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Dax vs Anleiherenditen – die Abweichung von der Norm

Anleiherenditen stark rauf, Dax runter - diese Faustregel läuft derzeit nicht. Blicken wir auf die Robustheit deutscher Aktien.

Man könnte sich ewig lange Kalendersprüche und Börsenweisheiten um die Ohren hauen wie „Der Markt hat immer recht“. Und momentan sagt der Aktienmarkt, dass es einem egal ist, dass Anleiherenditen immer weiter ansteigen. Alles egal, wir steigen weiter an, wir bleiben robust. Reihenweise verkünden Wall Street-Top-Experten, dass Aktienkurse fallen sollten – aber vor allem der Dax zeigt sich robust. Das womögliche Ausfallen der Rezession oder zumindest die Aussicht auf eine milde Rezession, und dazu noch die Hoffnung auf eine rückläufige Inflation haben den Optimismus Börsianer beflügelt. Dazu kam vor allem der Faktor, dass die Energiepreise zuletzt immer weiter gefallen sind. Zum Beispiel der Gaspreis am Terminmarkt notiert aktuell mit 48,50 Euro pro Megawattstunde deutlich tiefer als vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs, und zeigt derzeit den längsten Kursrutsch seit dem Jahr 2020. Viel billigere Energie hilft der deutschen Wirtschaft, und damit auch dem Dax?

Anleiherenditen rauf, Dax runter? Das läuft derzeit nicht

Seit Jahrzehnten gilt die Grundregel: Je mehr Rendite ein Anleger in Anleihen erzielen kann, desto mehr sind Anleihen eine Konkurrenz zu Aktien, und desto mehr schichten vor allem die großen institutionellen Anleger Geld von Aktien um hin zu Anleihen. Und das höhere Zinsniveau bedeutet für Verbraucher und Unternehmen höhere Zinslasten für Kredite, was Konzerngewinne belasten sollte. Und wir sehen seit Sommer 2022, wie der EZB-Leitzins von 0 % auf 3,0 % gestiegen ist, und der Einlagenzins von -0,5 % auf 2,5 %. Am 16. März wird die EZB ihre Zinsen jeweils um weitere 0,5 Prozentpunkte anheben, und danach noch weiter, so hatte es Christine Lagarde am 16. Februar klar kommuniziert. Heute haben stärkere Inflationsdaten aus Frankreich und Spanien die Erwartungen nochmals angefacht. Zur Bekämpfung der Inflation erwarten die Geldmärkte noch höhere Zinsen – der Einlagenzins soll im Top nun sogar 4,0 % erreichen. Das bedeutet also nach März nochmal einen Anstieg um zusätzliche 100 Basispunkte. Für den Dax müsste dies eigentlich Abwärtsdruck bedeuten? Aber nein, danach sieht es nach wie vor nicht aus.

Blick auf die Charts

Schauen wir auf zwei Charts. Zunächst schauen wir auf einen größeren Betrachtungszeitraum, nämlich 2008 bis heute. Wir sehen im ersten Chart, wie die Rendite für zehn Jahre laufende deutsche Bundesanleihen (blau) jahrelang fällt und der Dax (orange) steigt. Man sieht die langfristige negative Korrelation. Je weniger attraktiv Anleihen waren, desto mehr Geld strömte in den Aktienmarkt. Und nun, seitdem die Anleiherenditen seit 2022 von 0,00 % auf aktuell 2,70 % gestiegen sind, stürzt der Dax ab? Nein – nach zwar fallenden Kursen im letzten Jahr holt der deutsche Aktienmarkt seit Jahresanfang 2023 wieder mächtig auf, und schielt auf alte Höchststände. Der Abwärtsmove fehlt aus vorher besprochenen Gründen. Nun kann man als Börsianer sagen: Die positiven Gründe rechtfertigen diesen starken Dax. Oder man sagt: Der Aktienmarkt täuscht sich und ist noch zu optimistisch – die weiter stark steigenden Zinsen werden noch für einen Abrutsch sorgen. Wer hat recht?

Dax und deutsche Anleiherenditen im Langfristvergleich

Im folgenden Chart sehen wir den Vergleich von Anleiherenditen (blau) zum Dax (orange) seit Anfang 2020. Hier sieht man die Entwicklung seit Anfang 2022 deutlicher. Zinsen und Renditen deutlich rauf, Dax runter. Und auch in 2023 steigen die Anleiherenditen immer weiter an, aber der Dax fällt nicht weiter. Dieses „Abweichen von der Norm“ gilt es hinterfragen. Entweder der Dax passt sich noch an, und rutscht kräftig ab, oder der Aktienmarkt bleibt auch in den nächsten Monaten weiterhin resistent gegen die stark steigenden Zinsen. Das wäre zwar sehr verwunderlich, aber möglich ist an der Börse ja alles.

Deutsche Anleiherenditen im Vergleich zum Dax seit Anfang 2020

Charts: TradingView



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1 Kommentar

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Es braucht bei den Renditen immer eine bestimmte Fallhöhe, damit es zum Abschwung kommt. 2000 lag die Umlaufrendite bei über – und 07 bei knapp 5 Prozent.

    Jetzt mit knapp 3 Prozent ist da noch kein Staat zu machen, zumal die Realverzinsung noch stark negativ ist.

    Nein die Renditen müssen wieder, zumindest in’s „08er Sommerniveau “ steigen, damit’s für DAX und Co gefährlich wird, damit es zu Umschichtungen am Aktienmarkt kommt.

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