Der Schweizer Franken hat vor allem seit Juni dabei aufzuwerten. Als Initialzündung kann man die überraschende Zinsanhebung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom 16. Juni ansehen. Sieben Jahre lang verharrte der Leitzins in der Schweiz auf einem global gesehen historischen Tief bei -0,75 Prozent, und wurde dann am 16. Juni auf -0,25 Prozent angehoben. Hier der Schweizer Leitzins im Verlauf der letzten 25 Jahre:
source: tradingeconomics.com
Schweizer Franken zeigt Stärke
Euro vs Franken fiel seitdem von einem Wechselkurs bei 1,04 auf aktuell 0,9558. Der Schweizer Franken wertete also kräftig auf. Im folgenden TradingView Chart sehen wir im Verlauf der letzten zwölf Monate Euro vs Schweizer Franken (blau) im Vergleich zum Verlauf des Leitzinses der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Die Wirkung der Zinsanhebung ist nicht zu übersehen. Heute früh wertet der Fränkli weiter auf, weil die Schweizer Währung wie auch der US-Dollar aktuell als Fluchthafen fungiert, weil Wladimir Putin eine Teilmobilisierung im Ukraine-Krieg angeordnet hat. Und nun steht für morgen ein weiteres wichtiges Ereignis an.
Kräftige Zinsanhebung der SNB für morgen erwartet
Am morgigen Donnerstag um 9:30 Uhr wird die nächste Zinsentscheidung der SNB für die Schweiz erwartet. Wird der Leitzins weiter angehoben, könnte der Schweizer Franken noch weiter aufwerten. Aber in wie weit ist am Devisenmarkt bereits eingepreist, dass die SNB nach jahrelangen Negativzinsen morgen zumindest die Null-Linie erreicht, oder sogar ins Plus dreht?
Der Markt erwartet für morgen einen kräftigen Schritt in den positiven Bereich! Dazu schreibt Bloomberg: Die Schweizerische Nationalbank wird diese Woche wahrscheinlich das jahrelange Experiment der Negativzinspolitik in Europa beenden, indem sie den Leitzins mit Nachdruck über Null anhebt. Die Hälfte der befragten Ökonomen rechnet mit einer Erhöhung um 75 Basispunkte auf 0,5 %, was dem Vorgehen der Europäischen Zentralbank in diesem Monat entspricht, während der Rest entweder einen Viertelpunkt weniger oder mehr erwartet.
Die Ungewissheit über die SNB spiegelt laut Bloomberg die Schwierigkeit wider abzuschätzen, wie stark SNB-Präsident Thomas Jordan und seine Kollegen gegen die Inflation in der Schweiz (3,5 Prozent im August) vorgehen wollen, indem sie die umliegende Eurozone „beschatten“, während sie sich an einen Beschlusskalender mit nur halb so vielen Sitzungen halten. Eine Anhebung um 75 Basispunkte würde laut Bloomberg nicht bedeuten, dass die EZB noch weitere Schritte unternimmt.
„Die SNB wird jetzt mit einer entschiedeneren Zinserhöhung aufwarten, damit sie sich im Dezember einen kleineren Schritt leisten kann“, sagte Maxime Botteron, Ökonom bei der Credit Suisse Group AG in Zürich. „Wir erwarten eine Verlangsamung oder sogar eine Rezession in der Eurozone, so dass sich das Zeitfenster für große Zinserhöhungen schließt.“ Botterons Prognose einer Zinserhöhung um 75 Basispunkte geht davon aus, dass die Notenbanker nun an ihrem vierteljährlichen Zeitplan festhalten werden, anstatt zu ihrer früheren Gewohnheit zurückzukehren, die Anleger zwischen den Sitzungen mit geldpolitischen Änderungen zu überraschen.
Eine Erhöhung um 100 Basispunkte durch die SNB – wie sie die schwedische Riksbank am Dienstag vornahm – wird von drei Ökonomen vorausgesagt. Alexander Koch, Ökonom bei Raiffeisen Schweiz in Zürich, ist einer von acht Experten, die einen kleineren Zinsschritt von einem halben Punkt vorhersagen, obwohl er einen größeren Schritt nicht ausschließt. „Um nicht mit einer Zinserhöhung innerhalb der Sitzung im Herbst reagieren zu müssen, könnten sie die Zinsen stärker anheben“, räumte er ein.
Die Einschränkung des Kalenders verkompliziert laut Bloomberg die Herausforderung, die Geldpolitik inmitten von Spillover-Effekten aus anderen Ländern zu lenken, zusätzlich. Ein Großteil der Welt hat damit bereits zu kämpfen, nachdem die US-Notenbank ihre Geldpolitik aggressiv gestrafft hat und die Zinsen heute Abend erneut anheben wird.
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Die Schweiz hat laut Bloomberg lange versucht ihre Wirtschaft von der Politik ihrer Nachbarn abzuschirmen, mit denen man den größten Teil seines Handels abwickelt. Um die Exporteure vor den Kursgewinnen des Frankens gegenüber dem Euro zu schützen, hatten die Notenbanker 2015 die Zinsen unter null gesenkt.
Die Stärke des Schweizer Franken ist im Moment jedoch ein Segen, da sie den Preisdruck durch Importe in Schach hält. Selbst wenn die Inflation über 3 % liegt, so bleibt sie nur ein Bruchteil der Inflation in der Eurozone. Derweil wird der Wirtschaft in der Schweiz nach wie vor ein Wachstum vorausgesagt, wenn auch mit schwächeren Aussichten als zuvor.
Nach der Anhebung der EZB im Juli und der dänischen Anhebung in diesem Monat werden die Schweizer die letzten in Europa sein, die ihre negativen Zinssätze aufgeben. Die schwedische Riksbank hob den Leitzins 2019 über den Nullzins an, da sie die Nebenwirkungen dieser Politik als zu schädlich für das Finanzsystem erachtete. Die SNB war zwar nicht die erste Zentralbank, die in diesem Jahrhundert in den negativen Bereich ging – diese Ehre gebührt Dänemark -, aber sie tat dies am aggressivsten.
FMW-Anmerkung: Auch wenn für morgen +0,75 Prozentpunkte Zinsanhebung durch die SNB bereits eingepreist sind, könnte dieser große Schritt von -0,25 Prozent auf dann +0,50 Prozent dennoch für eine weitere Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro sorgen. Ein Schritt um volle 1,00 Prozentpunkte könnte womöglich eine kräftige Aufwertung des Franken bringen.
FMW/Bloomberg
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