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55 Milliarden Euro? Juncker will Arbeitslosenversicherung über EU „rückversichern“

Alle in Deckung. Nicht nur Olaf Scholz forciert die Schaffung einer Arbeitslosenversicherung auf EU-Ebene. Im Oktober sprach er davon einen gemeinsamen Fonds aufzulegen, der aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten gespeist werden solle. Bezahlen würde der Fonds dann an besonders betroffene Länder in einer schweren Krise. Konkret könnten sich nationale Arbeitslosenkassen Geld aus dem EU-Topf „leihen“. Würde da jemals was zurückgezahlt? Also würden dann mal wieder Griechenland, Spanien etc profitieren, und die wirtschaftlich stärksten Länder beziehungsweise die Länder mit der größten Einwohnerzahl am meisten in den Topf einzahlen? Sie sehen schon, worauf das hinausläuft. Umverteilung innerhalb der EU – nur wird es technisch anders dargestellt, für die Optik. „Topf“ oder „Versicherung“ klingt doch viel freundlicher als „Umverteilung“.

Nun hat auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nachgelegt. Auch er möchte die EU-Arbeitslosenversicherung vorantreiben, wie seine aktuellen Aussagen gegenüber der „WamS“ nahe legen. Er spricht nicht direkt von einem EU-Topf oder einer EU-Arbeitslosenversicherung, sondern von einer EU-Rückversicherung für nationale Arbeitslosen-Versicherungssysteme. Also im Klartext: Falls nationale Arbeitslosenversicherungen kein Geld mehr haben, wird nicht die eigene Staatskasse angepumpt, sondern als „Backup“ wird die EU-Kasse angepumpt, beziehungsweise ein neuer EU-Topf. Egal wie man es nun nennt, und egal wie es technisch ausgestaltet wird – es läuft immer auf das selbe hinaus!

Laut Juncker könne man so helfen plötzlich auftretende Wirtschaftskrisen, die durch externe Entwicklungen hervorgerufen würden, in einzelnen Mitgliedsländern der EU abzufedern. Es dürfe nicht passieren, dass einzelne Länder Leistungen für Arbeitslose kürzen müssten, weil diese Länder unverschuldet in eine Krise geraten. Die Rede ist von 25 Milliarden Euro für Strukturbeihilfeprogramme und 30 Milliarden Euro für einen Mechanismus gegen asymmetrische, externe Schocks. Über welche Zeiträume? Wie, was, wo? Details bleiben unklar. Offenbar hat Herr Juncker sofort nach dem veröffentlichten Interview kalte Füße bekommen, und will vor allem den deutschen Zeitungsleser beruhigen. Es gehe nicht um ganz neue Ideen für neue Töpfe, sondern um Punkte, die schon in der Finanzplanung für die Zeit nach 2020 enthalten seien. Na dann, ist ja alles gut… ??? Zitat EU-Kommission:

Klarstellung zu angeblicher Forderung von Kommissionspräsident Juncker nach einer europäischen Arbeitslosenversicherung

Die Europäische Kommission nimmt zu Medienberichten Stellung, laut denen Präsident Jean-Claude Juncker eine europäische Arbeitslosenversicherung „wolle“ oder „fordere“. Diese verkürzte Darstellung verzerrt den Wortlaut des Interviews von Präsident Juncker mit der „Welt am Sonntag“. Tatsächlich handelt es sich nicht um eine Forderung nach einem neuen Kriseninstrument. Die Juncker-Kommission hat bereits mit ihrem Entwurf für die mittelfristige Finanzplanung nach 2020 einen Mechanismus für die Abfederung von asymmetrischen, externen Schocks vorgeschlagen, der auch Rückversicherungen für nationale Arbeitslosenversicherungen beinhalten kann.

Die entsprechende Passage des Interviews lautet wie folgt:

Welt am Sonntag: Gerade in Südeuropa fordern aber viele Menschen, die EU müsse sozialer werden. Wäre beispielsweise eine europäische Arbeitslosenversicherung eine gute Idee?

Juncker: Auch wenn ich sehr für eine europäische Arbeitslosenversicherung bin, darf sie kein Freifahrtschein für Länder sein, die keine Reformen durchführen und dadurch in Schwierigkeiten geraten. Die Kommission hat im Entwurf für die mittelfristige Finanzplanung zwei Instrumente vorgesehen – 25 Milliarden Euro, um Strukturbeihilfeprogramme zu finanzieren und 30 Milliarden Euro für einen Abfederungsmechanismus gegen asymmetrische, externe Schocks, was auch Rückversicherungen für nationale Arbeitsversicherungen einschließen kann. Dieses Instrument könnte mithelfen plötzlich auftretende Wirtschaftskrisen, die durch externe Entwicklungen hervorgerufen werden, in einem Land abzufedern und damit die nationalen sozialen Sicherungssysteme europäisch rückzuversichern. Es darf nicht sein, dass ein EU-Land im Fall einer unverschuldeten Krise wegen steigender Arbeitslosenzahlen das Arbeitslosengeld kürzen muss. Wichtig ist doch, dass in Krisensituationen nicht am falschen Ende gespart wird, also bei Investitionen, Bildung und Arbeitslosengeld.


Jean-Claude Juncker. Foto: © European Union, 2017 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Etienne Ansotte



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1 Kommentar

  1. „..unverschuldet in die Krise geraten sind…“ was ein Politiker Sprech. Natürlich machen die Politiker immer alles richtig und wenn ne Krise kommt, ist man unverschuldet da hinein geraten.. haha..
    Die deutsche Fixierung auf den Export wird uns auch mal noch auf die Füße fallen. Aber da konnte ja niemand ahnen…

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