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Commerzbank-Übernahme? Viele wohlwollende deutsche Stimmen

Mehrere Ökonomen, Banken- und Verbandsvertreter aus Deutschland sprechen sich für eine Commerzbank-Übernahme durch die UniCredit aus.

Commerzbank-Filiale
Commerzbank-Filiale. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Die Bundesregierung, hat die ein strategisches Konzept, wonach es mehr als eine Großbank in Deutschland geben soll? Offenbar nicht. Man findet es wohl nicht so schön, dass die UniCredit überraschend 21 % in kurzer Zeit an der Commerzbank gekauft hat, und wäre auch nicht für eine Übernahme. Aber das einzige, was der Bund aufzuwarten hat, ist die Tatsache, dass man seinen 12 % Anteil an der Commerzbank erstmal nicht weiter verringern will.

Commerzbank-Übernahme: Profite erhöhen, Bank entkernen

Es ist grundsätzlich eine Frage des Standpunkts: Völlig freie Marktwirtschaft – dann kann man sich einer vollständigen Übernahme der Commerzbank durch die italienische UniCredit nicht in den Weg stellen. Oder man sieht es aus der Perspektive einer Art Finanz-Staatsraison, dann würde man wollen, dass die zweite große deutsche Bank in ihrer Eigenständigkeit erhalten bleibt.

Worauf der UniCredit-Chef Orcel die letzten Wochen immer wieder hinwies: Die Commerzbank könne doch viel profitabler sein. Wenn man sich anschaut, was aus der 2005 übernommenen HypoVereinsbank wurde, wird, klar, was das für die Commerzbank wohl bedeuten würde: Nochmal deutlich weniger Filialen, umfangreiches Outsourcing von Abteilungen ins Ausland, Automatisieren von Prozessen, weniger Kundenservice etc. Auf europäischer Ebene – so scheint es – wäre diese Übernahme gerne gesehen, weil man in Europa mehr große Banken-Champions sehen möchte, die international glänzen können. Aber ob diese Übernahme gut wäre für den deutschen Mittelstand und deutsche Kleinsparer?

Positive Stimmen aus Deutschland

Abgesehen von den Gewerkschaften hört man aus Deutschland aktuell überraschend wohlwollende Stimmen zur möglichen Commerzbank-Übernahme durch die UniCredit. Laut Bloomberg spricht sich eine wachsende Zahl deutscher Experten für eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die Italiener aus, was den Druck auf die Bundesregierung erhöhen könnte, ihre Haltung als Reaktion auf das jüngste Angebot von UniCredit zu lockern.

Deutschlands Banken müssen wachsen, um „verlässliche Partner“ für kleine und mittlere Unternehmen zu sein, sagte Christoph Ahlhaus, Leiter des Unternehmensverbandes Mittelstand. „Wenn im Fall der Commerzbank eine Fusion mit einer anderen europäischen Bank dazu beiträgt, begrüßen wir das“, sagte er. FMW dazu: Die Commerzbank ist jetzt also nicht groß genug als verlässlicher Partner für die Kunden? Merkwürdig! Und man wird sich noch wundern, ob eine radikal entkernte, durch-automatisierte und auf Profit getrimmte Bank noch genau so gut ansprechbar für Kunden sein wird wie vorher.

Monika Schnitzer.
Monika Schnitzer. Foto: Alex Kraus/Bloomberg

Ahlhaus‘ Kommentare spiegeln die Ansichten von Cornelius Riese, Vorstandsvorsitzender der DZ Bank, sowie von Monika Schnitzer und Lars Feld, zwei prominenten Wirtschaftswissenschaftlern, wider. Sie alle sind der Meinung, dass eine Übernahme der Commerzbank – Deutschlands zweitgrößter börsennotierter Kreditgeber – durch UniCredit von Vorteil sein könnte, beispielsweise durch eine Steigerung der Rentabilität der Bank.

Der italienische Kreditgeber hat im vergangenen Monat rasch einen Anteil von 21 % an der Commerzbank aufgebaut, größtenteils durch Derivate. Der Vorstandsvorsitzende von UniCredit, Andrea Orcel, hat erklärt, dass eine vollständige Übernahme eine Option sei, wodurch möglicherweise der größte Kreditgeber Deutschlands entstehen würde. Er hat seinen Ansatz als „Testfall“ dafür bezeichnet, wie integriert die Finanzdienstleistungsbranche der Europäischen Union geworden ist. Er hat auch gesagt, dass die EU größere Banken braucht, wenn sie eine ausreichende Finanzierung für Wachstum will.

Andrea Orcel will die Commerzbank übernehmen
Andrea Orcel. Foto: Paulo Nunes dos Santos/Bloomberg

Der wachsende Chor einflussreicher deutscher Stimmen, die Orcel nun zumindest zögerlich unterstützen, folgt auf den starken Widerstand Berlins gegen eine mögliche Transaktion. Ein Grund, warum sich die deutsche Bundesregierung dagegen ausgesprochen hat, ist die Rolle, die die Commerzbank bei der Finanzierung der heimischen Wirtschaft spielt. Berlin hat auch die Art und Weise kritisiert, wie UniCredit die Beteiligung erworben hat.

Mehrere Gewerkschaften, die die Mitarbeiter der Commerzbank vertreten, haben ebenfalls angekündigt, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um jeden Versuch von UniCredit, das Unternehmen zu kaufen, zu stoppen. Bis zu zwei Drittel der Arbeitsplätze bei der Commerzbank seien gefährdet, sollte der Deal zustande kommen, hieß es.

Die Kreditwürdigkeit des italienischen Kreditgebers würde sich durch einen Deal wahrscheinlich verbessern, da er seine internationale Diversifizierung erhöhen und mehr Finanzierungskanäle hinzufügen würde, so die Moody’s-Analysten Fabio Ianno und Maria Jose Mori in einer Mitteilung am Dienstag.

Moody’s bestätigte auch die Kreditwürdigkeit der Commerzbank und sagte: „Obwohl der Zeitpunkt und die Auswirkungen einer weiteren Aufstockung der Beteiligung von UniCredit und eines anschließenden möglichen Übernahmeangebots zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss sind, gehen wir nicht davon aus, dass dies die Finanzkraft und das Profil der Commerzbank untergraben wird.“

Einige der deutschen Experten stimmten Orcels Ansichten zur EU-Integration zu. „Der europäische Finanzmarkt ist zu wenig integriert und insbesondere deutsche Banken sind nicht wettbewerbsfähig genug“, schrieb der Ökonom Schnitzer letzten Monat in einem Tweet. “Konsolidierung und Produktivitätssteigerung sind notwendig.“

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. ist doch schnuppe, wir haften in der bankenunion eh für alle. wir werden so tief integriert, dass wir nicht mehr herauskommen aus der EU und dem Euro. Haftungen für alles und jeden und die Produktionsstandorte nur raus aus Deutschland, dann gibts keinen Weg zurück.

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