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Dollar, Zinsen, Gold, Aktien: Die Nullzinspolitik hinterlässt ihre Spuren

Es wird derzeit viel analysiert und auch gerätselt, warum der Dollar in einer globalen Krise wie bei Covid-19 so an Wert verlieren kann. Der sichere Hafen Dollar, die Weltleitwährung und die Währung für den gigantischen Rohstoffhandel. Ein gerütteltes Maß an Schuld könnte die veränderte Zinslandschaft spielen, in der die USA einen langjährigen Vorteil aufgegeben haben.

Dollar, Zinsen und Währungen

Die Zinsen sind zweifelsohne ein Grund für die Attraktivität einer Währung (mit bestimmten Einschränkungen) und diese bewegen sich in bestimmten Zyklen. Der US-Leitzins lag Anfang der 1980-er-Jahre bei sagenhaften 20 Prozent, er im Gefolge der Dotcom-Bubble 2003 auf 1 Prozent, stieg bis 2006 wieder bis auf 5,25 Prozent, um dann im Zuge der Finanzkrise 2008 bis auf 0,25 Prozent gesenkt zu werden. Dort blieb er, was man größtenteils schon wieder vergessen hat, sieben Jahre lang bis Dezember 2015. Ein weiterer Zinszyklus brachte ihn gerade mal auf 2,50 Prozent Ende 2018, von da an ging es wieder auf die Spanne von 0 bis 0,25 Prozent.

Negative Leitzinsen will man in den USA nicht haben, die Wirkung wurde bereits in Japan und Europa studiert. Was aber für die Währung und vor allem für eine „risikolose“ Finanzanlage wichtig ist, ist die Entwicklung der 10-jährigen US-Staatsanleihe: Hier lag das Top von sagenhaften 15,82 Prozent im September 1981. Von da an ging es fast stetig und in Schüben bergab, im Juni 1985 unterschritt man die 10-Prozent-Marke, in der Greenspan-Ära 1998 die 5 Prozent und am Ende der Internetblase stand eine Drei vor dem Komma des international bedeutsamsten Zinses.

Nachdem man vor der Finanzkrise 2007 noch einmal fünf Prozent für den Langläufer bekam, ging es anschließend weiter abwärts bis auf aktuell 0,51 Prozent. Einer Rate unterhalb der Inflationsrate, eine risikolose Geldanlage mit positivem Ertrag ist in den USA vorbei. Mit Auswirkungen auf den Dollar.

Jahrelang konnten Investoren von Japan bis nach Europa auf den sicheren Hafen US-Anleihen setzen.

Zudem konnte man durch Kursgewinne infolge der Duration bei Langläufern über Jahrzehnte große Gewinne einfahren – Tempi Passati.

In Japan hingegen gibt es schon seit 20 Jahren keine Realzinsen mehr, in manchen Ländern Europas seit der Eurokrise 2011/12. In Deutschland ist dies, nach einem kurzen Intermezzo, seit vier Jahren ununterbrochen der Fall. Für Geldanlagen eine ständige Kapitalvernichtung.

Die Eingriffe der Notenbanken

Normalerweise gibt es Gesetzmäßigkeiten an den Märkten, die über viele Jahrzehnte Bestand haben: Aktien bringen wegen der Risikoprämie einen (moderaten) Renditeaufschlag gegenüber Anleihen und die Zinsen am Anleihemarkt steigen bei bereits kleineren Anstiegserwartungen von Inflation.

Noch Ende des Jahres 2019 gab es 1,92 Prozent bei den US-Treasuries, Corona gab noch einen kräftigen Schub in der langfristigen Richtung der Zinsen. Der Haupttreiber ist natürlich die Federal Reserve, die riesige Mengen an Staatspapiere in ihren Bestand aufgenommen hat, massenweise Liquidität schafft und damit auch Einfluss auf die Währung nimmt. Wie oft hatte US-Präsident Trump in die Kameras getönt, wie unfair er es fände, dass sich Deutschland verschulden könne und dabei noch Geld damit verdiene?

Es wurde auf FMW schon von verschiedenen Seiten festgestellt: Die Bilanz der Federal Reserve stieg von Ende 2019 mit 4,1 Billionen Dollar auf bereits über 7 Billionen. Die Bilanzsumme in Relation zum Bruttoinlandsprodukt kletterte innerhalb eines halben Jahres von 19 auf 36 Prozent.

Nach jahrelangem Kampf um den Zusammenhalt der Eurozone liegt die Bilanzsumme der EZB mit 47 Prozent zum BIP zwar höher als in den USA, aber in letzter Zeit haben die Amerikaner ihre Bilanz viel stärker ausgeweitet.

Die Probleme für Investoren und Sparer

Was bedeutet dies nun für die zahlreichen Vorsorgesysteme und für Großinvestoren in aller Welt? Vor Kurzem waren bereits schon wieder 15,5 Billionen Dollar an Staatsanleihen in negativem Territorium und dies vor Inflation. Die ständigen Markteingriffe und die Verschuldung der USA hinterlassen ihre Spuren an den Kapitalmärkten. Der Wert des Dollars ist im Juli nicht nur gegen dem Euro stark gefallen, sondern auch in einem größeren Währungskorb (Dollar-Index) –  so stark wie seit einer Dekade nicht mehr.

Investoren registrieren die Probleme der USA in der Bewältigung der Coronakrise und auf vielen Ebenen. Und nicht zuletzt hat der große Sturz der US-Renditen den Hunger nach US-Staatspapieren im Ausland gedämpft. Wie gestern schon auf FMW in einem Beitrag von Dirk Schumanns erwähnt wurde, könnte der Staat Probleme bekommen, seine bereits auf 26 Billionen Dollar angestiegenen Staatsschulden an den Kapitalmärkten zu refinanzieren. Ein Anstieg der Zinsen hängt wie ein Damoklesschwert über den Finanzen, dies darf aus faktischen Gründen nicht passieren und die US-Zentralbank wird ihre Politik steigender Leitzinsen wie in früheren Zyklen – siehe oben – nicht fortsetzen können.

Aber das Problem wird mit einem taumelnden Dollar noch vielschichtiger. Wie viele Staatsfonds halten riesige Pakete an US-Aktien, wie viele Depots bauen den MSCI World nach, der zu über 63 Prozent auf US-Titeln aufgebaut wird?

Ist nicht die meistempfohlene Anlage in Aktien für eine Vorsorge ein Sparplan auf den MSCI World? Trotz der Dominanz der GAFAM-Aktien liegt dieser in Euro gerechnet seit Jahresbeginn im Minus.

Doch was sollen Anleger hierzulande tun?

2,4 Billionen Euro liegen auf privaten Giro- und Tagesgeldkonten sowie auf Sparbüchern, die in Deutschland einer noch größeren Schrumpfung ausgesetzt sind. Mit Zinspapieren lässt sich auch in den USA nichts mehr verdienen, angesichts der Wechselkursentwicklung und selbst der Aktienmarkt hat seine gerade erwähnten Tücken – von dem Kursrisiko erst einmal gar nicht zu reden.

Fazit

Eine Lösung ist täglich an den Kurstafeln abzulesen, bei den Preisen für Edelmetalle. Gold steht für deutsche Anleger bereits 30 Prozent höher als zu Silvester 2019 und erlebte einen Sommermonat mit einer Performance wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Marke von 2000 Dollar lockt wie immer auch Spätberufene. Aber was bleibt längerfristig für die Vorsorgesysteme noch, von klein bis groß? Wenn die Inflation noch ein bisschen stärker wird und die Realrenditen weiter zurückgehen sollten? Sachwerte – aber das ist nun wirklich keine neue Erkenntnis…



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1 Kommentar

  1. Gute Analyse.
    Ich Versuch mal eine Antwort auf die Schlussfrage. Wenn die reale Wirtschaft pro Kopf schrumpft gibt es überhaupt keine Anlage für die Vorsorgesysteme mehr. Oder anders ausgedrückt: Vorsorge wird unmöglich. Es bleiben dann nur die Vorsorgemethoden des Mittelalters.
    Sprich: Zugriff auf Immobilien und Boden, sowie Produktionsmittel. Wer das nicht hat und in keinen Clan eingebunden ist der ihn im Notfall stützt muss dann wohl bis zu seinem Lebensende knechten.

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