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Deutsche Autobauer sensationell günstig bewertet – das Problem

Deutsche Autobauer sind extrem günstig bewertet, aber da gibt es dann doch einen Haken an der Sache. Hier dazu auch Analystenaussagen.

Volkswagen ID. Buzz
Volkswagen ID. Buzz. Foto: Bing Guan/Bloomberg

Eigentlich sollte es klar sein, dass ein Angebot zu schön ist um wahr zu sein, wenn jemand eine Rendite in Aussicht stellt, die weit höher ist als am Markt üblich, und das ohne erhöhtes Ausfallrisiko. Und so ist es auch bei den Aktien der deutschen Autobauer. Mehrmals haben wir es in den letzten Monaten besprochen, zum Beispiel eine traumhafte Bewertung bei Volkswagen mit einem KGV on 3 und Dividendenrendite von 8 %. Aktuell liegen die Werte für die 2024-Aussicht bei einem 4er-KGV und 7,5 % Dividendenrendite. Bei Mercedes sind es aktuell 5,9er-KGV und 7,16 % Dividendenrendite. Bei BMW liegt das KGV bei 6,3 und die Dividendenrendite bei 5,61 %. Tolle Werte für Neueinsteiger?

Autobauer günstig bewertet – aber…

Der Haken an der Sache ist: Unternehmen, die quasi von der Substanz eines „noch“ gut laufenden Geschäfts zehren und auch auf Sicht von ein, zwei Jahren noch satte Gewinne machen, können immer noch hohe Dividenden ausschütten, was die Bewertungen toll aussehen lässt. Und wenn bei diesen Unternehmen die Aktienkurse nicht entsprechend hoch sind, haben Neueinsteiger diese Aussicht auf Traum-Dividendenrenditen und eine tolle Relation vom Einstiegskurs zum Gewinn pro Aktie.

Wo das Problem bei so einer Betrachtung ist, sah man im Februar bei der Bayer-Aktie. Obwohl das Unternehmen immense rechtliche Probleme in den USA hat, schüttete man immer weiter hohe Dividenden aus, was für eine traumhafte Bewertung sorge. Dann aber im Februar verkündete Bayer ohne Vorwarnung eine Kürzung der Jahresdividende von 2,40 Euro auf 0,11 Euro, und auf einen Schlag war der Traum der günstigen Bewertung geplatzt. Man fokussiert sich die nächsten Jahre erstmal lieber auf den Abbau von Schulden.

Langfristig problematische Aussichten

Firmen mit problematischen Geschäftsmodellen können eben nicht ewig hohe Ausschüttungen durchhalten – das ist das enorme Risiko. Und dass Aktien wie Volkswagen und andere deutsche Autobauer so schlechte Kursentwicklungen haben, kommt ja nicht aus dem luftleeren Raum. Anleger würden gute Aktien mit niedrigen Bewertungen kaufen, wenn die Zukunftsaussichten des Geschäftsmodells gut sind. Die deutschen Autobauer zeigen: Die Gewinnaussichten sind auf absehbare Zeit vielleicht noch gut, weil das aktuelle Geschäft noch läuft. Aber die längerfristigen Zukunftsaussichten scheinen problematisch zu sein, weil Tesla, BYD und andere aufstrebende Hersteller im Elektroauto-Segment davon eilen. Gleichzeitig wollen die Konsumenten wenig Elektroautos nachfragen, man steht unter Druck.

In China kämpfen deutsche Autobauer zudem mit rückläufigen Absatzzahlen – das Land war jahrelang ein Wachstumsgarant für Volkswagen, Mercedes und Co. Und China hat im Inland ein Konjunkturproblem, in den USA nehmen die Importzölle gegen chinesische Produkte zu. Darf man vermuten, dass billige chinesische Autos – die kein Schrott sind – nun vermehrt zu Dumpingpreisen in Europa losgeschlagen werden sollen, was teure deutsche Autobauer noch mehr unter Druck setzt? Hätten Volkswagen und Co die Analysten inzwischen davon überzeugt, dass man mit günstigen und modernen Verbrennern wie auch Elektroautos gut in die Zukunft geht, würden die Aktienkurse auch besser laufen. Aber das tun sie immer noch nicht. Hier ein Vergleich für die letzten fünf Jahre: Tesla gewann 1350 %, BYD 393 %, Toyota 92 %. Aber Mercedes verlor 0,95 %, Volkswagen verlor sogar 15 % in diesem langen Betrachtungszeitraum.

Performance deutscher Autobauer im Vergleich zu BYD und Tesla

Expertenanalyse

Ben Laidler vom Broker eToro hat aktuell eine Analyse über deutsche Autobauer veröffentlicht, die wir hier zeigen. Die deutschen Hersteller würden an Boden verlieren. Die Aktienkurse deutscher Automobilhersteller sind seit 2014 um 21 Prozent gefallen, wobei Volkswagen den stärksten Rückgang verzeichnete. In den letzten zehn Jahren haben die 15 weltweit führenden Autobauer insgesamt einen Anstieg von 104 Prozent verzeichnet, wobei sie in diesem Jahr um weitere 22 Prozent zulegten. Im Laufe des letzten Jahrzehnts verzeichnete der japanische Autobauer Toyota einen Anstieg von 232 Prozent, womit er VW deutlich übertraf. BMW, Mercedes-Benz und Porsche liegen hinter den führenden Unternehmen im Bereich Elektrofahrzeuge, nämlich Tesla und BYD.

Hier die Aussagen von Ben Laidler im Wortlaut: Die deutschen Autobauer, die Flaggschiff-Marken der größten Volkswirtschaft Europas, verlieren Marktanteile und bieten Investoren im Vergleich zu ihren globalen Wettbewerbern schwächere Renditen. Die Untersuchung von eToro verfolgt die Performance der weltweit führenden 15 Autobauer und zeigt, dass die gelisteten deutschen Automobilhersteller (Mercedes-Benz Group, BMW, Volkswagen und Porsche) in den letzten zehn Jahren einen Rückgang verzeichneten. Die Gruppe erlebte im letzten Jahr einen kollektiven Rückgang der Aktienkurse um 9 Prozent und über das letzte Jahrzehnt sogar um 21 Prozent. Im Durchschnitt verzeichneten die Top-15-Automobilhersteller (einschließlich der vier deutschen gelisteten Marken) jedoch in den letzten zehn Jahren Kursgewinne von 105 Prozent, wobei sie allein im letzten Jahr um 22 Prozent stiegen.

In China, dem weltweit größten Automobilmarkt, verzeichnen die führenden deutschen Autobauer rückläufige Auslieferungen, während sie mit lokalen Konkurrenten zu kämpfen haben. Ende 2022 wurde VW von Chinas BYD als meistverkauftes einheimisches Markenunternehmen überholt, und sein Marktanteil fiel im letzten Jahr in China auf 14,5 Prozent (verglichen mit 19,3 Prozent im Jahr 2020). Mercedes-Benz verzeichnete im dritten Jahr in Folge einen Rückgang der Auslieferungen in China, die 2023 um 2 Prozent sanken. Auch die Auslieferungen von Porsche in China fielen im letzten Jahr um 15 Prozent.

Deutsche Automobilhersteller haben im Vergleich zu ihren amerikanischen und chinesischen Konkurrenten Tesla und BYD im Bereich der Elektrofahrzeuge eine unterdurchschnittliche Leistung erbracht. Über das vergangene Jahrzehnt hinweg ist der Aktienkurs von Tesla um 1.229 Prozent gestiegen, während BYD einen Anstieg von 374 Prozent verzeichnete. Tesla kontrolliert nun 19,9 Prozent des globalen Elektrofahrzeugmarktes, während VW, sein nächster deutscher Konkurrent, nur einen Marktanteil von 4,8 Prozent hat. Lokale Autobauer dominieren mit 84 Prozent den chinesischen Elektrofahrzeugmarkt, während deutsche Automobilmarken lediglich einen Marktanteil von 5 Prozent halten.

„Die globale börsennotierte Autoindustrie ist aktuell so gespalten wie nie zuvor. Deutschlands hochgelobte Automobilbranche sieht sich einer beispiellosen Konkurrenz in Bezug auf Preise und Technologie gegenüber. Innerhalb Europas halten viele Verbraucher an älteren Modellen fest oder entscheiden sich sogar für einen Verzicht auf ein eigenes Auto. Gleichzeitig entwickeln amerikanische, chinesische und indische Wettbewerber immer erschwinglichere Modelle und dominieren das Segment der Elektrofahrzeuge, was die Marktposition der deutschen Autobauer bedroht.

Wir befinden uns noch in den Anfängen des Übergangs zur Elektromobilität, mit einer weltweiten Verbreitung von unter 3%. Im Bereich der Elektrofahrzeuge haben die deutschen Autobauer derzeit nicht den gleichen Marktanteil wie im Bereich der Verbrennungsmotoren. Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird sich zeigen, ob VW, BMW und Mercedes-Benz ihre etablierten Marken und ihren globalen Vertrieb nutzen können, um Marktanteile von den führenden Unternehmen in der Elektrofahrzeugtechnologie, wie Tesla und BYD, zu gewinnen.“

Die etablierten globalen Konkurrenten übertreffen auch die gelisteten deutschen Automarken. Honda aus Japan verzeichnete in den letzten 12 Monaten einen Anstieg des Aktienkurses um 50 Prozent und über 10 Jahre um 64 Prozent. Toyota hingegen verzeichnete im letzten Jahr einen Anstieg um 95 Prozent und über das letzte Jahrzehnt sogar um 232 Prozent.

Grafik zeigt Entwicklung von Autoaktien



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2 Kommentare

  1. Das KGV von Stellantis ist ähnlich niedrig und Stellantis hat viele Probleme der deutschen Autohersteller nicht: Sie sind nicht in China aktiv, produzieren eAutos mit Gewinn, haben kein Problem mit der eigenentwickelten Software wie VW und profitieren von möglichen China-Zöllen.

  2. Deglobisierung ? läuft

    Ja BMW ist auch sensationell günstig bewertet und verliert heute gerade so 6%. Es scheint dass die Börsen manchmal doch die Zukunftsaussichten bewerten. Und nicht vergessen, die besten Autohersteller, die Japaner hatten innert kurzer Zeit noch einen Yen -Verfall von über 30 %. Wenn die Amis und die EU China noch mit Zöllen bestrafen und die Amis ihre eigene Industrie schützen wird die Autoindustrie des ehemalige Exportweltmeisters De in kurzer Zeit kollabieren.

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