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Kritik an Führung in Peking China droht langer Abschwung der Wirtschaft, warnt chinesischer Ökonom

Abschwung "unvermeidlich"

China Wirtschaft Abschwung warnt Ökonom

Zhang Jun, ein angesehener Ökonom und Dekan der Fudan-Universität, warnt in einem Gespräch mit vor einem langfristigen Abschwung der Wirtschaft in China und plädiert für eine mutige Reform, die die Rolle des Marktes stärkt. Seine Meinung steht teilweise im Widerspruch zur offiziellen Parteilinie.

Chinesischer Ökonom warnt: Wirtschaft in China vor langem Abschwung

In einem kürzlich erschienenen Interview mit dem chinesischen Nachrichten- und Kommentarplattform guancha.cn sprach Zhang Jun, ein renommierter Ökonom und Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Fudan-Universität, eine der vier großen chinesischen Universitäten, über die Herausforderungen und Perspektiven der chinesischen Wirtschaft. Er betonte, dass der Abschwung der Wirtschaft unvermeidlich sei und eine marktorientierte Strukturreform dringend benötigt werde. China ist inzwischen in eine Deflation gerutscht.

Zhang Jun ist einer der führenden Ökonomen in China, der sich auf die Themen Wirtschaftswachstum, Wirtschaftstransformation, Entwicklungsökonomie und institutioneller Wandel spezialisiert hat. Er ist auch der Gründer und Direktor des China Center for Economic Studies (CCES), eines in Shanghai ansässigen Think-Tanks für die moderne chinesische Wirtschaft.

Das Interview mit Zhang Jun bietet einen wertvollen Einblick in die wirtschaftliche Situation und die Zukunftsperspektiven Chinas aus der Sicht eines angesehenen Experten, der hier zu einem heimischen Publikum spricht. Entsprechend vorsichtig muss er seine Worte wählen.

China: Wachstumsmodell ist gescheitert

Zhang Jun ist nicht optimistisch, was die Aussichten für das Wachstum der Wirtschaft in China angeht. Er glaubt, dass der Abschwung, der sich seit 2012 abzeichnet, kein vorübergehendes Phänomen ist, sondern eine langfristige Tendenz, die sich aus den strukturellen Problemen der chinesischen Wirtschaft ergibt. Er erklärt, dass die hohe Wachstumsrate, die China in den drei Jahrzehnten nach der Reform- und Öffnungspolitik erzielt hatte, auf die Ausnutzung der Faktoren Arbeit, Kapital und Ressourcen beruhte, die jedoch an ihre Grenzen gestoßen seien. Laut Zhang Jun müsse China nun eine neue Wachstumsquelle finden , die auf Innovation, Produktivität und Effizienz basiere.

Diese Analyse steht im Gegensatz zu der offiziellen Lesart der chinesischen Regierung, die den Abschwung der Wirtschaft als eine Folge von externen Faktoren, wie der COVID-19-Pandemie, dem Handelskrieg mit den USA oder der Immobilienkrise, darstellt. Die Regierung behauptet, dass die chinesische Wirtschaft eine starke Erholung erlebt habe und weiterhin ein hohes Wachstumspotenzial habe. Sie setzt auf kurzfristige Konjunkturmaßnahmen, wie die Erhöhung der Staatsausgaben, die Senkung der Zinsen oder die Lockerung der Kreditvergabe, um die Wirtschaft anzukurbeln.  Zhang Jun kritisiert diese Politik als ineffektiv und kontraproduktiv, da sie die strukturellen Probleme der Wirtschaft nicht löse, sondern verschlimmere.

China muss in Innovation und Effizienz investieren

Zhang Jun weist darauf hin, dass die Produktivität in China im Vergleich zu anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften immer noch relativ niedrig ist. Er führt das auf die mangelnde Innovation und die ineffiziente Allokation von Investitionen zurück. Die chinesischen Unternehmen hätten zu wenig in immaterielles Kapital, wie Forschung und Entwicklung, Markenbildung oder Organisationskapital, investiert, das für die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und die Anpassung an den technologischen Wandel entscheidend ist. Er fordert eine stärkere Förderung von Investitionen in immaterielles Kapital, die sowohl die Qualität als auch die Quantität des Wachstums verbessern würden.

Zhang Jun kritisiert auch die Allokation von Investitionen in China, die er als verzerrt und ineffizient bezeichnet. Der Ökonom argumentiert, dass die staatlichen Unternehmen und die lokalen Regierungen einen zu großen Anteil an den Investitionen haben, obwohl sie eine geringere Rentabilität und Produktivität aufweisen als die privaten Unternehmen3. Die staatlichen Unternehmen und die lokalen Regierungen würden von den Banken bevorzugt , die ihnen billige Kredite gewähren, während die privaten Unternehmen Schwierigkeiten haben, Zugang zu Finanzierung zu erhalten. Daher plädiert Zhang Jun für eine Reform des Finanzsystems, die die Rolle des Marktes bei der Allokation von Kapital stärken und die Diskriminierung der privaten Unternehmen beseitigen würde.

Zwar räumt der Ökonomn räumt ein, dass seine Reformvorschläge nicht unumstritten sind, da es in der Wirtschaftswissenschaft keine eindeutige Antwort darauf gibt, wie das Wachstumsmodell transformiert werden kann. Er gibt zu, dass es eine komplexe Frage ist, ob administrative Eingriffe notwendig sind, um traditionelle wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen einzuschränken. Gleichwohl lässt Zhang Jun seinem chinesischen Publikum durchblicken, dass die chinesische Führung selbst unsicher ist, wie sie die Wirtschaft reformieren soll, und dass sie oft zwischen verschiedenen Ansätzen schwankt. Er fordert eine klarere Vision und eine konsistentere Strategie für die wirtschaftliche Transformation Chinas. Dies ist innerhalb der chinesischen Medienöffentlichkeit schon ein gewagter Schritt. Eine deutlichere Kritik an der Führung hätte möglicherweise Konsequenzen für ihn.

China muss sich reformieren und öffnen

Zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme Chinas schlägt Zhang Jun eine marktorientierte Strukturreform vor, die die Rolle des Marktes bei der Allokation von Ressourcen stärken, die staatliche Intervention reduzieren, die Wettbewerbsfähigkeit der privaten Unternehmen verbessern und die soziale Gerechtigkeit fördern soll. Nötg sei eine Reform des Finanzsystems, die die Diskriminierung der privaten Unternehmen beseitigen und die Effizienz und Transparenz der Kreditvergabe erhöhen soll. Er plädiert auch für eine Förderung von Investitionen in immaterielles Kapital, wie Forschung und Entwicklung, Markenbildung oder Organisationskapital, die die Innovation und Produktivität der chinesischen Unternehmen steigern sollen. China müsse sich an den technologischen Wandel anpassen und seine eigene digitale Transformation beschleunigen, um seine Wettbewerbsfähigkeit und seine Widerstandsfähigkeit gegenüber externen Schocks zu erhöhen.

Diese Vorschläge stehen im Einklang mit dem Konzept der “Dualen Zirkulation”, das Xi Jinping im Jahr 2020 vorgestellt hat,2 um die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Dieses Konzept bedeutet, dass China sich stärker auf seinen eigenen Markt konzentriert, aber gleichzeitig offen für den Welthandel bleibt. Es zielt darauf ab, die inländische Nachfrage als Haupttreiber des Wachstums zu stärken, während die internationale Nachfrage als Ergänzung dient. Es soll auch die Selbstständigkeit und Selbstverbesserung der chinesischen Wirtschaft fördern, ohne sich von der Weltwirtschaft abzuschotten. Zhang Jun unterstützt dieses Konzept, warnt aber davor, dass es nicht als Vorwand für Protektionismus oder Isolationismus missbraucht werden darf. Er fordert eine stärkere internationale Zusammenarbeit, eine bessere Anpassung an die neuen Realitäten und eine aktivere Rolle Chinas bei der Förderung des Multilateralismus und der globalen Governance.



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1 Kommentar

  1. dieser Artikel sollte unsere Regierung lesen.

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