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Politische Augenwischerei und Realität Statt De-Risking: Europa vertieft Abhängigkeit von China

Abhängigkeit wächst in strategischen Sektoren

Europa Abhängigkeit von China
Foto: Bloomberg

Statt De-Risking setzt Europa unbewusst auf eine tiefere Verstrickung mit China. Trotz der politischen Rhetorik über die Reduzierung von Abhängigkeiten zeigt ein neuer Bericht, dass die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Europa und China in strategischen Sektoren weiter wachsen. Diese Entwicklung stellt Europa vor neue Herausforderungen und Risiken in einer sich verschärfenden geopolitischen Lage.

De-Risking statt Decoupling: Europa und sein Plan mit China

Während sich die geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China weiter verschärfen und die wirtschaftliche Entkopplung vordergründig fortschreitet, verfolgt Europa eine andere Strategie. Anstatt die Beziehungen abzubrechen, setzt die Europäische Union auf ein „De-Risking“ – die Reduzierung von Abhängigkeiten, ohne sich vollständig zu entkoppeln.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte immer wieder, dass eine vollständige Entkopplung von China weder im Interesse Europas noch praktikabel sei. Vielmehr müsse Europa seine wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärken und seine Handelsbeziehungen mit China auf eine ausgewogene und faire Basis stellen. Ein neuer Report zeigt nun, dass die EU mehr statt weniger abhängig von China geworden ist.

Europa: Wachsende Abhängigkeit von China und seinen Schlüsselindustrien

Europa befindet sich in einer wirtschaftlichen Zwickmühle. Die wachsenden Handelsbeziehungen mit China haben der europäischen Wirtschaft in den letzten Jahren viele Vorteile gebracht, insbesondere in den Bereichen Technologie, Fertigung und Konsumgüter. Doch diese tiefen wirtschaftlichen Verbindungen bringen auch große Risiken mit sich.

Laut einer neuen Studie des Peterson Institute for International Economics (PIIE) vertieft sich die Abhängigkeit Europas von China, während die USA und China sich vordergründig zunehmend wirtschaftlich voneinander abkoppelt. Diese Abhängigkeit zeigt sich besonders in strategischen Sektoren wie der Automobilindustrie, wo China nicht nur ein wichtiger Absatzmarkt, sondern auch ein bedeutender Lieferant von Schlüsselkomponenten ist.

Der Handel zwischen der EU und China hat in den letzten Jahren exponentiell zugenommen. Im Jahr 2023 erreichte das bilaterale Handelsvolumen von 783 Milliarden Euro, womit China seinen Platz als größter Handelspartner der EU für Waren nicht nur festigte, sondern in den letzten 5 Jahren weiter ausbaute.

Dependence on China USA Europa

Abb 1: Import-Konzentration in China, USA, EU
Source: USITC’s DataWeb for US Data; Eurostat for EU data; UN Comtrade database for 2013 and 2018 China data, and China Customs for 2023 China data. Compiled by PIIE

Während die wirtschaftliche Abhängigkeit der EU von China traditionell im Bereich der Konsumgüterproduktion und in Low-Skill-Sektoren wie der Textilindustrie verankert war, verschiebt sich der Schwerpunkt zunehmend auf Hightech-Industrien und strategische Sektoren.

Dependence EU on China

Abb 2: Import-Konzentration von Europa in different Sektoren
Source: USITC’s DataWeb for US Data; Eurostat for EU data; UN Comtrade database for 2013 and 2018 China data, and China Customs for 2023 China data. Compiled by PIIE und dem Autor

Besonders besorgniserregend ist die Dominanz Chinas in der Elektromobilität, den erneuerbaren Energien und der Informations- und Kommunikationstechnologie. In der Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge, die für Europas grüne Transformation entscheidend sind, ist China eine unverzichtbare Macht. Über 70 % der weltweiten Lithiumproduktion, ein Schlüsselmaterial für Batterien, wird von China kontrolliert. Ebenso ist China führend in der Herstellung von Solarzellen und Modulen – Bereiche, in denen europäische Länder stark auf Importe angewiesen sind.

Im Hightech-Sektor sind ähnliche Abhängigkeiten erkennbar. Europa importiert einen Großteil seiner Halbleiterprodukte aus China, während es gleichzeitig Schwierigkeiten hat, eine eigenständige Produktion von Mikroprozessoren und Chips zu etablieren. Diese technologischen Komponenten sind für zahlreiche Industrien unverzichtbar – von der Automobilindustrie bis hin zur Telekommunikation.

Investitionen statt De-Risking: Chinas Einfluss in Europa

Der Bericht des Peterson Institute verdeutlicht, dass die Abhängigkeit der EU von China in strategischen Sektoren wächst, während gleichzeitig die globalen Spannungen zunehmen.

Während die USA versuchen, ihre wirtschaftlichen Verbindungen zu China durch Strafzölle und andere protektionistische Maßnahmen zu reduzieren, zeigt sich, dass China diese Barrieren geschickt umgeht. Durch sogenannte Transshipping-Strategien und Nearshoring verlagern chinesische Unternehmen Teile ihrer Produktion in Drittländer wie Mexiko, um Strafzölle zu vermeiden. Diese Praxis verschleiert die tatsächliche Abhängigkeit der USA von chinesischen Gütern. Trotz der politischen Bemühungen um ein „Decoupling“ bleibt China ein dominierender Akteur auf dem US-Markt.

Ähnliche Muster sind auch in Deutschland zu beobachten. Während politisch viel über „De-Risking“ gesprochen wird, zeigt sich in der Praxis eine verstärkte Hinwendung zu Märkten in der ASEAN-Region. Deutsche Unternehmen, die sich mit den Herausforderungen des direkten Handels mit China konfrontiert sehen, nutzen zunehmend Standorte in Südostasien, um Handelshemmnisse zu umgehen. Dies verdeutlicht, dass China indirekt weiterhin eine zentrale Rolle in den globalen Lieferketten spielt, auch wenn sich die Produktionsstandorte geografisch verlagern.

Die Abhängigkeit Europas von China könnte größer sein, als es viele Berichte vermuten lassen. Insbesondere im Hightech-Bereich zeigt sich, dass China potenzielle Handelsbarrieren durch direkte Investitionen in europäische Märkte umgeht. Dies wird deutlich in der wachsenden Präsenz chinesischer Unternehmen im Bereich der Elektromobilität und anderen Schlüsseltechnologien. Diese Investitionswelle verdeutlicht, dass sich Chinas Einfluss auf die europäischen Volkswirtschaften nicht nur über den Handel, sondern auch über ausländische Direktinvestitionen ausbreitet und eine noch tiefere Verflechtung schafft.

Solange die EU sich darauf konzentriert, Risiken nur oberflächlich zu reduzieren, bleibt das sogenannte De-Risking kaum mehr als Augenwischerei. Statt sich strategisch unabhängig zu machen, könnte Europa in Wahrheit nur die Form seiner Abhängigkeit ändern.



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2 Kommentare

  1. Herr Enonnson, ihrer ewig gleichen Aussagen über die Bösen.
    Ach nein es sind Daten, die sie uns berichten.
    Aber eines sei gewiss, wenn China nicht mehr gut genug ist.
    Dann ist keiner da der die Sch.. Wie bei der US Suprime Krise gutmachen. Bedenke einer verspricht jeder könne sich ein Haus kaufen, die Schulden verkaufen wir an Blede. Gut gemacht. Wer ist hier die größte, gerissenste Mafia, bitte wer, von den ganzen Nationalstaaten. Wer? Bitteschön ich habe gerne die Appachehubschrauber über mir. Katterbach, Ansbach. Wir sind mit den Amis gross geworden. Bitte nehmen Sie alle Schatten aufs Korn, Bringen Sie Licht darauf. Die Erde dreht sich für uns alle ins Licht und in seinem Schatten. Alle Nationalstaaten haben Schattenseiten, es kommt darauf an, wer ist der gerissenenste.
    Wer kann die meisten Bewohner der Erde für blöd ver kaufen.
    Zur Zeit sind wir gern Kamele, doch dann kommt der Löwe in uns durch, und dann hoffentlich zum Kinde…..

    1. @Albi
      leider ist es sehr schwierig, Ihren Post zu verstehen. Soweit ich es verstanden habe, meinen Sie, ich hätte etwas gegen China.
      Da scheine ich mich nicht richtig ausgedrückt zu haben: Der Artikel richtet sich keineswegs gegen China. Zunächst gibt der Artikel nur die Analysen des Peterson-Instituts wieder. Diese besagen, dass die USA ihre direkte Abhängigkeit verringert haben, während Europa seine direkte Abhängigkeit verstärkt hat.
      Meiner Ansicht nach greift diese Analyse zu kurz, weil sie die indirekte Abhängigkeit nicht berücksichtigt.

      Dies ist zunächst eine rein akademische Betrachtung.

      Sowohl die politischen Entscheidungsträger in den USA als auch in Europa wollen die strategische Abhängigkeit von China verringern. In den USA scheint dies oberflächlich zu gelingen, jedoch ist das zumindest fraglich. Für Europa stellt das PIIE fest, dass die direkte Abhängigkeit offenbar steigt. Vermutlich ist sie, wie ich im Artikel erläutert habe, durch Nearshoring und Transshipping sogar noch höher. Die Schlussfolgerung ist, dass die europäische Politik offenbar nicht das erreicht, was sie zu erreichen versucht.

      Dies ist eine reine Betrachtung dessen, was die Politik erreichen will und was sie tatsächlich erreicht.

      Dass eine strategische Abhängigkeit für ein Land oder einen Staatenverbund wie die EU nicht besonders vorteilhaft ist, ist eine offensichtliche Tatsache. Man muss einem Land dabei nicht einmal Böswilligkeit unterstellen. Während der COVID-Pandemie haben wir gesehen, dass wir unsere Bevölkerung ohne Waren aus China nicht wirksam schützen konnten. Und China hat mit Sicherheit nicht aus Böswilligkeit den Export ausgesetzt. In vielen Bereichen war China schlicht und ergreifend nicht mehr in der Lage, die Lieferketten aufrechtzuerhalten.

      Es bedarf aber gar keiner Pandemie, um Lieferketten zu stören. Es reicht bereits, wenn ein Schiff im Suezkanal eine Havarie hat, um die Lieferketten in Europa in Schwierigkeiten zu bringen.

      Wenn Sie eine Kritik aus dem Artikel herauslesen wollen, dann die, dass die EU offenbar nicht sehr gut darin ist, ihre gesetzten Ziele zu erreichen – völlig unabhängig davon, was Dritte, in diesem Fall China, tun.

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