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Warum der Euro nach EZB-Zinsanhebung fällt – „Dovish Hike“

Obwohl die EZB die Zinsen erhöht hat, fällt der Euro seit 14:15 Uhr gegenüber dem US-Dollar. Hier dazu die Erläuterung.

EZB-Chefin Christine Lagarde
EZB-Chefin Christine Lagarde. Photographer: Alex Kraus/Bloomberg

Der Euro fällt gegenüber dem US-Dollar seit 14:15 Uhr von 1,0730 auf 1,0663. Dabei müsste die Gemeinschaftswährung doch eigentlich steigen? Denn die EZB hat um 14:15 Uhr alle drei Zinssätze angehoben um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Höhere Zinssätze in Euroland machen Geldanlagen in der Eurozone attraktiver, eigentlich müsste der Euro daher doch steigen? Aber es kam anders. Blicken wir auf die Gründe.

Euro fällt trotz Zinsanhebung – „Dovish Hike“

“Die EZB hat einen „Dovish Hike“ aufgetischt, sagt dazu als Erklärung Bloombergs Europa-Chefvolkswirt Jamie Rush. Die Guidance mache klar, dass der EZB-Rat der Meinung ist, die Straffung hinter sich gebracht zu haben, “solange die Daten kooperieren.” Nun sei die Frage, wie lange es dauert, bis die Zinsen gesenkt werden. FMW: Also läuft es so ähnlich wie beim Aktien-Motto „Sell on good news“? Jetzt hat die EZB (voraussichtlich) ihr Zinshoch erreicht, und die Phantasie für noch höhere Zinsen ist weg. Nun überlegt der Markt eben nur noch, wie lange die Zinsen da oben hängen bleiben, und wann sie wieder gesenkt werden könnten. Für den Euro wirkt sich dieses Szenario aktuell negativ aus.

Interessant auch diese Aussagen von Christine Lagarde aus ihrer PK: “Mit der heutigen Entscheidung haben wir nach derzeitiger Einschätzung ausreichend dazu beigetragen, die Inflation rechtzeitig auf das Zielniveau zurückzuführen. Der Schwerpunkt wird sich wahrscheinlich etwas mehr auf die Dauer verlagern, aber das heißt nicht, dass wir jetzt den Höhepunkt erreicht haben — das können wir nicht sagen.”

In diesem Chart sehen wir seit April 2022 als orange Linie den ansteigenden Leitzins der EZB – die heute Erhöhung ist hier noch nicht berücksichtigt. Als blaue Linie sehen wir die Entwicklung von Euro gegen US-Dollar. Der Euro ist bereits seit Wochen im Abwärts-Modus. Denn die Konjunktur in Euroland schwächelt, gleichzeitig ist sie in den USA weiter robust, und die Zinsen in den USA könnten länger hoch bleiben als in Europa.

Euro gegen US-Dollar im Vergleich zum EZB-Leitzins

Weniger als 20 % Wahrscheinlichkeit für noch höhere Zinsen

Bloomberg schreibt auch zur seit 14:15 Uhr vorhandenen Euro-Schwäche: „Der Euro fiel um bis zu 0,7% auf 1,0656 Dollar — den schwächsten Stand seit Mai — und Staatsanleihen erholten sich, da die Geldmärkte nurmehr eine Chance von weniger als 20% für eine weitere Zinserhöhung einpreisen. Die Rendite zweijähriger Bundesschätze fiel um vier Basispunkte auf 3,13%.“

Und weiter schreibt Bloomberg dazu: Diese Entscheidung bedeutet, dass die ohnehin schon kriselnde Konjunktur im Euroraum noch stärker gedrosselt werden muss, um den anhaltenden Inflationsdruck zu beseitigen. Lagarde zufolge waren einige Ratsmitglieder damit nicht einverstanden und plädierten für eine Pause bei den Erhöhungen. Die Mehrheit für den Beschluss sei aber “solide” gewesen.

“Die Konjunktur wird in den kommenden Monaten wahrscheinlich gedämpft bleiben”, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz. “Die geringere Nachfrage nach Exporten aus dem Euroraum und die Auswirkungen der angespannten Finanzierungsbedingungen dämpfen das Wachstum, unter anderem durch geringere Wohnungs- und Unternehmensinvestitionen.”

Aufgrund der “zunehmenden Auswirkungen” der geldpolitischen Straffung auf die Binnennachfrage und der Abschwächung des internationalen Handels hat der EZB-Stab die Projektionen zum Wirtschaftswachstum erheblich gesenkt. Er erwartet für die Wirtschaft des Euroraums nun ein Wachstum von 0,7% für 2023, 1% für 2024 und 1,5% für 2025.

Die Inflationsprognosen wurden angepasst auf 5,6% 2023, 3,2% im Jahr 2024 und 2,1% 2025. Dies stellt für 2023 und 2024 eine Korrektur nach oben und für 2025 eine Korrektur nach unten dar.

Hier noch eine aktuelle Meinung von Robin Brooks vom Institute of International Finance: „Die EZB erhöht den Zinssatz und der Euro fällt. Das heißt, die Märkte sagen der EZB, dass sie zu streng ist und dass ihre Erhöhungen kontraproduktiv sind. Die Eurozone befindet sich inmitten eines großen negativen Schocks. Der Euro hätte niemals über die Parität zurückkehren dürfen. Unser fairer Wert für EUR/$ bleibt bei 0,90.“

FMW/Bloomberg/Chart TradingView



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3 Kommentare

  1. Dovish Hike!!! AHAHAHAHAHA

    Ich kipp um! Die Propaganda Maschine ist sich für nichts zu schade!
    Bald auch im Angebot dovish Rezession und dovish Insolvenzen. Nicht zu vergessen dovishe Arbeitslosichkeit und auch dovische Kreditausfälle.

    Es ist eine ZINSERHÖHUNG!!!!!!!! Wiederlich

  2. Einfache Erklärung ?: die Renditen aller Euro-Staatsanleihen sind erheblich ins Negative gerutscht, trotz Zinsanhebungen. Werden massiv Euro-Staatsanleihen verkauft und die Flucht in den Dollar angetreten?

  3. Brooks aber auch jemand der auch im Sept. 2022 von den €/$ bei 0,90 sprach obwohl fast alle Banken ihre Prognosen über Parität hatten. So kompetent er auch sein mag (will ich garnicht beurteilen), sind Prognosen oder Targets egal von wem immer mit der notwendigen Vorsicht zu genießen.

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