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Lage schlimmer als die Zahlen suggerieren China: Wirtschaft – Schrumpfung mit deflationären Tendenzen

Ein Blick in den Maschinenraum der chinesischen Wirtschaft

China Wirtschaft deflationär

Die aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Wirtschaft in China zeigen eine Schrumpfung mit einer deflationären Tendenz.

China: Yuan-Schwäche lasst Wachstum der Wirtschaft grösser erscheinen als es ist

Um die Zahlen aus Juli zur Lage der wirtschaft in China besser einschätzen zu können, sollte beachtet werden, dass der Yuan gegenüber dem US-Dollar innerhalb eines Jahres um 3% abgewertet hat, wie aus den Zahlen der FED hervorgeht.

Nach offiziellen Angaben wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in China um 0,4% im 2. Quartal 2022 im Vergleich zum 2. Quartal 2021. Gegenüber dem Vorjahrsquartal war dies ein Rückgang um -2,6%. Erwartet war ein Wachstum von +1%. Das BIP von Shanghai dagegen schrumpfte im 2.Quartal aufgrund des Lockdowns um -13,7%. Die Zahlen, die das National Bureau of Statistic veröffentlichte, scheinen diesmal im Großen und Ganzen konsistent zu sein – das war zuletzt nicht der Fall (siehe hierzu den Artikel „Wirtschaft in China: Wer hat an den Zahlen gedreht?).

Die Industrieproduktion stieg um +3,9%. Die Stromproduktion – immer ein guter Indikator, ob die veröffentlichten Zahlen zur Wirtschaft in Chian stimmen können – stieg um +1,5%. Die Stahlproduktion, ein weiterer guter Indikator für die Investitionsprogramme in China und die Weltwirtschaft, ging um -2,3% zurück.

Binnenwirtschaft schwächelt weiter

Der Export stieg überraschend um beachtliche +17,9%. Allerdings wuchsen die Importe um gerade einmal +1%. In Anbetracht der Schwäche des Yuans gegenüber dem US-Dollar bedeutet dies, dass die Importe real geschrumpft sind. Dies offenbart die grundlegende Herausforderung der Wirtschaft in China: Sie ist immer noch exportgetrieben, während der Binnenmarkt offenbar nicht wie von Xi Jinping mit seiner Ideologie des „Doppelten Kreislaufes“ beabsichtigt, nachhaltig wächst.

Der Einzelhandelsumsatz wuchs nur um 3,9% im Jahresvergleich. Bei dem Teilindikator für Catering und Outdoor Eating zeigen sich die Einflüsse der Lockdowns besonders deutlich: Hier gingen die Einkünfte um -4% zurück. Auch die Umfrage der Peoples Bank of China, also der chinesischen Zentralbank, unter den städtischen Anlegern vom Juni zeigt die Zurückhaltung der chinesischen Käufer. Eine Rekordzahl von 58,3% der Befragten wollen mehr Sparen.

Der einzige Lichtblick für diesen Bereich der Wirtschaft in China ist der Automobilsektor. Die Automobilproduktion stieg um satte +26,8%. Allerdings ist hier auch ein besonderer Anstieg der Exportaktivitäten nach Russland zu beobachten.

Schwacher Arbeitsmarkt und fallender Immobiliensektor

Hier spielen zwei Punkte eine besondere Rolle. Zum einem macht der Bevölkerung zunehmend der Arbeitsmarkt Sorgen. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt mit 5,5% etwas niedriger als im Mai 2022, aber die Arbeitslosenquote unter jüngeren Arbeitnehmern liegt mittlerweile bei 19,3%. In der besagten Studie der Zentralbank gaben nur noch 10% der Befragten an, dass sie mit einer Verbesserung des Arbeitsmarktes rechnen. Damit geben sogar noch mehr Befragte an, mit einer Verschlechterung zu rechnen, als im Frühjahr 2020. Gut 78% der Befragten geben hingegen an, dass sie von einer Steigerung ihres Einkommens ausgehen. Zum anderen rechnen nur 16,2% der Befragten mit steigenden Hauspreisen.

Zu bedenken ist, dass Investitionen in Immobilien mit Abstand die größte Anlageklasse in China darstellen. Wenn die Konsumenten nicht mit steigenden Preisen bei Immobilien rechnen, heißt dies, dass sie kein Vermögen aufbauen können. Diese Zahlen zeigen, dass die chinesische Bevölkerung die Lage am Immobilienmarkt offenkundig richtig einschätzt: Die Investitionen in neue Immobilienprojekte fielen im ersten Halbjahr 2022 um – 5,4% im Vergleich zum Vorjahr. Verkäufe von Immobilien gemessen an der Fläche fielen um – 22,2% und gemessen am Wert um -28,9%. Wie groß die Not der Immobilienentwickler ist, zeigen Beispiele, wo Anzahlungen auf Wohnung mit Naturalien getätigt werden können, z.B. mit Knoblauch oder mit Weizen. Man kann die Bedeutung des Immobiliensektors für die Wirtschaft in China kaum überschätzen!

China: Einnahmen des Staates brechen ein

Die finanziellen Spielräume der Verwaltungen in China werden zusehends enger. So fielen die Einkommensteuereinnahmen – zu denen auch die Steuern auf Immobilienkäufe gehören – im ersten Halbjahr um -28%. Einnahmen durch Autoverkäufe fielen in diesem Zeitraum um -30,7%. Staatliche Landverkäufe, eine Haupteinnahmequelle für die lokalen Verwaltungen, fielen um -31,4%.



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5 Kommentare

  1. Wie kann das China wieder auf die Reihe bringen? Durch einen Krieg?

    1. Ein Krieg bringt nie irgendwas „auf die Reihe“. Der kann höchstens vorübergehend die Macht einer ins Rutschen geratenen Macht-Clique stabilisieren. Wird daher immer wieder versucht auch wenn die Geschichte zeigt das die Erfolgswahrscheinlichkeit eines derartigen Unterfangens eher gegen 0 konvergiert.

    2. 3% gegenüber Dollar verloren und wieviel gegenüber Euro?

  2. Pingback: Aktuelles vom 17.07.2022 | das-bewegt-die-welt.de

  3. Na sicher ist die Lage schlechter. Die besten Analysen zeigen das das BIP-Wachstum in der Regel um etwa 2% nach oben gelogen wird. Einfach jeweils abziehen und man dürfte in etwa die Realität treffen.

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