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Bloomberg-Analyse Bund würde Uniper-Hilfen notfalls auf 60 Mrd Euro verdoppeln

Worst Case-Szenario: Der Bund würde die Uniper-Hilfen auf bis zu 60 Milliarden Euro verdoppeln. Dies zeigen aktuelle Analysten-Aussagen.

Die Verstaatlichung von Uniper wird immer teurer und teurer, aber es gibt anscheinend keinen anderen Ausweg? Denn um den deutschen Gasmarkt mit Großeinkäufern und den nachgelagerten regionalen Stadtwerken weiter am Laufen zu halten (Stichwort „Systemrelevanz“), muss offenbar immer mehr Geld eingesetzt werden. Die Bundesregierung bereitet sich auf ein Worst-Case-Szenario vor, in dem man die Finanzhilfe für den größten deutschen Gasversorger Uniper auf 60 Milliarden Euro verdoppeln muss, so berichtet es aktuell Bloomberg.

Situation bei Uniper verschlechtert sich

Die finanzielle Situation von Uniper verschlechtert sich. In den ersten neun Monaten des Jahres dürfte ein bereinigter Nettoverlust von 3,2 Milliarden Euro aufgelaufen sein, da das Unternehmen teureres Großhandelsgas kaufen muss, um seine Lieferverträge zu erfüllen, nachdem Moskau die Lieferungen gedrosselt hat. Informierten Kreisen zufolge müssten die Gaspreise zwei Jahre lang auf hohem Niveau bleiben, damit das schlimmste Szenario der Regierung eintritt.

Dabei wird davon ausgegangen, dass die Gaspreise auf dem erhöhten Niveau der Sommermonate verharren. Die Preise für den Brennstoff sind in den letzten Wochen gesunken, aber es wird erwartet, dass sie wieder ansteigen werden, sobald die Temperaturen sinken und der Heizbedarf steigt. Uniper braucht dringend Geld um seine Lieferverträge mit hunderten von deutschen Stadtwerken zu erneuern.

Nach derzeitigem Stand wird Uniper rund 31 Milliarden Euro aus dem 200 Milliarden Euro schweren “Abwehrschirm” der Bundesregierung erhalten. Das Rettungspaket wird bis Ende des Jahres zur vollständigen Verstaatlichung des Konzerns führen. Wenn das Gesetz am Freitag vom Bundesrat bestätigt wird, könnten die Mittel bereits nächste Woche überwiesen werden, so die Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten.

Worst Case Szenario

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte die Zahl nicht bestätigen. Patricio Alvarez, Analyst bei Bloomberg Intelligence, sagt dazu, dass 60 Milliarden Euro nur bei extrem hohen Gaspreisen von etwa 200 Euro für mindestens zwei Jahre denkbar seien.

Die Verstaatlichung von Uniper ist der bisher drastischste Schritt der Bundesregierung, um Deutschland vor Stromausfällen und Rationierungen in diesem Winter und darüber hinaus zu schützen, und weitere werden wahrscheinlich folgen. Die europäischen Benchmark-Gas-Terminkontrakte sind gegenüber den Höchstständen vom August um etwa 70 % gesunken, da viele Ladungen verflüssigten Erdgases ankommen und die Speicher fast voll sind (aktuell über 97 Prozent). Trotzdem sind die Preise immer noch dreimal so hoch wie im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Nach Schätzungen von Bloomberg Intelligence könnten die russischen Gaskürzungen bei Spotpreisen von 80 bis 100 Euro pro Megawattstunde zu Quartalsverlusten von bis zu 5 Milliarden Euro führen. Der Day-Ahead-Gaspreis lag am Donnerstag bei 48,75 Euro je Megawattstunde.

Uniper-Statement

Uniper hatte erst gestern Abend mitgeteilt, dass man für die ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2022 ein signifikant negatives Ergebnis erwartet. Seit Mitte Juni 2022 wird das Finanzergebnis von Uniper durch die russischen Gaslieferbeschränkungen negativ beeinflusst. Um die Versorgungssicherheit der Kunden zu gewährleisten, hat Uniper in der Vergangenheit und auch heute noch Gasmengen zu deutlich höheren Preisen eingekauft und dadurch erhebliche Verluste angehäuft. Uniper erwartet daher, dass das IFRS-Ergebnis für die ersten 9 Monate des Geschäftsjahres 2022 deutlich negativ ausfallen wird.

Das vorläufige bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes EBIT) für die ersten 9 Monate des Geschäftsjahres 2022 beträgt rund EUR -4,8 Mrd. (Vorjahr: EUR 614 Mio.). Das bereinigte Nettoergebnis (Adjusted Net Income, ANI) wird für den gleichen Zeitraum bei rund EUR -3,2 Mrd. erwartet (Vorjahr: EUR 487 Mio.). Zusätzlich wird Unipers IFRS-Eigenkapital zum 30. September 2022 mit einem nicht-operativen Bewertungs-Effekt in zweistelliger Milliardenhöhe belastet werden, um Verluste aus Gaslieferbeschränkungen zu antizipieren, die auch in den kommenden Quartalen voraussichtlich noch weiter anfallen werden.

Die Ergebnisentwicklung wirkt sich laut Mitteilung unmittelbar auch auf das bilanzielle Eigenkapital von Uniper gemäß HGB aus, so dass nunmehr ein Verlust in Höhe von mehr als der Hälfte des Grundkapitals der Gesellschaft eingetreten ist. Der Vorstand von Uniper wird daher gemäß seiner Verpflichtung nach § 92 Aktiengesetz in Kürze eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, die in der zweiten Dezemberhälfte 2022 stattfinden soll, um über den Verlust zu berichten und den Aktionären die Lage der Gesellschaft zu erläutern.

Wie Uniper am 21. September 2022 mitteilte, haben sich die Bundesregierung, Uniper und Fortum auf ein finanzielles Stabilisierungspaket für Uniper geeinigt, das die oben genannten Auswirkungen der Gaslieferbeschränkungen umfassend berücksichtigt. Im Rahmen des Stabilisierungspakets wird die kurzfristige Liquidität von Uniper durch Kreditlinien der bundeseigenen KfW sichergestellt. Der Bund wird sich mit rund 99 % an Uniper beteiligen, indem er EUR 8 Mrd. Eigenkapital in Form von neu ausgegebenen Aktien zu einem Ausgabepreis von EUR 1,70 je Aktie bereitstellt und die derzeit von Fortum gehaltenen Uniper Aktien erwirbt. Ein darüber hinausgehender Bedarf an Eigenkapital wird durch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen durch den Bund als Teil des Stabilisierungspakets gedeckt werden. Die Einzelheiten dieser zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen werden derzeit zwischen der Bundesregierung und Uniper final abgestimmt.

Das Stabilisierungspaket erfordert behördliche Genehmigungen in verschiedenen Rechtsordnungen, einschließlich beihilferechtlicher und fusionskontrollrechtlicher Genehmigungen durch die EU-Kommission. Die Zustimmung der Aktionäre zur Kapitalerhöhung wird im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeholt, die derzeit ebenfalls für die zweite Dezemberhälfte 2022 geplant ist.

FMW/Bloomberg/Uniper

Uniper-Kraftwerk
Signage for the Falkenhagen Power-to-Gas Pilot Plant operated by Uniper NV in Falkenhagen, Germany, on Monday, May 2, 2022. The pilot plant developed by Uniper, which posted a quarterly loss as it opted to keep natural gas in storage to sell later at higher prices, converts wind power into hydrogen and synthetic methane. Photographer: Krisztian Bocsi/Bloomberg


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