.

    Wenn man in dem Szenario BRICS, goldgedeckte Abrechnungssysteme und manifeste Entkopplung vom Westen denkt, dann hinkt das Ergebnis der Analyse, da die Kaufkraft der verminderter Gasexportmengen deutlich steigen wird.

    oder salopp gesagt….

    Wenn ich große Mengen Pipelinegas mit niedriger Marge in den Westen verkaufe, um (relativ gesehen) teure westliche Produkte zu importieren, könnte ein Szenario sein, geringere Mengen mit relativ größer Marge nach Osten zu exportieren, um produktseitig Kaufkraftparität zu haben. Die Gasexportmenge ist in so einem Szenario nicht massegetrieben, sondern kaufkraftgetrieben.

    Auch eine Vertiefung der Gasveredelung in Form von chemischen und agrochemischen Produkten wird aus meiner Sicht deutlich zunehmen, da sich der afrikanische Lebensmittelmarkt gerade weiter in Richtung Russland öffnet, sowohl in Form von Endprodukten wie Getriede, als auch in Form von Maschinenlieferungen und Agrochemie und den damit verbundenen Schmier- und Treibstoffen.

    Russische Ressourcen mit asiatischer Technologie wird in Zukunft ein gehöriges Wort auf den Weltmärkten mitspielen.

  3. Lesen tu ich, glauben tu ich es nicht. Laut Statista hat Gazprom 2021 den größten Umsatz seiner Geschichte gemacht. Ich verbuche den Artikel unter Systempropaganda.

    1. @Heiko, die Staatseinnahmen Russlands sinken währen die Ausgaben steigen – das ist Fakt! Kein Zufalll, dass die russische Notenbank den stark fallenden Rubel durch Devisen-Verkäufe stützen muß..

  4. Vielleicht verstehe ich es ja auch nicht.
    Aber der Rubel, der praktisch nur in Russland verwendet wird, dass damit z. B. Dienstleistungen und die Rostoffgewinnung in Russland bezahlt wird, wird mit wertvollen Devisen gestützt?
    Wofür?
    Dem Arbeiter an dem Bohrloch in Sibirien sollte es doch egal sein, wie der Rubel im Außenhandel bewertet wird, solange er keinen Urlaub im Ausland machen möchte.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

    1. @Helmut
      Auch der Arbeiter am Bohrloch in Sibirien will sich und seine Familie ernähren. Und tut er das nicht ausschließlich mit leckeren abwechslungsreichen russischen Nahrungsmitteln, wird es eben teuer. Der junge IT-Unternehmer Dmitri braucht Grafikkarten und Prozessoren, beides ebenfalls keine Kernkompetenz der Russen. Und hundert Seiten mehr…
      https://www.n-tv.de/wirtschaft/Moskauer-aechzen-unter-schwachem-Rubel-article24319174.html

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