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Thyssenkrupp und BASF: Schlaglichter des Industrie-Abbaus

Thyssenkrupp und BASF sind aktuell die Schlaglichter für eine Krise der deutschen Industrie. Und das Mega-Projekt von Intel wackelt.

Thyssenkrupp-Werk in Duisburg
Thyssenkrupp-Werk in Duisburg. Foto: Bloomberg

Viele kleinere Autozulieferer gehen derzeit den Bach runter, was an den jeweiligen Standorten – gerade wenn es kleine Ortschaften sind – einer Katastrophe gleichkommt. Der Autozulieferer AE-Group aus Thüringen beispielsweise meldete vor zwei Wochen Insolvenz an, betroffen sind 600 Arbeitsplätze. Auch die Flabeg Automotive Germany GmbH meldete am 18. August Insolvenz an, 200 Jobs sind betroffen. Der Autotechnik-, Rad und Felgenhersteller BBS meldete Anfang August Insolvenz an, und so könnte man es fortsetzen. Im großen Bild symbolisieren große alte Industrie-Ikonen wie Thyssenkrupp und BASF den Niedergang des Industriestandorts Deutschland.

Wäre man bei den Grünen, könnte man sagen: Wer die grüne Transformation nicht schnell genug erkannt hat, geht eben unter? Aber Scherz bei Seite. Es ist ein Mix aus harter Konkurrenz aus China, grünem Transformations-Wahn, immer mehr Bürokratie, hohen Energiekosten, Mangel an Fachkräften usw. Bei Thyssenkrupp konnte man seit Jahren dabei zusehen, wie die Stahlsparte den Bach runtergeht. Nun geht es immer weiter bergab, und die Konzernmutter scheint alles zu versuchen, um das Stahlgeschäft „endlich“ loszuwerden.

Thyssenkrupp: Ein Stahlriese wankt

Bloomberg schreibt aktuell über den weiteren Stahl-Niedergang bei Thyssenkrupp: Drei Vorstände und vier Aufsichtsräte gehen, die Probleme bleiben. Nachdem der Streit um den Umbau des Stahlgeschäfts gestern vollends eskaliert ist, herrscht Unsicherheit über die Zukunft der einstigen deutschen Industrie-Ikone im Ruhrgebiet. Stahlchef Bernhard Osburg hatte mehr Mittel für sein angeschlagenes Unternehmen gefordert, um den klimafreundlichen Umbau der Stahlsparte zu finanzieren. Doch statt Geld schickte Thyssen-Chef Miguel López Osburg einen Aufhebungsvertrag.

Der ehemalige SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel trat als Aufsichtsratsvorsitzender der Stahltochter zurück und wählte deutliche Worte in Richtung Konzernchef López. Nach einer Aufsichtsratssitzung sprach Gabriel von einer “beispiellosen Kampagne” gegen den Stahlvorstand und einem “schweren Vertrauensbruch.”

Die Zeiten für das krisengeschüttelte Stahlgeschäft werden nicht einfacher. Die Konjunktur schwächelt, Billigimporte drücken auf die Preise und wer den Umbau zum Ökostahlproduzenten bei Thyssenkrupp vollumfänglich finanzieren soll, bleibt unklar. Bund und Land haben für das Dekarbonisierungsprojekt “tkH2Steel” rund 2 Milliarden Euro an Fördermitteln bewilligt.

Ein wichtiger Akteur hat sich allerdings noch nicht öffentlich zum Managementbeben geäußert, und auf ihn könnte es letztlich ankommen, wenn es um die künftige Ausrichtung des Stahlgeschäfts geht: der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky. Er hält bereits 20% am Unternehmen und führt Gespräche, um weitere 30% zu übernehmen.

FMW: Die Zeichen stehen weiter auf Niedergang beim Thema Stahl im Hause Thyssenkrupp. Ein Blick auf die Daten zeigt: Die Stahlsparte machte 2022 noch 13,2 Milliarden Euro Umsatz, 2023 waren es 12,4 Milliarden Euro, und 2024 sollen es nur noch 10,8 Milliarden Euro sein, 2025 nur noch 10,5 Milliarden Euro. Auch die größte Sparte „Material Services“, die 2022 noch 16,4 Milliarden Euro Umsatz brachte und 2023 nur noch 13,6 Milliarden Euro, soll laut Markterwartungen 2024 nur noch 12,5 Milliarden Euro Umsatz liefern. Der Konzernumsatz sank von 41,1 Milliarden Euro in 2022 auf 37,5 Milliarden Euro in 2023, und wird 2024 mit 35,1 Milliarden Euro erwartet. Keine rosigen Aussichten!

BASF baut in Deutschland weiter ab

Bei BASF denkt man auch: Gut, ein neues Werk wird in China gebaut, am großen Stammwerk in Ludwigshafen wurde ein klein wenig abgebaut, damit hat es sich dann auch. Aber nein, der Rückbau am Stammsitz geht weiter! Und wo ein Mega-Unternehmen wie BASF als Gigant der Chemieindustrie abbaut, stehen dahinter viele kleinere Betriebe, die vermutlich folgen? Bloomberg meldet aktuell: Die BASF schließt weitere Produktionsstätten, diesmal am Stammsitz in Ludwigshafen. Im nächsten Jahr soll dort die Herstellung von Adipinsäure, Cyclododecanon und Cyclopentanon eingestellt werden — in Frankreich und Südkorea soll sie weiterlaufen. Etwa 180 Angestellte sind betroffen, die möglichst anderweitig beschäftigt werden sollen. Laut Mitteilung von BASF will man so “die Wettbewerbsfähigkeit unter veränderten Marktbedingungen” sicherstellen und die “Profitabilität der gesamten Wertschöpfungskette des Verbunds” sichern. Gemeint dürften damit in erster Linie die hohen Kosten für Energie sein.

Intel-Fabrik wackelt?

Aber wo die „alte“ Industrie wegbricht, entsteht Neues? So pumpt Deutschland neue Chipfabriken von Intel und TSMC voll mit staatlichen Subventionen. Das neue Chipwerk von Intel in Sachsen-Anhalt soll mit 10 Milliarden Euro die größte jemals getätigte staatliche Subvention erhalten. Mehrere Millionen Euro Subvention pro Arbeitsplatz. Förderung strukturschwacher Regionen mit der Brechstange, für andere vor allem kleine Betriebe gibt es natürlich gar kein Fördergeld? Jetzt aber sieht man, wie riskant es sein kann, sich auf einzelne Leuchtturm-Projekte zu verlassen, anstatt der breiten Wirtschaft strukturell bessere Rahmenbedingungen zu geben. Dass Intel wacklig da steht, wissen Börsianer schon seit geraumer Zeit. Die Aktie stürzte in diesem Jahr bereits 60 % ab, zuletzt machte man Milliarden-Verluste. Seit Tagen wird nun sogar im SPIEGEL darüber spekuliert, dass die ganze Investition abgesagt wird, weil Intel sparen muss.

Das wäre ein Image-Desaster für die Bundesregierung, die doch so gerne zeigen will, wie sehr man auf irgendwas mit Zukunft setzt, was tausende neuer toller Arbeitsplätze bringt. Heute berichteten wir darüber: Intel hat sich jetzt sogar Banken ins Haus geholt, um zu schauen, wie man aus der wirtschaftlichen Krise herauskommt. Erwogen wird offenbar unter anderem eine Abspaltung des Produktentwicklungsgeschäfts von der Produktion sowie die Frage, welche Fertigungsprojekte womöglich aufgegeben werden könnten. Die verschiedenen Optionen sollen bei einer Board-Sitzung im September vorgestellt werden. Wird dann das Aus für den neuen Standort Magdeburg verkündet?

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. Hierbei bleibt auch abzuwarten, welchen Stellenwert innovative U-Boote künftig bei/für ThyssenKrupp haben.

  2. Die bereits vor der Regierungsaufnahme der Ampel bekannte, nicht verheimlichte zukünftige Energiepolitik löste bei den Gewerkschaftsfunktionären folgendes aus: nichts. Die seit 3 Jahren laufende Deindustrialisierung bewirkte bei den Gewerkschaftsfunktionären: nichts. Die in Gang gekommene Arbeitslosigkeit hat bei den Gewerkschaftsfunktionären als Reaktion: keine. Welche Erfolge hatten die Gewerkschaftsfunktionäre bei den Lohnverhandlungen: keine – reale Lohnverluste wurden akzeptiert. Wie eine Reihe von politischen Parteien gehören solche rot-grünen NGOs auf den Abfallhaufen der Geschichte.

  3. Beim Atomausstieg kam als Reaktion von der Gewerkschaftsseite: Wenig bis nichts, obwohl dies zuletzt vom politischen Gegner forciert wurde. Die Funktionäre haben sich abhängig gemacht.

  4. Die gewählten Beispiele hinken etwas.

    Thyssenkrupp hat sich von seinem gescheiterten Abenteuer in Brasilien nie erholt. Seitdem war die Stahlsparte nicht mehr lebensfähig. Spätestes seit der Forderung nach Ökostahl hätte die Sparte sofort eingestellt werden müssen.

    Intel ist ein nahezu ein Musterbeispiel für Fehlmanagement. Durch eine Vielzahl an Fehlentscheidungen hinkt Intel nun ein bis eineinhalb Technologiegenerationen hinterher. Dem Management fehlt das Mindset zur Aufholjagd. Intel wird wie IBM und Boeing in einem langsamen Siechtum dahinsterben.

    Bleibt BASF als ein solide gemanagtes Unternehmen in einem zyklischen Geschäftsfeld mit niedrigen Margen. Dieses Unternehmen ist für mich das geeignetste Beispiel für die verheerenden Auswirkungen der aktuellen Politik. Wenn das Lebenselixier dieses Unternehmens, die Energie, in Deutschland unbezahlbar wird, ist es nur natürlich, dass dieses Unternehmen seine Produktion zu seinen Absatzmärkten verlagert.

    Und Deutschlands Bedeutung als Absatzmarkt ist bereits jetzt gesunken. Und mit der absehbar wegsterbenden Autoindustrie wird der europäische Absatzmarkt immer mehr an Bedeutung einbüßen.

    Das die Autoindustrie wegsterben wird ist meiner Meinung nach nicht allein der Politik geschuldet.
    Management und Politik arbeiten in diesem Industriezweig Hand in Hand an dessen Niedergang. Jahrzehnte des Fehlmanagement in den Unternehmen hatten einen erheblichen Anteil. Zum Beispiel die Entscheidung Lopes zunächst Opel und dann VW zerstören zu lassen. Er hat in der deutschen Automobilindustrie geschafft, was Mehdorn bei der Bahn bewirkte. Erinnert sich heute noch jemand daran, dass Audi, Mercedes und Porsche für Innovation in der Automobilindustrie standen? Lang ist es her.

    BASF ist meiner Meinung nach nicht das einzige gute Beispiel für ein in Deutschland verwurzeltes Unternehmen, das nun gezwungen wird das Land zu verlassen.

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