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China: Die Immobilienblase lässt den chinesischen Traum platzen

China: Die Immobilienblase lässt den chinesischen Traum platzen

Die beiden größten Sorgenkinder in China, die Immobilienentwickler Evergrande und Country Garden, sind das Sinnbild der Immobilienkrise. Aufgrund von massiven Immobilien-Spekulationen der großen Bauunternehmen blieb Präsident Xi nichts anderes übrig als hart durchzugreifen. Für den chinesischen Immobilienmarkt war Evergrande schließlich die Abrissbirne, die die Immobilienblase zum Platzen brachte. Der chinesische Traum, die USA als größte Volkswirtschaft zu überholen, liegt damit erst einmal auf Eis.

Im Jahr 2020 war eine der weltweit am meisten gehandelten Anleihen eine 2025er-Note der China Evergrande Group. Die Anleihe des chinesischen Immobilien-Konglomerats waren bei den Anlegern aus mehreren Gründen beliebt: Sie war liquide, sie war an eines der größten Unternehmen des Landes gebunden, und sie gab ihnen einen Anteil an der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Sie läutete zudem einen bedeutenden Wandel für China ein und symbolisierte eine Ära des rasanten Wachstums, die das Land auf den Weg gebracht hatte, um eines Tages die USA zu überholen. Das Land sollte nicht länger nur eine Fabrik für den reichen Westen sein, sondern eine eigene konsumfreudige Mittelschicht, mit schönen Wohnungen und all den schönen Gegenständen, die in diese Wohnungen passen. Evergrande baute diesen Traum auf, Wohnturm für Wohnturm – zusammen mit Themenparks und Infrastruktur für Elektrofahrzeuge, Gesundheitsdienste und sogar einen Fußballclub.

Platzen der Immobilienblase in China

Jetzt wird die Evergrande-Anleihe für einen Pfennig pro Dollar gehandelt, und ihr Schicksal erzählt die Geschichte eines epischen Absturzes, der jeden in China betroffen hat. Jahrzehntelang waren Immobilien ein todsicherer Weg, um im Land Geld zu verdienen – für Hausbesitzer, die bei steigenden Preisen Erst-, Zweit- und sogar Dritt- oder Viertwohnungen kauften; für Immobilienunternehmen, die Kredite aufnahmen, um Projekte zu bauen, die der Nachfrage entsprachen; und für lokale Regierungen, die sich auf Grundstücksverkäufe verließen, um Barmittel und Infrastrukturprojekte bereitzustellen, die helfen sollten, Pekings ehrgeizige Wachstumsziele zu erreichen.

Im Jahr 2020 gab es schließlich ein Problem mit der Wette auf Immobilien: Präsident Xi Jinping war bereit, alles zu ändern. Als das harte Durchgreifen gegen Immobilien-Spekulationen begann, wussten nur wenige, was wirklich geschah und wie schmerzhaft es werden würde. Tatsächlich waren die ersten Anzeichen für Veränderungen nicht viel mehr als eine Reihe von Finanzregeln – bekannt als die „Three Red Lines Policy„, die Unternehmen nicht überschreiten durften – sowie die Aufforderung an ein Dutzend Bauträger, ihre Finanzen monatlich an die Aufsichtsbehörden zu melden.

Der Beginn der Immobilienkrise

Seitdem hat China eines der größten wirtschaftlichen Experimente seit der Öffnung des Landes in den 1980er Jahren unter Deng Xiaoping durchgeführt. Mehrere Dutzend Bauträger sind mit ihren Schulden in Verzug geraten, sodass Hunderte von Projekten unvollendet geblieben sind und sogar eine Welle des Boykotts von Hypothekenzahlungen durch Hausbesitzer ausgelöst haben, die gegen unvollständige Bauarbeiten protestieren. In China ist es üblich, dass Käufer für Wohnungen zahlen, bevor sie fertiggestellt sind, und dann hoffen, dass sie das bekommen, wofür sie bezahlt haben. Bloomberg Economics schätzt, dass bis 2026 etwa 5 Millionen Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit oder niedrigeren Einkommen bedroht sind, wenn der Wohnungsbau weiter schrumpft.

Für Investoren und Banker bedeutet der Schuldenschnitt das Ende eines einmaligen Booms, als Hongkonger Finanziers Geschäfte abschließen konnten, während sie saftige Renditen in einem Sektor erzielten, in dem es bis zum Zusammenbruch von Evergrande nur einen einzigen größeren Ausfall gegeben hatte.

Peking will seine eigene Immobilienblase platzen lassen, um der Spekulation ein Ende zu setzen, die zu einer seltsamen Kombination aus unbezahlbarem Wohnraum und einem Überangebot geführt hat. Jeder wollte ein Stück des glühenden Immobilienmarktes abhaben, was dazu führte, dass der Bau mancherorts den tatsächlichen Bedarf übertraf.

Präsident Xi schreibt die Spielregeln neu

Xis Mantra: „Häuser sind zum Wohnen da, nicht zum Spekulieren“. Evergrande verkörperte die Risiken, die Peking beseitigen will. Das Unternehmen nahm scheinbar hemmungslos Kredite auf, um zu expandieren, während Gerüchte über seine versteckte Schuldenlast das Finanzsystem zu stören drohten.

Letztlich will Xi einen widerstandsfähigeren Wohnungsmarkt schaffen, der den Menschen in China besser dient und das Risiko eines massiven Preiseinbruchs verringert. Tatsächlich will er die Spielregeln neu schreiben, indem er vom schuldengetriebenen Wachstum zu einem wesentlich nachhaltigeren Modell übergeht, das sich auf die Förderung der inländischen Verbrauchernachfrage sowie auf neue Technologien wie Elektrofahrzeuge und Batterien konzentriert. „Die laufende wirtschaftliche Transformation wird ein langer und schwieriger Weg sein“, sagte Pan Gongsheng, Leiter der chinesischen Zentralbank, im November in einer Rede vor Bankern. „Aber es ist eine Reise, die wir antreten müssen.“

Das Verbrauchervertrauen ist beschädigt

Doch die Kampagne zur Bereinigung der Immobilien-Risiken hat das Vertrauen erschüttert, die Menschen verarmen lassen und einen Kernpunkt der Umgestaltung untergraben: nämlich die Verbraucher dazu zu bringen, Geld auszugeben und in neue Unternehmen zu investieren. Für viele Menschen in China ist der Besitz eines Eigenheims ein zentrales Ziel. Vor der Krise waren etwa 70 % des Vermögens der Haushalte in Immobilien gebunden, sodass Preisrückgänge besonders schmerzhaft sind. Eine weitere Entwicklung, die die Verbraucher verunsichert, ist die Tatsache, dass Unternehmen, die einst als zu groß galten, um zu scheitern, in neue Schwierigkeiten geraten. Erst im Oktober geriet die Country Garden Holdings in Verzug, einst das größte Bauunternehmen des Landes und ein Kreditnehmer mit Investment-Grade-Rating, sodass man kaum glauben kann, dass das Schlimmste vorbei ist.

Xi scheint nun seine Schmerzgrenze im Immobiliensektor erreicht zu haben. Die Aufsichtsbehörden erstellen derzeit eine Liste von 50 Immobilienunternehmen, die für eine Unterstützung durch die Banken in Frage kommen, und erwägen einen Plan, der es den Banken ermöglichen würde, ihnen zum ersten Mal unbesicherte Kredite anzubieten. Dennoch sind die Verkäufe von neuen Häusern in 24 der letzten 29 Monate zurückgegangen.

Noch kein Ende der Immobilienkrise

Und die Immobilienkrise wird Narben im Wohnungsbestand der Nation hinterlassen. Unfertige Gebäude werden in einem weiteren strengen Winter leer stehen, nachdem sie in diesem Sommer vor sich hin gerostetet waren. Währenddessen werden sich die Bauunternehmer bemühen, Projekte mit schlampiger Arbeit fertigzustellen, bevor ihren Arbeitgebern das Geld ausgeht.

Immobilien: Immobilienkrise in China ist noch nicht vorbei - Xi greift durch
Unfertige Gebäude in der Provinz Guangdong, China

Dadurch besteht die Gefahr, dass die Bemühungen der Behörden, gegen die sogenannte Tofu-Bauweise vorzugehen, die bei extremen Ereignissen wie Erdbeben und Überschwemmungen immer deutlicher zutage tritt, zunichte gemacht werden. Auf einer kürzlichen Reise zur Begutachtung der Baustellen eines Bauträgers, der sich in der Umschuldung befindet, testete ein Anwalt die Stabilität eines Balkongeländers in Guangzhou und musste feststellen, dass es sich in seiner Hand von der Wand löste. (Er bat um Anonymität, da er nicht befugt war, öffentlich über seine Klienten zu sprechen.) Selbst wenn ein Hauskäufer von den niedrigeren Preisen profitieren wollte, gibt es wenig Grund, darauf zu vertrauen, dass die Wohnungen pünktlich oder in gutem Zustand geliefert werden.

Peking befindet sich in einer heiklen Lage. Es braucht Menschen, die Geld ausgeben, hat aber das Überangebot noch nicht in den Griff bekommen. Bloomberg Economics schätzt, dass der Markt trotz eines Rückgangs des Immobilienbaus um 18 % erst etwa die Hälfte der notwendigen Korrektur hinter sich hat. Die Signale der Wirtschaft in China sind in diesen Tagen etwas positiver, es gibt Anzeichen für eine Rückkehr zum Wachstum, wenn auch nur schwach. Aber es gibt auch schwer zu quantifizierende Auswirkungen. Die Behörden haben möglicherweise ein Auge auf ein tieferes soziales Unbehagen, das mit der Immobilienkrise zusammenhängt. Dies spiegelt sich in einem Spruch wider, der in den chinesischen sozialen Medien die Runde macht: „Keine Dates, keine Heirat, keine Kinder, kein Zuhause.“ -Mit Eric Zhu, Yujing Liu und Emma Dong

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Das bittere Ende eines kapitalistischen Schweinezyklus zusätzlich befeuert durch billiges Geld und politische Propaganda.

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