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Wirecard: Milliarden-Kreditlinie wackelt, BaFin-Chef mit Selbstkritik

Heute früh hat Wirecard de facto zugegeben, dass die angeblich auf zwei Banken auf den Philippinen liegenden 1,9 Milliarden Euro nicht existent sind. Und vielleicht waren sie auch niemals dort vorhanden? Das ist nicht so ganz klar. Nun dreht sich die Problemspirale weiter. Letzte Woche hatte Wirecard bereits darauf hingewiesen, dass kreditgebende Banken eine Kreditlinie kündigen könnten, falls Wirecard bis letzten Freitag nicht im Stande sein sollte einen testierten Jahresabschluss zu liefern. Dieses Worst Case Szenario ist eingetreten.

Wirecard im Strudel

Und heute erfährt man, dass es bei den Konsortialbanken, die hinter dieser Kreditlinie stehen, womöglich Überlegungen gibt die Kreditlinie aufzulösen und/oder vergebene Kredite zu kündigen. Die Lage ist unklar, daher sollte man vorsichtig sein. Laut aktuellen Berichten soll die Bank of China darüber nachdenken ihre Teilnahme an einer 1,75 Milliarden Euro umfassenden Kreditlinie für Wirecard zu beenden. Man denke darüber nach 80 Million Euro an vergebenen Krediten abzuschreiben und noch zu retten was geht. Die Konditionen dieses Kredits beziehungsweise dieser Kreditlinie sind natürlich für uns Außenstehende unklar. (hier eine Übersicht der Konsortialbanken vom Manager Magazin)

Was passiert, wenn nur eine der Konsortialbanken aussteigen will, weil Wirecard die Vereinbarungen nicht einhält? Ist dann die ganze Kreditlinie hinfällig? Oder verzichten die Banken bewusst auf eine Kreditkündigung, weil sie sonst Angst hätten gar nichts von bereits vergebenen Krediten zurückzubekommen? Man steckt nicht drin als Außenstehender. Auf jeden Fall bröckelt das Kartenhaus namens Wirecard weiter. Die Wirecard-Aktie notiert aktuell mit 14,91 Euro, wo man im Verlaufe des Handels am letzten Freitag oft noch Kurse um die 30 Euro sah. Was für ein Debakel. Noch am letzten Mittwoch notierte die Aktie bei Kursen von über 100 Euro.

BaFin mit öffentlicher Reue

Was derzeit wenig bis gar keinen Trost spendet (denn was kann sich der betroffene Wirecard-Aktionär davon kaufen?), sind aktuelle Aussagen des BaFin-Chefs Felix Hunold. Er spricht laut Berichten heute im Fall Wirecard von einem totalen Desaster, von einer Schande. Private und öffentliche Institutionen, womit auch die BaFin gemeint sei, hätten versagt. Man sei nicht effektiv genug gewesen, einen solchen Fall zu verhindern. Tja, da darf der interessierte Beobachter von BaFin-Verlautbarungen sich schon mal wundern, wie stringent gegen jeden Hans und Franz vorgegangen wird, aber bei Wirecard lässt man dem Debakel freien Lauf? Ständig liest man in BaFin-Veröffentlichungen, wie Einzelpersonen, die für Privatpersonen Geld verwalten oder von ihnen Geld entgegennehmen, abgestraft werden und mit Unterlassungen überzogen werden, weil sie gegen das Kreditwesengesetz, Wertpapierhandelsgesetz etc verstoßen.

Es ist auch gut so, dass solche Vorgänge unterbunden werden, weil oft Kleinanleger von dubiosen Möchtegern-Finanzexperten über den Tisch gezogen werden. Aber bei der großen schillernden Wirecard, was war hier das Problem der BaFin? Zu groß um geprüft zu werden? Zu dubios die Vorwürfe der Financial Times? Zu glaubhaft die Aussagen von Wirecard, dass an all den Vorwürfen nichts dran ist? Welche Änderungen wird denn die BaFin in Zukunft für ihre Arbeitsabläufe vornehmen? Wird man dazu etwas hören?

Wirecard-Zentrale in München
Die Firmenzentrale von Wirecard in München. Foto: Leo Molatore – 0I3A2249 CC BY-SA 2.0



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7 Kommentare

  1. Der eigentlich Skandal hinter Wircecard ist die Bafin und die Aufsichtsbehörden. Sie tun einfach nichts und schweigen sich aus. Finazplatz Deutschland. Stupid German Money. Und wieso ist Wirecard immer noch im DAX? Dafür ist die Deutsche Börse AG verantwortlich. Was für Stümper.

  2. Wenn nicht einmal die BaFin es schafft einen der 30 DAX Konzerne zu durchleuchten mit mal eben 1,9Mrd fehlenden Barmitteln, dann bekommt man eine ungefähre Vorstellung davon wie kaputt und dereguliert dies Finanzcasino ist.

  3. Alle haben die Augen zugedrückt, alle wollten eben einen deutschen Champion haben. Da hat fugmann schon recht (s. Artikel oben). Leider kommt dieser „crash“ zur Unzeit. Das Vertrauen in die deutsche Elite sinkt von Tag zu Tag immer schneller. Wenn jetzt noch Lufthansa scheitern sollte, dann das zu einem vertrauenschrash führen. Allerdings dürfte der aktuelle Rettungsplan in ein oder zwei Jahren zu einem deasaster führen. Die vom Staat verlangtdn Zinsen sind einfach nicht stemmbar.

  4. Zitat: „.. Beobachter von BaFin-Verlautbarungen sich schon mal wundern, wie stringent gegen jeden Hans und Franz vorgegangen wird, aber bei Wirecard lässt man dem Debakel freien Lauf? Ständig liest man in BaFin-Veröffentlichungen, wie Einzelpersonen, die für Privatpersonen Geld verwalten oder von ihnen Geld entgegennehmen, abgestraft werden und mit Unterlassungen überzogen werden, weil sie gegen das Kreditwesengesetz, Wertpapierhandelsgesetz etc verstoßen. Es ist auch gut so, dass solche Vorgänge unterbunden werden, … Aber bei der großen schillernden Wirecard, was war hier das Problem der BaFin? Zu groß um geprüft zu werden? Zu dubios die Vorwürfe der Financial Times? Zu glaubhaft die Aussagen von Wirecard, dass an all den Vorwürfen nichts dran ist? Welche Änderungen wird denn die BaFin in Zukunft für ihre Arbeitsabläufe vornehmen? Wird man dazu etwas hören?“

    Man kann es nur wiederholen. Es ist so wahr und außer der Faust in der Tasche bleibt einem nix! Ich glaub ja, daß bei den Großen die Bestechungen unterwegs sind, sei es von involvierten Banken, die da groß drinhängen und bei denen sonst zuviel im Feuer steht, oder die sogar wollen, daß mal was abbrennt. Who knows? Oben sind immer noch mehr Verbrecher als unten. Obwohl „unten“ auch sehr viele unterwegs sind. Aber da ist der Schadensfall überschaubarer! Und die Versuchung geringer, wegen geringerem Nutzen.

    1. Das ärgert mich auch bei unserer Polizei, was aber von oben verursacht ist. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen flippen sie aus und erhöhen versteckt, im Schatten der Coronapandemie, mal schnell ins Unverschämte die Gebühren, machen Kassier-Marathons, aber genau nicht bei Einbrüchen, Vergewaltigungen oder Drogen! Nein, nur da, wo etwas zu holen ist. Geldgier. Da ist doch die Polizei nur mehr selten beliebt, sogar beim normalen Bürger, und man ist froh, wenn sie nicht auftauchen. Die Unfälle sind seit 1970 um das 40-fachen nach unten gegangen. Aber weiter die Daumenschrauben. Dann das Thema GEZ, wo selbst Firmen wie Rossmann sich verzweifelt wehren. Die öffentlichen Institutionen machen sich immer mehr verhaßt. Lenin würde jubeln.

      1. @Sabine. Was für ein gedankliches Durcheinander. Sie wissen schon, dass die Polizei die Exekutive ist, also das ausführende Organ. Die Legislative, also der Staat macht Gesetze und Verordnungen, deren Einhaltung die Polizei überwachen muss. Aber immer druff!

      2. @Sabine

        „Die Unfälle sind seit 1970 um das 40-fachen nach unten gegangen“

        Erstens gibt es da vielfältige Gründe. Aber selbst wenn der Rückgang der Unfälle nur durch Kontrollen und Strafen verursacht worden wäre, wäre das ein Erfolg und man müßte so weitermachen.
        Oder hören Sie mit dem Zähneputzen auf, weil die Karies zurückgegangen ist?

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