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Beamten-Apparat in "Angststarre" China: Trotz Immobilien-Krise – wo bleibt der Stimulus?

Xi Jinping und die "no stimulus"-Politik

China Immobilien Stimulus

Die Immobilien-Krise in China wird immer bedrohlicher, und dennoch unternimmt China keine wirklichen Stimulus-Maßnahmen, sondern betreibt eher eine Politik der Mini-Schritte. Was ist da los?

So beließ die Zentralbank in China den Hypothekenzinssatz unverändert, was die Frage aufwirft, ob sich damit eine Trendwende in der chinesischen Politik ankündigt, wie sie in Zukunft mit der Immobilien-Krise umgeht. Nimmt sie kurzfristigen Schmerz in Kauf, um langfristig wieder eine gesunde Immobilien-Branche zu haben? Dies würde aber auch bedeuten, dass Xi Jinping bereit ist, der Wirtschaft in nächster Zeit eine hohe Belastung zuzumuten.

Überraschende Entscheidung der People’s Bank of China

Die People’s Bank of China kündigte am Montag an, den Referenzsatz (LPR) für Kredite mit fünf Jahren Laufzeit bei 4.2 Prozent zu belassen. Dies überraschte viele, da die Erwartungen eine Senkung um 15 Basispunkte vorsahen, nachdem in der Vorwoche der Leitzinssatz für zentrale Kreditpolitik bereits gesenkt worden war. Ebenso wurde der einjährige LPR um moderate 10 Basispunkte auf 3,45 Prozent gesenkt, verglichen mit den prognostizierten 3,55 Prozent. Eine Umfrage von Reuters unter 35 Ökonomen ergab ein einheitliches Bild: Alle erwarteten eine Senkung der Zinsen sowohl für fünfjährige als auch für einjährige Kredite.

Unterschiedlich Expertenreaktion – Märkte reagierten enttäuscht

Die überraschende Entscheidung wurde von Experten unterschiedlich aufgenommen. Joe Pong Xiang von der ANZ Bank zeigte sich erstaunt und kommentierte: „Dieses unerwartete Ergebnis zeigt, dass die Banken nicht ausreichend vorbereitet waren.“

Shan Chief von Goldman Sachs nannte die Entscheidung überraschend und verwirrend. Goldman Sachs hatte erst kürzlich Bedenken hinsichtlich der Wirtschaft geäußert und auf die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung hingewiesen. „Wir glauben, dass das Risiko systemischer Bedenken in China gering bleibt. Die Spreads werden wahrscheinlich volatil bleiben, bis die makroökonomische Volatilität abnimmt. Hier ist eine koordinierte Lockerungsstrategie der chinesischen Politik erforderlich.“

Capital Economics, ein Londoner Forschungsunternehmen, erklärte, dass der Zinsschritt nur eine begrenzte Unterstützung für das Kreditwachstum und die allgemeine wirtschaftliche Aktivität bieten werde. Citigroup senkte seine Wachstumsprognose für China auf 4,7 Prozent und führte dies auf die „Enttäuschung über die Politik“ zurück.

Nur Bank of America und Goldman Sachs prognostizierten ein Wachstum von über 5 Prozent für 2023, wobei Goldmans Position differenziert ist: Die Bank erklärte, dass man erwartet, dass die Immobilien-Beschränkungen nur in den Mega-Städten gelockert und weitere Maßnahmen zur Stützung des Immobilien-Markts ergriffen werden.

China: Langfristige Stabilität oder kurzfristiger Schmerz?

Die überraschende Entscheidung der PBoC löste Spekulationen aus, ob Peking möglicherweise versucht, die Wirtschaft absichtlich zu verlangsamen, um sie von billigen Krediten zu entwöhnen und kurzfristigen Schmerz für langfristige Stabilität in Kauf zu nehmen.4 Ein gesundes Bankensystem sei notwendig, um wirtschaftliche Schocks zu absorbieren und die Entschuldung des Immobilien-Sektors voranzutreiben. Bloomberg weist darauf hin, dass die Entscheidung darauf hindeutet, dass China gezielte Hilfe für Unternehmen und begrenzte Maßnahmen zur Stimmungsaufhellung bevorzugt, anstatt einen umfassenden Konjunkturplan umzusetzen.

Wie viel wirtschaftlichen Schmerz und politischen Druck kann Peking ertragen?

Die Frage bleibt, wie viel wirtschaftlichen Schmerz und politischen Druck Peking ertragen kann. Vielleicht kommt etwas, was typisch für Xi Jinping ist: wenn der Schmerz zu groß wird, holt er zu einer Kurzschlussreaktion aus, ähnlich wie beim Ende der Null-Covid-Politik. Dieses Muster seines Handelns war schon öfter zu beobachten.

Zudem ist das sommerliche Treffen der politischen Elite Chinas in Beidaihe gerade zu Ende gegangen. Dort werden auch immer Gespräche mit Experten geführt. Möglicherweise haben Xi Jinping und der Rest der Führungsriege dort eine neue Strategie für das zweite Halbjahr ausgearbeitet.

Wenn der politische und wirtschaftliche Druck zu sehr steigt, könnte China auf eine Lockerung der Haushaltspolitik setzen. Die chinesische Verschuldung bleibt hoch, und das Haushaltsdefizit ist in diesem Jahr um mehr als ein Drittel gesunken. Chinas vorsichtige Haushaltspolitik wird trotz wirtschaftlicher Abschwächung und Immobilien-Krise beibehalten. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die lokale Haushaltsverschuldung und die damit verbundenen systemischen Risiken für Peking nach wie vor bedeutsam sind.

Die Chancen stehen gut, dass China weiterhin gezielte, aber begrenzte Maßnahmen ergreifen wird, um seine Wirtschaft zu stützen. Aber die Erwartungen an einen umfassenden Stimulusplan wurden vorerst gedämpft.

Der an klare Vorgaben gewöhnte Beamtenapparat aber ist in einer Art „Angststarre“ gefangen: man scheut sich vor Entscheidungen, weil man als Beamter damit nur persönliche Risiken eingeht. Also warten alle auf das große Machtwort von Xi Jinping, der aber bisher eine Art „No stimulus-Politik“ verfolgt – bis er dann in Panik gerät..



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