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USA weniger abhängig von China? USA und China: Wie stark ist die Ent-Koppelung wirklich?

Globale Verflechtungen verhindern vollständiges De-Coupling

USA China wie weit geht die Ent-Koppelung
Foto: EyeEm - Freepik.com

In den letzten Jahren hat die Biden-Administration eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um das Handelsdefizit der USA zu verringern und die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Zu diesen Maßnahmen gehören der Inflation Reduction Act (IRA) und der CHIPS and Science Act, die darauf abzielen, die inländische Produktion zu stärken und die Versorgungsketten widerstandsfähiger zu machen.

Trotz dieser politischen Eingriffe und einer Vielzahl geopolitischer Spannungen zeigt ein genauerer Blick auf die Handelsdaten, dass sich weder eine generelle „De-Globalisierung“ noch eine umfassende Fragmentierung durchgesetzt haben. Stattdessen wird die globale Wirtschaft immer noch von tief verwurzelten Handelsbeziehungen bestimmt, insbesondere zwischen den USA und Asien, wobei China eine zentrale Rolle spielt.

Handelsdefizit der USA schrumpft – Fokus auf Eigenproduktion, Importe aus China fallen

Die Handelsstatistiken der letzten Jahre liefern klare Hinweise auf eine Umgestaltung der US-Handelsbeziehungen. Besonders auffällig ist, dass das Handelsdefizit der USA zwischen 2022 und 2024 deutlich zurückgegangen ist: Während es im Jahr 2022 noch bei über 664 Milliarden US-Dollar lag, sank es 2023 auf 528 Milliarden US-Dollar und betrug in den ersten acht Monaten des Jahres 2024 nur noch rund 48 Milliarden US-Dollar. Diese Entwicklung geht einher mit einer Verringerung der Importe, während die Exporte leicht gestiegen sind.

USA Exporte Importe China

Abb. 1: Ex- und Importe, sowie Handelsdefizit der USA. Source: BEA, eigene Berechnungen.

Gleichzeitig wächst die US-Wirtschaft weiter. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im zweiten Quartal 2024 um 3,0 %, und für das dritte Quartal wird ein Wachstum von 3,2 % erwartet. Diese wirtschaftliche Dynamik lässt darauf schließen, dass die USA zunehmend in der Lage sind, ihren Binnenmarkt durch heimische Produktion zu bedienen, was die Abhängigkeit von Importen, insbesondere aus China, mindert.

USA BIP China

Abb. 2: Reales BIP: Prozentuale Veränderung gegenüber dem vorherigen Quartal. Source: BEA

Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in den Handelsbeziehungen mit China wider. Der Anteil chinesischer Importe an den gesamten US-Importen ist von einem Höchststand in den 2010er Jahren auf unter 13 % im Jahr 2024 gefallen. Diese Abschwächung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem vollständigen Abkoppeln von China. Vielmehr haben die Importe aus anderen asiatischen Ländern zugenommen, was auf eine Diversifizierung der Lieferketten hindeutet, ohne dass es zu einer radikalen Abkehr von Asien als Handelspartner kommt. Ein wesentlicher Teil dieses vermeintlichen „De-Couplings“ besteht allerdings oft nur in einer Umgehung der Abhängigkeit von China. Häufig werden chinesische Vorprodukte in Drittländer exportiert und dort verarbeitet oder umgelabelt, sodass die fertigen Produkte nicht mehr als „Made in China“ gelten, obwohl die Wertschöpfungskette nach wie vor stark auf China angewiesen ist.

Share of Imports to the USA and China

Abb. 3: Anteil von China und der Rest Asiens an den US-Importen. Source: BEA und eigene Berechnungen

China bleibt für USA zentral trotz Umstrukturierung der Lieferketten

Eine Analyse verdeutlicht diesen Trend weiter und zeigt auf, dass der Anstieg des asiatischen Handelsüberschusses – insbesondere Chinas – nahezu perfekt mit dem Defizit der USA übereinstimmt. Der amerikanische Ökonom Brad Setser argumentiert, dass trotz Diskussionen über „De-Globalisierung“ oder eine Fragmentierung entlang geopolitischer und ideologischer Linien die Handelsströme zwischen Asien und den USA nach wie vor eng verflochten sind. Die Vorstellung, dass sich die Weltwirtschaft entlang der Trennlinien zwischen Demokratien und Autokratien aufspalten könnte, ist laut Brad Setser, schwer umsetzbar, solange die großen Handelsdefizite der USA zur Aufrechterhaltung der Handelsüberschüsse autokratischer Staaten wie China beitragen. Diese wechselseitige Abhängigkeit, in der westliche Demokratien wie die USA nach wie vor stark auf chinesische Waren angewiesen sind, verhindert eine tatsächliche wirtschaftliche Fragmentierung.

Asien Importe Exporte

Abb. 4: Asiens kombinierter Überschuss entspricht dem US-Defizit. Source: Brad Setser

Globale Verflechtungen verhindern vollständiges De-Coupling zwischen USA und China

Obwohl die politische Rhetorik immer wieder ein „De-Coupling“ von China propagiert, spiegelt die Realität etwas anderes wider. Die globale Handelsstruktur bleibt kohärent, und die „Sinisierung“ des globalen Handelsüberschusses setzt sich fort. Der Rückgang der Importe aus China in die USA bedeutet keineswegs eine echte Abkopplung, sondern eher eine Verlagerung innerhalb Asiens, wo chinesische Unternehmen weiterhin stark in die Lieferketten integriert sind. Diese Dynamik zeigt, dass die globalen Handelsbeziehungen komplex bleiben und nicht leicht zu entwirren sind.

Insgesamt verdeutlichen diese Entwicklungen, dass sich die Handelslandschaft der USA verändert. Die Abhängigkeit von China nimmt ab, da es den USA gelungen ist, mehr Waren und Dienstleistungen im eigenen Land zu produzieren. Doch von einem echten „De-Coupling“ kann keine Rede sein. Die Wirtschaftsbeziehungen sind nach wie vor tief verflochten, und China bleibt ein zentraler Akteur im globalen Handel, auch wenn ein Teil der Produktion in andere asiatische Länder verlagert wurde.

Die Maßnahmen der USA, insbesondere ihre Industriepolitik, könnten allerdings als Vorbild für die Europäische Union dienen, um deren wachsende Abhängigkeit von China zu reduzieren. Während die EU ihre Handelsbeziehungen zu China in den letzten Jahren intensiviert hat, zeigt das Beispiel der USA, dass durch gezielte Förderung der heimischen Produktion und Investitionen in strategische Sektoren zumindest eine Teilentkopplung erreicht werden kann. Dennoch bleibt die Herausforderung bestehen, in einer globalisierten Weltwirtschaft den Spagat zwischen politischer Unabhängigkeit und wirtschaftlicher Verflechtung zu meistern.



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